Hirngespinster

Deutschland 2013/2014 Spielfilm

Summary

Flights of Fancy

At first sight, the Dallingers seem to be a picture-perfect family. But appearances lie: Hans, the father, is suffering from schizophrenia and thus can't work as an architect anymore. Instead, he talks to himself, behaves erratically and is prone to aggressive outbursts. While his mother has to work hard in order to support the family, son Simon takes care of the household and his little sister Maya – not an easy task. When he makes the acquaintance of med student Verena, it's a moment of happiness in his otherwise problem-filled life. But then Hans is committed to a psychiatric ward after a violent outburst. Not only does Simon fear for his father, but he also worries about his own health since schizophrenia is a hereditary disease.

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Heinz17herne
Heinz17herne
Hans Fromms Kamera umkreist das Modell eines jungfräulich weißen Hauses, dringt in das Innere des Treppenhauses ein: Aus dem Architekturmodell wird am Ende des Vorspanns die Seitenansicht einer Villa aus Glas und Beton im Stil der frühen, vom Bauhaus beeinflussten Moderne. Die erste Einstellung in Christian Bachs Langfilm-Debüt „Hirngespinster“, dessen Drehbuch der gebürtige Düsseldorfer des Jahrgangs 1977 als Stipendiat bei der 21. Drehbuchwerkstatt München entwickelte, zeigt eine mit sich und der Welt zufriedene fünfköpfige Familie, Hund Oskar mit eingerechnet, beim kollektiven Tischtennis im Garten. Doch der erste Eindruck täuscht.

„Ich bin bald 23 und ich lebe in einem Irrenhaus“: Simon Dallinger, der den halben Tag damit verbringt, Schulkinder im Bus zu transportieren, wird Zeuge, wie sein Vater Hans mit einer Axt die Satellitenschüssel auf dem Dach der Nachbarsfamilie Hagedorn zerstört und anschließend die Tat auch gegenüber der herbeigerufenen Polizei vehement abstreitet. Der begnadet-visionäre Baumeister, mit dem es beruflich seit der Trennung von seinem Freund und Architekturbüro-Partner Jochen Benrath bergab geht, setzt alle Hoffnungen auf den Gewinn der Ausschreibung für ein neues Bergbau-Museum im Ruhrgebiet. Und fühlt sich durch die „Schüssel“, welche er ständig von seinem Bürofenster aus im Blick hat, gestört. Mehr noch: Hans Dallinger glaubt, die Nachbarn steckten mit Jochen Benrath, der sein Projekt ausspionieren wolle, unter einer Decke.

Während Simons achtjährige Schwester Maja (Leinwanddebüt für die quirlige Münchnerin Ella Frey) genug mit sich und der Schule zu tun hat, um etwas am Verhalten ihres Vaters zu bemerken, weiß seine Mutter Elli, warum ihr Gatte alle Vorhänge des Hauses zuzieht und sich selbst von allen gemeinsamen familiären Aktivitäten fernhält: Hans streckt mitten in einem erneuten psychotischen Schub und braucht dringend starke Psychopharmaka. Doch freiwillig würde er sich nie in die Klinik seines behandelnden Arztes Dr. Steinhauer begeben, dazu bedarf es erst eines erneuten, handfesten Polizeieinsatzes, nachdem Hans nun auch auf die Handwerker, die beim Nachbarn die Sat-Anlage erneuert haben, losgegangen ist – mit besagter Axt.

Eine Entwicklung, die Simon zwar vorausgesehen hat, die ihm aber gerade sehr in die Quere kommt in seinen Bemühungen um die attraktive Medizinstudentin Verena (Leinwanddebüt der 1989 in London geborenen Otto-Falkenberg-Absolventin Hanna Plaß), die er nach einem Diskobesuch aus einer misslichen Lage befreit hat – und mit der es 'was werden könnte. Auch wenn Verena nur für die Zeit ihres Praktikums am Memminger Krankenhaus bleibt und anschließend in Hamburg studiert. Gerade ihr als angehender Ärztin kann Simon nichts über die Krankengeschichte ihres Vaters erzählen, denn Schizophrenie ist vererbbar und die Prognose Dr. Steinhauers nicht wirklich eine Beruhigung: „In acht von zehn Fällen geht der Kelch an den Kindern vorüber.“

So wird erst einmal nichts aus der Beziehung, zumal sich Simon jetzt, wo Papa „zur Kur“ ist, so die offizielle Sprachregelung Majas gegenüber, nun noch mehr um die Familie kümmern muss. Freilich spricht sich die Gewalttat in der bayerischen Stadt rasch herum: Maja fragt eines Tages beim Abendbrot, was eine „Klapsmühle“ ist – und der verständnisvolle Busunternehmer Rainer Grabowski sieht sich gezwungen, Simon von den Schulbusfahrten abzuziehen auf nachdrücklichen Wunsch der Eltern, die ihre Kleinen nicht mehr dem „Schizo-Sohn“ anvertrauen wollen. Aber auch privat schwimmen ihm alle Felle davon, als Verena die Sachen für Hamburg packt und bekundet, nach dem Studium für „Ärzte ohne Grenzen“ ins Ausland gehen zu wollen.

Simon muss sich entscheiden: Sein Vater, inzwischen wieder aus der Psychiatrie entlassen, verweigert nach wie vor jede Einnahme von Medikamenten. Und das durchaus nicht aus Bosheit oder gar Mangel an Intelligenz, sondern weil er weiß, dass die Pillen nicht nur sedierende, sondern auch persönlichkeitsverändernde Nebenwirkungen haben und damit sein großes Architekturprojekt gefährden. Elli, die in der Versicherungsbranche arbeitet, hält mit letzter Kraft die Familie über Wasser, scheitert aber in dem Versuch, ihrem Gatten die mit einem Stößel zerkleinerten Medikamente heimlich unters Essen zu mischen. Hier also ist keine Entwicklung zum Besseren zu erwarten. Sollte er also das Hilfsangebot seines Patenonkels Jochen Benrath, dass er kürzlich noch so schroff von sich gewiesen hat, annehmen?

Erst als ein schwerer Unfall passiert, begreift Simon, dass es auch und vor allem um sein eigenes Leben geht. Eine Aussprache mit seiner Mutter, welcher er zuvor Verantwortungslosigkeit vorgeworfen hat, weil sie ihn im Bewusstsein der Krankheit ihres Mannes überhaupt zur Welt gebracht hat, ermuntert ihn, sich um einen Studienplatz zu bewerben – naturgemäß als Baumeister und nicht zufällig in Hamburg...

Auch wenn der Fall Gustl Mollath, der offenbart hat, dass zu schnell in die Psychiatrie eingeliefert und weggesperrt wird, nicht mit dem Fall Dallinger vergleichbar ist, zeigt der nachhaltig beeindruckende, nur am Ende allzu harmlos-kompromissbereite Film „Hirngespinster“ ein Dilemma auf: Doktor Steinhauer bekundet Simon ganz offen, dass er seinen Vater weder gegen dessen Willen aufgrund seines Krankenbildes in die „Geschlossene“ stecken noch ihn zur Einnahme der Neuroleptika zwingen kann. Regisseur Christian Bach, der sich von der Familiengeschichte eines Jugendfreundes inspirieren ließ, über Psychopharmaka, die massiv in die Biochemie des Hirns eingreifen: „Ein Betroffener hat mir die Wirkung einmal so beschrieben: 'Ein stecknadelkleiner Teil des Hirns funktioniert nicht richtig, und man schießt zur Behandlung mit einer Schrotflinte drauf'.“

Pitt Herrmann

Credits

Director

Screenplay

Director of photography

Editing

Cast

All Credits

Director

Assistant director

Script supervisor

Screenplay

Director of photography

Camera operator

Steadycam operator

Lighting design

Key grip

Production design

Set dresser

Stand-by props

Make-up artist

Costume design

Costumes

Editing

Sound design

Sound assistant

Stunt co-ordinator

Cast

in association with

Executive producer

Unit production manager

Original distributor

Shoot

    • 18.03.2013 - 27.04.2013
Duration:
96 min
Format:
HD, 16:9
Video/Audio:
Farbe, Dolby
Censorship/Age rating:

FSK-Prüfung (DE): 29.04.2014, 144779, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Screening:

Uraufführung (DE): 30.06.2014, München, Filmfest;
Kinostart (DE): 09.10.2014

Titles

  • Originaltitel (DE) Hirngespinster
  • Weiterer Titel (ENG) Flights of Fancy

Versions

Original

Duration:
96 min
Format:
HD, 16:9
Video/Audio:
Farbe, Dolby
Censorship/Age rating:

FSK-Prüfung (DE): 29.04.2014, 144779, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Screening:

Uraufführung (DE): 30.06.2014, München, Filmfest;
Kinostart (DE): 09.10.2014

Awards

FBW 2014
  • Prädikat: besonders wertvoll
Bayerischer Filmpreis 2014
  • Bester Nachwuchsdarsteller
  • Bester Hauptdarsteller