Die Hexen von Salem

Frankreich DDR 1956/1957 Spielfilm

Inhalt

An der Wende zum 18. Jahrhundert in Salem (Neuengland) werden einige Bewohner der Hexerei angeklagt und hingerichtet. Eine ganze Gemeinde wird vom Pfarrer eher zur Furcht vor dem Teufel als in Liebe zu Gott angehalten.

 

John Proctor, von seiner prüden und sittenstrengen Ehefrau zurückgewiesen, verliebt sich in die 16-jährige Magd Abigail, die nicht nur ein flüchtiges Abenteuer, sondern Besitz und Reputation will. Als Elisabeth Proctor sie aus dem Haus jagt, beschuldigt Abigail diese aus Rache der Hexerei. Proctor will das drohende Unheil von seiner Frau abwenden, gesteht den Ehebruch mit Abigail und wird nun selbst Opfer einer von Pogromstimmung und Prüderie aufgeladenen Menge.

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8martin
Die Feuerprobe
Wenn man die Namen der Leute liest, die an diesem Film beteiligt waren, ist es nicht unschwer zu erkennen, dass hier die europäische Elite (1957) am Start war. Das kann aber leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film mit der Vorlage von Arthur Miller heute etwas angestaubt ist. Außerdem wird das Thema sehr komplex und sehr ausführlich (zweieinhalb Stunden) dargestellt. Die Figuren ändern mehrmals ihre Vorgehensweise und erschweren so das Verständnis. Es schafft Verwirrung, wenn dies einmal den Tod bedeutet, dann aber wenig später einen Freispruch.
Trotz alledem, was diesen Film so besonders macht, ist die Tatsache, dass es eine der wenigen Coproduktionen zwischen der DDR und Frankreich ist, vielleicht sogar die einzige.
Die literarische Vorlage ist das Theaterstück von Arthur Miller ’Hexenjagd‘ (The Crucible). Das Drehbuch stammt von Jean-Paul Sartre, hinter der Kamera stand Claude aus dem Renoir Clan, neben Marguerite als Editorin, die auch aus der Familie war und die Musik stammt von Hanns Eisler. Vor der Kamera beherrschte ein Trio die Szene: Yves Montand (John Proctor), Simone Signoret (Elizabeth Proctor) (einer der seltenen gemeinsamen Auftritte des Ehepaares!) und die fleischgewordene Sünde Mylène Demongeot (hier als Debütantin Abigail). (Deren Namen die Ostdeutsche Produktion ‘Abi-geil‘ ausspricht.)
Obwohl sich Miller auf den Kommunisten-Jäger McCarthy bezieht, spielt die Handlung im 17. Jahrhundert in Massachusetts bei fundamentalistischen Puritanern.
Elizabeth vertreibt John aus dem ehelichen Schlafzimmer. Das nutzt die Magd Abigail. Daran entspinnt sich ein Drama aus verschmähter Liebe, Hexerei und falschen Beschuldigungen. All das treibt die fundamentalistischen Puritaner in die Massenhysterie, eine Mädchengruppe verfällt dem Satanismus, dem nur mit Exorzismus beizukommen ist. John, der Ehebrecher, ist mit dem Teufel im Bunde. Elizabeth beweist Großmut gegenüber ihrer Konkurrentin, denn für sie zählt Gerechtigkeit mehr als ihre kleinliche Eifersucht. Das kostet John den Kopf. Der junge Michel Piccoli hat ein Cameo.
John schwankt zwischen Lust und Mordlust, seine Frau zwischen Hingabe und Aufgabe und Abigail versucht sich als verführerische Teufelin, die aber scheitern muss. Schwere Kost, für Kenner ein Hochgenuss Ein intellektuelles Konstrukt, das auf wahren Begebenheiten beruht, was das Verständnis aber keineswegs erleichtert. Der Schluss ist arg theatralisch mit heute nur schwer erträglichem Pathos.
Heinz17herne
Heinz17herne
In Salem, der im heutigen US-Bundesstaat Massachusetts gelegenen größten Siedlung schottisch-englischer Puritaner in Nordamerika, kommt es im Jahr 1692 zu dramatischen Ereignissen. Die Kolonisten waren gekommen, um ein nach ihren Vorstellungen gottgefälliges Leben zu führen, das nicht mit der Anglikanischen Kirche ihres Heimatlandes vereinbar war. So führen sie am Massachusetts Bay ein so kärgliches wie streng religiöses Leben.

Dem machiavellistischen, auch vor körperlicher Züchtigung nicht zurückschreckenden Pastor Samuel Parris ist das jedoch noch nicht genug, er strebt die vollkommene Unterwerfung der Gemeinde an. Weshalb ihm ein Freigeist wie John Proctor, der während der Zeit der Heiligen Messe seinen Acker bestellt, ein Dorn im Auge ist. John hat schon seit sieben Monaten mit seiner religiös-keuschen Frau Elisabeth nicht mehr geschlafen und wird so leichte Beute für Abigail William, die auf der seiner Farm lebt.

Auch Abigail will Unterwerfung – aber nicht aus religiösen Gründen. Die 16-jährige Magd hat nicht nur John verführt, sondern will den Hausherrn – und damit die Farm - fortan ganz für sich: „Heute ist Vollmond. Und bei Vollmond tanzen die Hexen, John.“ Was der tugendhaften Elisabeth nicht verborgen bleibt, die Abigail kurzerhand vor die Tür setzt. Diese schwört Rache und will ihre Nebenbuhlerin vernichten – auf ungewöhnliche Weise. Abigail schließt sich einer Gruppe Mädchen und junger Frauen an, die in ekstatische Verrenkungen verfallen.

„Satan ist im Spiel“: Für den Pastor, der einen Experten für Dämonenkult nach Salem holt, sind die konvulsivisch Zuckenden der Beweis für den Zorn Gottes, den die Bevölkerung durch unkeusches Verhalten auf sich geladen hat. Zahlreiche Frauen werden daraufhin der Hexerei beschuldigt und auch Abigail bezichtigt Elisabeth des Teufelspakts. Der fanatische Parris will ein Exempel statuieren und findet dafür nicht nur in der Politik Rückhalt, sondern auch unter seinen Schäfchen.

Bei Thomas Putnam etwa, dem reichsten Farmer der Siedlung, dessen Gattin Jane schon ein halbes Dutzend Kinder verloren hat, stößt die Sünde-Theorie des Pfarrers auf fruchtbaren Boden. Im stattfindenden Prozess offenbart John seinen Ehebruch und die wahren Absichten von Abigail, um seine Frau zu retten. Doch Pfarrer Parris und Richter Danforth (Raymond Rouleau) geht es weder um Wahrheit noch um Gerechtigkeit: „Die Macht der Kirche wankt und soll so wieder gefestigt werden“ erkennt John Proctor.

Marry Warren deckt das Lügengespinst der angeblich vom Teufel besessenen Frauen auf – von „Hexen“ kann gar keine Rede sein. Doch Pfarrer und Richter wollen in Anwesenheit des Gouverneurs ein Zeichen setzen: Zusammen mit anderen der Hexerei angeklagten Frauen wird das Ehepaar Proctor zum Tode verurteilt. Das Volk beginnt zu murren. Nach viermonatiger Prozessdauer wollen die von Gewissensbissen geplagtem Bürger dieser Hexenjagd ein Ende setzen.

Doch ihre Intervention kommt zu spät: Nur Elisabeth ist noch am Leben. Da sie schwanger ist, darf sie nicht hingerichtet werden. Noch vor dem festgesetzten Termin sind alle anderen Verurteilten heimlich umgebracht worden. Ausgerechnet Elisabeth ist es, die Abigail vor der Lynchjustiz aufgebrachter Salemer rettet: „Sie hat ihn geliebt.“

Während Arthur Miller sein am 22. Januar 1953 im Al Hirschfeld Theatre am New Yorker Broadway uraufgeführtes Drama „The Crucible“ auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs als Parabel auf die antikommunistische Hexenjagd des US-Kongressabgeordneten Joseph McCarthy und des von ihm geleiteten Ausschusses für Un-Amerikanische Umtriebe verfasst hat, kommt Raymond Rouleaus Verfilmung, die auf einem Drehbuch von Jean-Paul Sartre beruht, ohne Verweise auf den der Republikanischen Partei angehörenden Rechtsaußen-Politiker, der schon Ende der 1930er Jahre seine „Arbeit“ aufgenommen und auch viele deutsche Emigranten wie Bertolt Brecht einer absurden Befragung unterzogen hatte, aus.

Die 145-minütige deutsch-französische Koproduktion startete am 26. April 1957 in den französischen Kinos und lief am 21. Juli 1957 beim Int. Filmfestival in Karlsbad (Karlovy Vary), Preise „für hervorragende Gestaltung komplizierter menschlicher Charaktere“ gingen an Simone Signoret und Yves Montand. Die DDR-Premiere fand am 4. Oktober 1957 parallel im „Babylon“ und im „Colosseum“ in Berlin statt.

Die Leinwandadaption konzentriert sich auf die Kritik am Machtanspruch der Kirche und am Herrschaftswillen des Pfarrers. Hochkarätig besetzt beraubt sie die Vorlage Millers um einen zentralen Aspekt der Nachkriegspolitik – warum auch immer. Große Bedeutung auf den Brettern wie auf der – hier schwarzweißen – Leinwand kommt dagegen dem Aspekt der Verführbarkeit der Massen zu. Für einen Defa-Film mitten in den ideologisch aufgeheizten Aufbruchjahren der noch jungen Arbeiter- und Bauernrepublik nicht ohne Brisanz.

Für den westdeutschen Kinostart im Mai 1958 wurde die Defa-Synchronfassung (Dialogbuch: Erwin Klein, Regie: Johannes Knittel) um 30 Minuten gekürzt. Die geschnittenen Teile wurden 2017 bei der Universum Film AG ergänzt und von der Berliner Christa Kistner Produktion nachsynchronisiert (Dialogbuch und Regie: Hans F. Wilhelm) im Auftrag von Arte für die TV-Erstausstrahlung am 4. Juni 2018.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Assistenz-Regie

Drehbuch

Kamera-Assistenz

Musik

Synchronsprecher

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Länge:
3153 m, 116 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 26.04.1957, Berlin, Babylon, Collosseum

Titel

  • Originaltitel (DD) Die Hexen von Salem
  • Originaltitel (FR) Les sorcières de Salem
  • Weiterer Titel (US) The Crucible
  • Weiterer Titel (DE) Hexenjagd

Fassungen

Original

Länge:
3153 m, 116 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 26.04.1957, Berlin, Babylon, Collosseum