Die Krise: Parufamet und Gigantomanie

Ein Darlehensvertrag mit Paramount und Metro-Goldwyn-Mayer sollte die Ufa Mitte der 1920er Jahre aus ihrer Finanzkrise retten – so flossen im Dezember 1925 über vier Millionen Dollar (knapp 17 Millionen Reichsmark) aus Hollywood in die Ufa. Doch die vertraglichen Verpflichtungen bei der gleichzeitigen Gründung der Parufamet, des gemeinsamen Filmverleihs von Ufa, Paramount und Metro-Goldwyn-Mayer, zeigte nachhaltige Konsequenzen. Um 40 amerikanische Filme einzuführen, so sah es die staatliche Kontingent-Verordnung vor, musste die Ufa 40 deutsche Filme produzieren. Außerdem verpflichtete sich die Ufa, in ihren Kinos mindestens 75 Prozent der Spieltermine den Parufamet-Filmen einzuräumen. Im Gegenzug hatten die US-Partner zugesagt, ihrerseits Ufa-Filme in den Staaten zu zeigen, behielten sich aber das Recht vor, Produktionen abzulehnen. Und tatsächlich gelangten nur sehr wenige Werke aus Neubabelsberg in die amerikanischen Kinos. Statt sich einen neuen Markt zu erschließen, blockierte die Ufa durch die eingegangenen Verpflichtungen die eigenen Produktionen auf dem einheimischen Markt und öffnet ihn der Konkurrenz. So waren die Vertragskonditionen derart ungünstig, dass die Ufa nur noch tiefer in die Misere hineingezogen wurde.

 
Quelle: SDK
Flug auf dem Mantel des Mephisto – Entwurf einer Trickaufnahme von Robert Herlth für "Faust" (1926)
 

Der Knebelvertrag war nur die Folge, nicht die Ursache für das astronomische Defizit, dessen genaue Höhe lange Zeit geheimgehalten wurde. An der jahrelang betriebenen Misswirtschaft war der Ehrgeiz schuld, mit Hollywood gleichziehen zu wollen. Es wurde nicht gespart, wenn im Babelsberger Atelier ein Mann wie Friedrich Wilhelm Murnau seine künstlerischen Visionen in Szene setzte. Sein "Faust" (1926) war ohne Zweifel ein Prestigegewinn für die Ufa, aber er kostete zwei Millionen Reichsmark und brachte vorhersehbare Verluste. Selbst der international gefeierte "Der letzte Mann" (1924) spielt gerade die Hälfte der Herstellungskosten ein. Nüchtern kalkuliert wurde bei der Ufa nicht. Die Gigantomanie zeigte sich besonders an Fritz Lang und "Metropolis", einer mitten in der Ufa-Finanzkrise realisierten Großproduktion – Herstellungszeit 17 Monate, genauer: 310 Drehtage und 60 Nächte. Der Materialverbrauch war enorm: 620.000 Meter Negativfilm, 1.300.000 Meter Positivmaterial – schließlich sollte "Metropolis" ein "Film von titanischen Ausmaßen" werden. Ursprünglich war die Produktion auf eineinhalb Millionen Reichsmark kalkuliert worden, am Ende kostete der Monumentalfilm das Vierfache. Die Ufa-Direktion, die sich bei den ständigen Etat-Nachforderungen von Fritz Lang erpresst fühlte, ging auf Distanz zum Regisseur. Seine beiden nächsten Filme produzierte Lang dann selbst, die Ufa übernahm lediglich den Verleih. Die Schlussbilanz für "Metropolis" offenbarte ein finanzielles Fiasko: Der erhoffte Kassenerfolg in Amerika war ausgeblieben, und der deutsche Markt hatte nicht einmal eine der sechs Millionen Reichsmark erbracht, die das Großprojekt verschlungen hatte. Der Geschäftsbericht für das Jahr 1926/27 musste die "starke Zunahme der Verschuldung unserer Bilanz" eingestehen – die Firma hatte Verpflichtungen von mehr als 36 Millionen Reichsmark.