Beschreibung eines Sommers

DDR 1962/1963 Spielfilm

Beschreibung eines Sommers


Wolfgang Gersch, Filmspiegel, Berlin/DDR, Nr. 2, 1963


(…) Haupthandlung und Charaktere hat der DEFA-Film "Beschreibung eines Sommers" von der gleichnamigen Erzählung Karl Heinz Jakobs", der mit Regisseur Ralf Kirsten auch das Drehbuch schrieb. Die Erzählung löste bei ihrem Erscheinen heftige Diskussionen aus. Wenn wir sie auch nicht mit dem Film vergleichen wollen, so muß man doch erwähnen daß sie stärker, problematischer wirkt. Zwar macht der gegenüber seiner Vorlage glattere Film den Ausgang der Liebesgeschichte deutlicher, doch auch er überläßt dem Zuschauer unbeantwortete Fragen, illustriert nicht eine altbekannte Tatsache. Auch hier wird das Problem des Ehebruchs eifrig diskutiert werden. Der Film polemisiert gegen eine dogmatische Auslegung der Moralnormen, ohne dabei etwa für ein ungehemmtes Sichausleben zu sprechen. Im Gegenteil. Er entscheidet sich im konkreten Fall von Georg-Grit-Tom nur für die echte, bessere Liebe. Er begründet das Verhalten derer, die sich gegen das Verhältnis Grit-Tom wenden – FDJ-ler und Genossen, denn Grit ist wie ihr Mann Mitglied der SED. Sie wenden sich dagegen, weil das Vertrauensverhältnis auf der Jugendbaustelle gefährdet wird, weil Tom ein schlechter Ruf vorausgeht, und bemerken nicht oder sehr spät, daß es auch für ihn eine echte Liebe geworden ist. Der Meinung, daß im Film diese Liebe nicht außergewöhnlich genug gezeigt wird, um den Ehebruch zu rechtfertigen, kann ich nicht vorbehaltlos beistimmen. Grits Ehe mit Georg, der (wie im Buch) nicht auftritt, ist vielmehr ungewöhnlich und wird durch das ganz gewöhnliche, widerspruchsvolle und daher stärkere, lebendigere, reizvollere Verhältnis zwischen Grit und Tom aufgehoben. Nur diese Liebe könnte im Film phantasievoller gestaltet sein, erregender, weniger zurückhaltend. Schönheit und Reiz besitzt z. B. die Szene, in der Grit den Ehering abnimmt; Tom argumentiert mit Arbeitsschutzregeln – beide glauben nicht daran, durch Ton- und Lichteffekte werden beide aus ihrer Umgebung gelöst. Eine ähnliche Überhöhung ist glücklich, wenn beide, versunken, erst sehr spät die zum Waldbrand hastenden und fahrenden Freunde bemerken.


Die Autoren gingen ungewöhnliche Wege, sie vermieden die oft übliche vielgliedrig konstruierte Filmhandlung und auch den dokumentaren Stil. Sie konzentrierten sich auf die Liebesgeschichte, auf die Individuelle Gestaltung zweier junger Menschen, in denen sich in eigenwilliger Weise unsere Zeit widerspiegelt. Die Umwelt erscheint nur in dem Maße, wie sie für die Bestimmung und Entwicklung der Helden notwendig Ist. Dieser lobenswerte, vorwärtsweisende Weg führte aber nicht ganz zu dem erhofften Ergebnis. Zu wenig setzen sich die Konflikte der Geschichte in innere Spannung bei den Szenen zwischen den Liebenden um; zu klein sind die Probleme in den oft gleichförmigen Situationen – besonders nach dem Waldbrand – ja, oft zu unwesentlich der Dialog. Das wirkt sich vielfach auch in der szenischen Umsetzung aus, die dann häufig nicht über übliches hinausgeht (Bootsfahrt, Spaziergang).

Wenngleich Christel Bodenstein in ihrer bisher besten Rolle auch ihre beste schauspielerische Leistung zeigt, ist sie als Grit doch mehr tändelnd, denn sensibel und einflußnehmend auf Tom. Besonders gut gelingt ihr anfangs die naseweise Haltung, wenn sie, unreif, Phrasen von sich gibt. In der Ringszene hat sie auch die erotische Ausstrahlung, auf die der Film dann fast verzichtet. Manfred Krug hat die Schnoddrigkeit, das Knappe, Harte für den ursprünglichen Tom und die Aufrichtigkeit, das unsentimentale Gefühl für den sich wandelnden, echt liebenden. Allerdings könnte der geistige Zwiespalt in Tom, seine verdeckte Sehnsucht nach einem neuen sinnvollen Leben, deutlicher werden. Toms Wandlung wäre auch erkennbar, würde sein vorheriges Leben nicht nur berichtet, sondern auch mehr sichtbar gemacht. (…)

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