Zwei Leben

Deutschland Norwegen 2011/2012 Spielfilm

Inhalt

Katrine lebt seit 20 Jahren glücklich mit ihrer Familie in Norwegen, bis sie sich plötzlich gezwungen sieht, in ihr altes Leben als DDR-Agentin zurückzukehren, um zu verhindern, dass ihr Geheimnis ans Licht kommt und ihr Glück zerbricht.

Während langsam das Netz von Lügen und Geheimnissen sichtbar wird, in dem sich die Agentin verfangen hat, erzählt der Film auch davon, wie Naziherrschaft, Teilung Deutschlands und der Kalte Krieg bis in das heutige Leben einer Familie hinein wirken und dort Narben aufreißen. Im Kern geht es um die Frage, was Wahrheit ist. Kann es wahres Glück im falschen Leben geben?

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Kann es wahres Glück im falschen Leben geben? November 1990. Eine Frau verlässt den Waschraum des Frankfurter Flughafens, um erst mit dem Zug und dann mit einem Taxi in eine, so scheint es, gottverlassene Gegend im Sächsischen zu fahren, die eben noch Deutsche Demokratische Republik hieß. Der erste Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden ist Geschichte – und das ist für Katrine Evensen Myrdal (herausragend: Juliane Köhler mit glaubwürdiger Authentizität) alles andere als ein Grund zur Freude.

Im Gegenteil: Die Deutsche, die seit vielen Jahren als Gattin des Marineoffiziers Bjarte Myrdal und Mutter der heranwachsenden Anne in einem anheimelnd-gemütlichen, idyllisch am Wasser gelegenen Holzhaus im norwegischen Bergen lebt, sieht ihre Familie, ihre Liebe, kurz: ihr Glück bedroht. Sie muss befürchten, dass ihre wahre Identität auffliegt, da die Stasi in den letzten Wochen der untergehenden DDR rein technisch nicht in der Lage war, Akten im großen Stil zu vernichten. Und weil es vielleicht noch Zeugen von damals gibt, als sie Insassin im Kinderheim „Sonnenschein“ war.

Von dem nur noch ein verblichenes Schild neben der Eingangstür zeugt. Katrine durchmisst leere Schlafräume mit Dutzenden von Bettgestellen, erinnert sich an früher (Klara Manzel verkörpert sie als Kind). Das stete Gurren der Tauben zeugt von den neuen Bewohnern der verwaisten Räume. Von einem alten Hausmeister erfährt sie, dass alle Heim-Unterlagen nun im Leipziger Archiv lagern. Die ihr ein so netter wie argloser Mitarbeiter unkontrolliert überlässt. Sodass Katrine alle Verweise auf die einzige noch lebende Zeugin, die Heimschwester Hiltrud Schlömer, eliminieren kann. Diese arbeitet, hochbetagt aber noch rüstig, in einer Wäscherei und kann sich noch gut an das „Norwegen-Mädchen“ erinnern, das 1969 von Hiddensee aus mit dem Boot „rübergemacht“ hat.

Aber damit noch nicht genug: ein norwegischer Rechtsanwalt mit deutschen Wurzeln, Sven Solbach, ist Katrine hartnäckig auf den Fersen. Ist sie doch seinen Recherchen nach das einzige bekannte ehemalige Kind aus dem Trondheimer Lebensborn-Heim, gezeugt von einem deutschen Besatzungsoffizier, der an der Ostfront umgekommen ist, dass, nach einer dramatischen Flucht aus der DDR über die Ostsee nach Dänemark, seine leibliche norwegische Mutter, Ase Evensen, gefunden hat – und nun ganz in ihrer Nähe lebt. Solbach bereitet eine Anhörung in Bergen durch Juristen des Internationalen Gerichtshofes vor, welche vorrangig die Frage nach Anerkennung durch den deutschen Staat und Entschädigungszahlungen thematisieren soll.

Katrine blockiert jeden Kontaktversuch Solbachs und weiß sich schließlich keinen anderen Rat, als Kontakt mit ihrem einstigen Führungsoffizier Hugo aufzunehmen. Die Stasi-Connection funktioniert noch, unterhält immer noch und selbst in Norwegen „Kundschafter des Friedens“. Doch auch die können nicht verhindern, dass das Netz von Lügen und Geheimnissen zusammenbricht. Als der Anwalt einen zwanzig Jahre alten deutschen Fernsehbeitrag entdeckt, in dem eine junge Frau namens Kathrin Lehnhaber verzweifelt ihre norwegische Mutter sucht, kann Ase Evensen erstmals in das Gesicht ihrer wirklichen Tochter blicken. Und eine gewisse Vera Freud fährt im Volvo zum Osloer Flughafen, im Gepäck ein One-Way-Ticket via Frankfurt/Main nach Kuba...

„Zwei Leben“ nach dem seinerzeit noch unveröffentlichten Romanmanuskript „Eiszeiten“ von Hannelore Hippe ist erst der zweite Spielfilm des auch in Berlin lebenden Aachener Dokumentaristen Georg Maas nach „NeuFundLand“ (2003): Ein packender, emotional aufwühlender Thriller, dessen Geschichte sich in einer Vielzahl von Rückblenden über knapp einhundert Minuten Steinchen für Steinchen wie ein Mosaik zusammensetzt.

In „Zwei Leben“ erhält die Frage nach Wahrheit und Lüge durch die besondere Familiensituation eine zusätzliche Dimension: Katrine ist Täterin und Opfer zugleich – als Spionin für die vermeintlich gerechte Sache, den Sieg des Sozialismus, und als liebende Gattin und Mutter. Die Tragik geradezu antiken Ausmaßes sprengt jedes Schwarz-Weiß-Schema - und die phantastischen Darsteller, allen voran Juliane Köhler, Liv Ullmann und Sven Nordin, verleihen der zweisprachig auf Deutsch und Norwegisch (jeweils mit englischen Untertiteln) erzählten Geschichte ein Höchstmaß an Authentizität. Die TV-Erstausstrahlung erfolgte am 23. Juli 2015 in der ARD.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie

Co-Regie

Kamera-Assistenz

Szenenbild

Innenrequisite

Kostüme

Ton-Design

Mischung

Stunts

Darsteller

Produktionsleitung

Produktions-Koordination

Dreharbeiten

    • 06.12.2011 - 26.01.2012: Bergen (Norwegen), NRW, Berlin
Länge:
99 min
Format:
35mm, 1:2,35
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 06.03.2013, 137576, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Erstaufführung (DE): 31.10.2012, Biberach, Filmfestspiele;
Kinostart (DE): 19.09.2013

Titel

  • Originaltitel (DE) Zwei Leben

Fassungen

Original

Länge:
99 min
Format:
35mm, 1:2,35
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 06.03.2013, 137576, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Erstaufführung (DE): 31.10.2012, Biberach, Filmfestspiele;
Kinostart (DE): 19.09.2013

Auszeichnungen

Deutscher Filmpreis 2014
  • Filmpreis in Bronze, Bester Spielfilm
  • Lola - Filmpreis in Gold, Bester Schnitt
Fünf-Seen-Filmfestival 2013
  • Drehbuchpreis
Fünf-Seen-Filmfestival 2013
  • Drehbuchpreis
FBW 2013
  • Prädikat: besonders wertvoll
AUDI Festival of German Films, Australien 2013
  • Publikumspreis
Biberacher Filmfestspiele 2012
  • Goldener Biber