Anlässlich des 90. Geburtstags von Hans Jürgen Syberberg am 8. Dezember ehrt das DFF - Deutsche Filminstitut & Filmmuseum in Frankfurt am Main den Regisseur mit einer Hommage. Syberberg wird zur Eröffnung und Uraufführung des dritten Teils seiner Trilogie "Demminer Gesänge" am 9. Dezember persönlich anwesend sein.
Syberberg gilt als zentrale Figur des bundesdeutschen Nachkriegskinos, zu seinen Bewunderern gehören u.a. Susan Sontag, Heiner Müller, Michel Foucault, Naum Kleiman oder Albert Serra. Im Kontext des Neuen Deutschen Films suchte er als Unangepasster und Enfant Terrible einen eigenen Weg – seine Filme, die sich häufig mit der deutschen Vergangenheit und Geschichte auseinandersetzen, polarisieren dabei bis heute.
Die Filmgalerie 451 veröffentlicht seit vielen Jahren die Filme von Hans Jürgen Syberberg. Die Deutsche Kinemathek in Berlin hat die wichtigsten Kinofilme mit Unterstützung der FFA restauriert. Im nächsten Jahr werden weltweit Retrospektiven stattfinden.
Die Termine:
Di, 9.12., ab 17:30 Uhr im DFF — Zu Gast: Hans Jürgen Syberberg
"Demminer Gesänge" — Teil 1, 2 und 3 (D 2023-2025)
Im Jahr 2000 kehrte Hans Jürgen Syberberg an seinen Geburtsort Nossendorf in Vorpommern zurück. In der benachbarten Stadt Demmin initiierte er verschiedene Projekte. Aus dieser langjährigen Beschäftigung, von der er auf seiner Website berichtet, entstanden die Filme "Demminer Gesänge". Sie beschäftigen sich mit der Geschichte und den Menschen des Ortes und den Interventionen Syberbergs, im Bemühen, den Ort neu zu beleben; etwa durch künstlerische und architektonische Vorschläge, wie die kurzzeitige Wiedereröffnung eines Cafés am Marktplatz. Ziel war nicht, die Vergangenheit wieder zu animieren, sondern dem Ort eine neue Zukunft zu geben. Im letzten Teil "Nachtgesang" (2025) werden, begleitet von den Requien von Mozart und Brahms, die Namen der Toten aus den Flüssen des Jahres 1945 verlesen.
"Der Film nimmt Bezug auf die Geschichte des Ortes, in dem sich am Ende des Zweiten Weltkrieges einer der größten Massensuizide in Deutschland zutrug – der danach aus dem öffentlichen Gedächtnis schnell verdrängt wurde. Er dokumentiert die Versuche, von Syberberg in den letzten Jahrzehnten selbst in Form von künstlerischen Interventionen vor Ort angestoßen, den zentralen Marktplatz als Gemeinschaftsort zu reanimieren. […] Seitens zweier Architekturbüros (Alexander Schwarz von David Chipperfield Architects und Peter Haimerl Architektur) lagen sogar konkrete Pläne einer Umgestaltung des Platzes vor. Der Film findet hier Anschluss an Fragen zukunftsträchtiger Städteplanung. Es geht Syberberg nicht um eine Restauration alter Verhältnisse, sondern um die Fragen der Gemeinschaft an einem Ort, der sein Zentrum verloren hat." artechock, 2023
Mi, 10.12., 20:30 Uhr im DFF
"Ludwig – Requiem für einen jungfräulichen König" (BRD 1972)
Syberbergs Film über den Bayernkönig Ludwig II. wurde mit einem geringen Budget in einem Filmstudio realisiert. Der Film verwendet Hintergrundprospekte mit historischen und kulturellen Bezügen und Querverweisen, nachdenklich oder ironisch. Immer mit Bezug zu Ludwigs Leben und Nachleben als "Märchenkönig" – bis zu den Assoziationen von Wagner bis Hitler. Ludwig erscheint auf diese Weise sowohl als eine historische Person, die sich aus der Wirklichkeit immer mehr in eine Kunst- und Traumwelt zurückzog, wie auch als Projektionsfläche für nachfolgende Generationen, und als Ikone der Zeiten.
"Aus Deutschland zu uns gekommen, ohne Geld gedreht – ein Ludwig II., der wahnsinniger und wahrhaftiger ist als der von Visconti." (L'Express, 1973)
Sa, 27.12., 16:00 Uhr im DFF
"Parsifal" (BRD/FR 1982)
Diese Verfilmung von Richard Wagners letzter Oper entstand zum 100. Jahrestag ihrer Uraufführung 1882. Zugrunde liegt eine Einspielung der Musik unter der Leitung von Armin Jordan. Die Handlung dazu hat Syberberg im Studio inszeniert, mit Darstellenden, die fast alle nicht selbst singen. Das gestattete Personenbesetzungen nach dem Idealbild der Partitur. Mythen und Ideologien aus dem 20. Jahrhundert werden vergleichbar mit den Allegorien Wagners. Die Titelfigur Parsifal wird ein Wesen, das zugleich Mann und Frau ist. Dem Film diente als Kulisse die Totenmaske Richard Wagners am Ende der Welt.
"Indem er sich auf die deutsche Geschichte, Literatur, Philosophie und Wagners Leben bezieht, gelang Hans Jürgen Syberberg mit 'Parsifal' eine frische Neuinterpretation der Oper." (MUBI)
Quelle: www.dff.film