66. Internationale Kurzfilmtage Oberhausen Online: Erste Programme stehen fest

Wegen der Corona-Krise organisieren die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen derzeit ihre 66. Ausgabe als Online-Edition. Nun steht fest, dass alle fünf Wettbewerbe des Festivals im Netz stattfinden können.

 

Zu sehen sind der Internationale Wettbewerb, der Deutsche Wettbewerb, der NRW-Wettbewerb, der Kinder- und Jugendfilmwettbewerb sowie der MuVi-Preis für das beste deutsche Musikvideo vom 13. bis 18. Mai, wenn das Online-Festival sowohl für Publikum wie auch für Fachbesucher zugänglich ist.

Für die Online-Präsentation waren viele Fragen zu klären: So hat die überwiegende Mehrheit der Filmemacherinnen und Filmemacher ihr Einverständnis für eine Online-Präsentation gegeben. Auch die Mehrheit der Preisstifter ebenso wie die Jurys der einzelnen Wettbewerbe haben ihre Teilnahme an diesem außerordentlichen Festivalformat zugesagt. Damit präsentieren die Kurzfilmtage nun über 140 Arbeiten in den gewohnten fünf Wettbewerbsformaten. Verliehen werden nach derzeitigem Stand knapp 34.000 Euro an Preisgeldern, darunter der Hauptpreis der Kurzfilmtage, der mit 8.000 Euro dotierte Große Preis der Stadt Oberhausen im Internationalen Wettbewerb. Insgesamt hoffen die Kurzfilmtage, rund 350 Filme in der Online-Edition präsentieren zu können.

"An dieser Stelle möchten wir ausdrücklich allen Preisstiftern und Jurys danken, die uns auch in dieser außergewöhnlichen Situation treu bleiben: der Stadt Oberhausen, dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, der Online-Plattform für Kunst e-flux, 3sat, der WDR Westart-Redaktion, den Wirtschaftsbetrieben Oberhausen, der Energieversorgung Oberhausen, dem Zonta Club Oberhausen Rheinland, dem Rotary Club Oberhausen, dem MuVi-Preisstifter SAE, der Fipresci und der European Children's Film Association ECFA. Alle betreten hier gemeinsam mit uns Neuland", so Festivalleiter Lars Henrik Gass. "Wir sind momentan noch im Gespräch mit weiteren Preisstiftern und sind zuversichtlich, dass die Summe der am 18. Mai verliehenen Preisgelder noch höher werden wird."

"Die Rückmeldungen der Filmemacherinnen und Filmemacher auf unsere Anfragen waren überwiegend sehr positiv", so Hilke Doering, Leiterin des Internationalen Wettbewerbs. "Aber natürlich gibt es eine Reihe von rechtlichen und ästhetischen Erwägungen, die geklärt werden mussten und müssen. Darf ein Film online gezeigt werden? Eignet er sich rein ästhetisch für dieses Format? Müssen etwaige Teilrechte etwa für Musik neu geklärt werden? Ist dies eine Festivalvorführung im strengeren Sinne – ein wichtiger Aspekt für zukünftige Einreichungen bei anderen Festivals?" "Für alle Beteiligten ist dies eine neue Situation; Urheberrechte und Nutzungsrechte müssen neu abgefragt und geklärt werden, Filmemacher wie Institutionen müssen schnelle Antworten auf die noch nie dagewesenen Umstände finden", ergänzt Carsten Spicher, Leiter des Deutschen und NRW-Wettbewerbs.

Zu den Wettbewerben:

Internationaler Wettbewerb: Die Sorge um die Welt

Für den Internationalen Wettbewerb, den größten und ältesten des Festivals, hatten die Kurzfilmtage ursprünglich 57 Arbeiten ausgewählt. 56 davon werden im Online-Festival präsentiert. Viel präsenter als noch im letzten Jahr sind vor allem ökologische Fragen. Viele der Einreichungen aus 126 Ländern setzen sich mit Umwelt und Klimawandel auseinander. Ausgewählt wurden zwei Arbeiten, die das Thema mit den Mitteln der Animation verarbeiten: "Extrañas Criaturas" ("Seltsame Wesen") aus Chile und die niederländische Produktion "L’Eau faux". Ein weiterer großer Themenkomplex sind politische Krisen und Konflikte. Dabei geht es oft um Themen, die nicht täglich in den Nachrichten auftauchen: die griechische Militärdiktatur in den 1980er Jahren, Familiengeschichten von Auswanderung und Flucht vor den Nazis, die Monetarisierung von Trinkwasser oder die Krise der traditionellen Viehwirtschaft in Lesotho.

Deutschland ist mit einer französisch-deutsch-südafrikanischen Koproduktion vertreten, "Shepherds" von Teboho Edkins. Mit Teresa Villaverde (Portugal), die mit ihrer Produktion "Six Portraits of Pain" ausgewählt wurde, ist eine Filmemacherin vertreten, deren lange Spielfilme wie "Os Mutantes" schon häufig auf Festivals wie Cannes und Venedig liefen. Auch der philippinische Regisseur und Produzent John Torres, mit "We Still Have to Close Our Eyes" im Wettbewerb der Kurzfilmtage, hat für seine Langfilme schon zahlreiche Preise gewonnen.

Deutscher Wettbewerb: Migrantische Positionen

Aus 1.081 eingereichten deutschen Kurzfilmproduktionen hatten die Kurzfilmtage 21 für den Deutschen Wettbewerb ausgewählt, von denen 20 online gezeigt werden. "Wir haben sehr viele gute Einreichungen gesichtet, die Auswahl war nicht leicht", so Carsten Spicher, Leiter des Deutschen Wettbewerbs. "Knapp die Hälfte der Filmemacher in der deutschen Auswahl haben einen Migrationshintergrund, auch das ist in dieser Deutlichkeit neu und bringt neue Themen und Sichtweisen in den Wettbewerb."

Auch die deutschen Kurzfilme sind geprägt von der Sorge um die Welt, um Klimawandel und politische Krisen. So untersucht "Dunkelfeld" die Aufarbeitung des Brandanschlags in Duisburg-Wanheimerort 1984 auf ein überwiegend von Migranten bewohntes Wohnhaus, bei dem Rassismus als Tatmotiv sehr schnell verworfen wurde. Um den Anschlag im Münchner Olympia-Einkaufszentrum geht es in Cana Bilir-Meiers "This Makes Me Want to Predict the Past". Die Protagonistin in der hintersinnigen Animation "Der natürliche Tod der Maus" dagegen schlägt sich mit der Frage herum, wie man überhaupt auf die täglichen Krisen und Katastrophenmeldungen reagieren kann.

NRW-Wettbewerb: Neue Talente

Für den NRW-Wettbewerb wurden 258 Filme gesichtet, deren Produktion in NRW ansässig ist. 10 Arbeiten wurden für den Wettbewerb ausgewählt, mehr als die Hälfte können nach derzeitigem Stand online gezeigt werden. "Es ist ein Wettbewerb der Entdeckungen und wir freuen uns sehr, dass in diesem Jahr der Großteil der Filme von Filmemacherinnen und Filmemachern kommen, die bei den Kurzfilmtagen noch nie gezeigt wurden", so Carsten Spicher, Leiter des NRW-Wettbewerbs.

Während in dieser Sektion oft der Produktionsstandort Köln dominierte, kommen Beiträge in diesem Jahr auch aus Dortmund, Düsseldorf, Schwelm oder Mönchengladbach. Migration und das Leben von Menschen mit Migrationshintergrund spielen eine große Rolle. In Filmen wie "Phoenix"oder "Die sehen ja nur, die wissen ja nichts" geht es um das Verhältnis zwischen Deutschen und Migranten, um rassistische Übergriffe oder einfach um den Alltag einer jungen Budokan-Kämpferin mit Migrationshintergrund in Dortmund. Auch bei Spielfilmen wie "Jona", der humorvoll die Schwierigkeiten eines jungen Mannes und seiner dysfunktionalen Familie schildert, oder dem Episodenfilm "Berzah" zeigen sich neue Handschriften.

Kinder- und Jugendfilmwettbewerb

Für den internationalen Kinder- und Jugendfilmwettbewerb wurden aus 577 Einreichungen 39 Filme aus 25 Ländern ausgewählt. Mindestens 38 davon werden nun online gezeigt. Die Filme werden nach Altersgruppen von drei bis 16 Jahren programmiert.

MuVi-Preis für das beste deutsche Musikvideo

255 Musikvideos aus Deutschland wurden für den diesjährigen 22. MuVi-Preis gesichtet, zwölf Clips wurden ausgewählt, von denen alle online präsentiert werden können. Darunter sind Videos für Deichkind ("Wer sagt denn das?"), Die Goldenen Zitronen ("Das war unsere BRD"), Heinz Strunk ("Abgelaufen"), Kim Gordon ("Sketch Artist") oder Theodor Shitstorm ("Kunst"), bei dem Dietrich Brüggemann nicht nur Regie führte sondern auch Bandmitglied ist.

MuVi Online-Publikumspreis:
Alle Kandidaten für den MuVi-Preis stehen ab dem 15. April auf www.muvipreis.de online zur Abstimmung für den MuVi Online-Publikumspreis.

Quelle: www.kurzfilmtage.de