Der neunte Tag

Deutschland Luxemburg Tschechien 2003/2004 Spielfilm

Inhalt

Dem Luxemburger Abbé Kremer widerfährt das Unglaubliche, als er völlig unerwartet für kurze Zeit aus dem KZ entlassen wird. Jeden Tag muss er sich nun bei dem Luxemburger Gestapo-Chef Gebhardt melden. Im Verlauf dieser Treffen kommt es zwischen dem beinharten Nazi-Karrieristen und dem integren Geistlichen zu einem intellektuellen Rede- und Gedankenduell, in dessen Verlauf die Unterschiede aber auch die Ähnlichkeiten ihrer Charaktere offenbar werden.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
„Der neunte Tag“ ist Volker Schlöndorffs bester Streifen seit Jahren. Weil er aus dem Tagebuch des Luxemburger Paters Jean Bernard, der beinahe zwei Jahre im KZ Dachau interniert war, keine opulente Ausstattungsschlacht in Hollywood-Manier gemacht hat, sondern in konventioneller Erzählkino-Art den KZ-Alltag in all’ seiner Grausamkeit schildert und in der Person des Abbe Kremer offenbart, wie die unmenschlichen Verhältnisse den Menschen nicht nur äußerlich verändern. Der Geistliche erhält etwas Unerhörtes – Urlaub vom Konzentrationslager.

Für neun Tage darf Abbe Kremer („Da, wo ich herkomme, gibt es keinen Gott“) in seine Heimat zurückkehren, geholt vom Luxemburger Gestapo-Chef und SS-Untersturmführer Gebhardt. Offiziell ist der Abbe beurlaubt, um das Grab seiner kürzlich verstorbenen Mutter besuchen zu können. Doch das eigentliche Ziel der singulären Aktion des luxemburgischen Gauleiters ist, dass Kremer die Verweigerungshaltung des Luxemburger Bischofs Lux gegenüber den NS-Diktatoren brechen und den Vatikan näher an die Machthaber in Berlin bringen soll.

Henri kommt im Februar 1942, zu einem Zeitpunkt also, als Hitlers Regime dank eines überraschend schnellen Siegeszuges der Deutschen Wehrmacht ganz Europa zu beherrschen scheint, nach Hause. Um eine mögliche Flucht zu verhindern, Kremers Bruder Roger ist ein einflussreicher Industrieller in Paris, erteilt Gebhardt in seiner Anwesenheit dem Leiter des Konzentrationslagers Dachau mit, dass dieser ermächtigt sei, alle inhaftierten luxemburgischen Geistlichen sofort töten zu lassen, sollte Kremer fliehen.

Henris Schwester Marie, die ihr erstes Kind erwartet, macht ihm das Essen, doch der Häftling, dem das Grauen nicht nur aus den Augen, sondern auch aus den eingefallenen Wangen geradezu herausschreit, kann sich nicht über Nacht in bürgerliche Tischmanieren zurückfinden. Was die KZ-Schergen aus (intellektuellen) Menschen machen, zeigt Ulrich Matthes auf erschreckend glaubwürdige, nachgerade authentische Weise.

Gebhardt, selbst ein Katholik, aber glühender Verfechter des „völkischen“ Nationalsozialismus, der beinahe selbst Priester geworden wäre, setzt auf Zuckerbrot und Peitsche. Er lädt seinen „Gast“ zur scheinbar gemütlichen Plauderstunde mit Cognac, um ihm einen Moment später mit der Erschießung seiner Dachauer Leidensgenossen zu drohen. Kremer fühlt sich bis hin zum körperlichen Zusammenbruch einem Gewissenskonflikt aus- und unter Druck gesetzt.

Und das mit perfiden Mitteln: Seiner verstorbenen Mutter beichtet Henri in einem Brief, den er an ihrem Grab hinterlegt, dass er selbst im KZ Dachau schuldig geworden ist. In einem heißen Sommer, als alle Gefangenen nach Wasser dürsteten, hatte er bei Räumarbeiten ein Wasserrohr entdeckt – und diesen für ihn wahrscheinlich lebensrettenden Fund für sich behalten. Ein Priesterkollege nahm sich wenig später, wahnsinnig geworden durch den Wassermangel, das Leben.

Dieses Schuldeingeständnis nutzt Gebhardt schamlos aus in seinem Versuch, Henri zum Verrat an der Kirche, an seinem unerschütterlichen Glauben zu bewegen. Doch Kremer lässt sich nicht verführen, auch nicht durch den zur Kollaboration mit den Nazis bereiten Kirchensekretär Luxemburgs. Er wird nicht zum Judas – und kehrt am neunten Tag nach Dachau zurück. Wo er, eine eindrucksvolle – letzte – Abendmahls-Szene, die ins KZ geschmuggelte Wurst in schmale Scheiben schneidet, um sie mit allen Mitgefangenen im Pfarrerblock zu teilen. Wie weit darf man Verrat üben, um sich und die Seinen zu schützen? Volker Schlöndorffs nachhaltig beeindruckender Film „Der neunte Tag“ gibt darauf eine eindeutige Antwort.

Pitt Herrmann

Credits

Kamera

Schnitt

Darsteller

Produzent

Alle Credits

Script

Kamera

Kamera-Assistenz

Standfotos

Schnitt

Darsteller

Produzent

Executive Producer

Line Producer

Herstellungsleitung

Produktions-Koordination

Dreharbeiten

    • 30.11.2003 - 31.01.2004: Tschechische Republik, Prag, Luxemburg, Bayern, Berlin und Umgebung,
Länge:
2660 m, 97 min
Format:
35mm, 1:1,85
Bild/Ton:
Fujicolor, Dolby SRD
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 23.07.2004, 98883, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 02.07.2004, München, Filmfest;
Kinostart (DE): 11.11.2004;
TV-Erstsendung: 06.04.2007, Arte

Titel

  • Originaltitel (DE) Der neunte Tag
  • Arbeitstitel Pfarrerblock
  • Titelübersetzung (eng) The Ninth Day

Fassungen

Original

Länge:
2660 m, 97 min
Format:
35mm, 1:1,85
Bild/Ton:
Fujicolor, Dolby SRD
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 23.07.2004, 98883, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 02.07.2004, München, Filmfest;
Kinostart (DE): 11.11.2004;
TV-Erstsendung: 06.04.2007, Arte

Auszeichnungen

Filmfestival St. Petersburg 2006
  • Großer Preis
Deutscher Filmpreis 2005
  • Lola, Bestes Szenenbild