Inhalt
Historiendrama über die Geschichte der polnischen Arbeiterbewegung Solidarnosc: Agnieszka arbeitet als Kranführerin auf der Danziger Werft und steht voll hinter der Politik ihrer Werksleitung. Als sie jedoch Zeugin eines tödlichen Unfalls wird, der durch besseren Schutz hätte verhindert werden können, beschließt sie, sich gegen die katastrophalen und menschenverachtenden Arbeitsbedingungen zu engagieren. Zwar versucht die Werksleitung mit allen Mitteln, gegen die "Aufrührer" vorzugehen und Agnieszka mit schmutzigen Tricks und Intrigen mundtot zu machen – jedoch ohne Erfolg. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Lech schafft sie mit provozierend-politischen Flugblättern Solidarität unter den Arbeitern. Ihre Ziele: mehr Rechte, die Zulassung einer freien Gewerkschaft und eine angemessene Entlohnung. Und tatsächlich kann die Regierung die Arbeiterbewegung, die weltweite Anerkennung findet, schließlich nicht mehr ignorieren.
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Diese Eingangsszene ist paradigmatisch für Volker Schlöndorffs Verfilmung der legendären Solidarnosc-Entwicklung. Mit schwarz-weißen Dokumentarbildern unterfüttert erzählt der deutsche Regisseur eine ganz spezielle und dabei äußerst humorvolle Geschichte, die bei einem schmächtigen, geradezu kleinwüchsigen Waisenkind beginnt und – letztlich – mit dem Fall des Eisernen Vorhangs mitten durch Europa endet.
Anna Walentynowicz, im Film Agnieszka, war die eigentliche Initiatorin der Streikbewegung gegen die katastrophalen Arbeitsbedingungen auf der Danziger Lenin-Werft. Sie ließ sich durch nichts und niemanden aus der Bahn werfen, nicht durch eine Leberkrebs-Diagnose, nach der sie bereits ihren Grabstein samt Inschrift in Auftrag gab kurz nach ihrer Hochzeitsreise mit Kasimierz, den sie wenig später beerdigen muss. Auch nicht durch die jahrelangen Grabenkämpfe mit dem Parteisekretär Sobecki, ganz nebenbei auch Vater ihres unehelichen Kindes...
Schlöndorff hat den Namen der „Heldin von Danzig“, die zum Zeitpunkt der Filmpremiere 78-jährig und kaum beachtet von der internationalen Öffentlichkeit in Danzig lebte, bewusst geändert. Weil er kein Doku-Drama aus ihrer Lebensgeschichte im Schatten Lech Walesas machen wollte, zumal die „echte“ Anna den Werft-Elektriker und späteren Solidarnosc-Vorsitzenden für einen Stasi-Spitzel und Verräter hält.
Schlöndorff wollte aus der zeitgeschichtlich bedeutenden Episode vielmehr eine filmische Ballade machen. Und so gibt Katharina Thalbach die Agnieszka als überaus saftige „Heilige Anna der Werften“ (Schlöndorff): Eine auch körperlich unscheinbare Arbeiterin besiegt den polnischen Staat und damit letztlich den osteuropäischen Kommunismus.
In seinem nach „Die Blechtrommel“ und „Der Unhold“ bereits dritten in Polen spielenden Film, der ganz nebenbei auch Einblicke in eine weitgehend unbekannte, harte Arbeitswelt mit „sprechenden“ Aufnahmen vermittelt, hat Regisseur Schlöndorff überdies zahlreiche deutsch-polnische Verweise eingebaut, die ein versöhnliches Zeichen setzen sollen in einer Zeit, die von ziemlich hysterischem Wortgeklüngel über das in Berlin geplante Vertriebenen-Zentrum geprägt gewesen ist.
Pitt Herrmann