Zum Tod meiner Mutter

Deutschland 2020-2022 Spielfilm

Inhalt

Als der Film beginnt, ist schon alles vorbei. "Wir wissen, dass es zu Ende geht; mehr nicht", sagt Juliane über ihre leidende Mutter Kerstin, die schwer erkrankt ist und mit nur 64 Jahren sterben wird. Der junge Arzt, den Juliane konsultiert, ist zwar persönlich der Meinung, jeder habe das Recht, über den eigenen Tod zu bestimmen, weist sie aber darauf hin, dass Sterbehilfe in Deutschland immer noch verboten ist, zumal in dem katholischen Pflegeheim, in dem Kerstin untergebracht ist. Freunde und Angehörige kommen, um sich von ihrer Mutter zu verabschieden; emotionsgeladene Erinnerungen und Vorgefühle der Trauer mischen sich. Juliane kämpft gegen die Zeit – eine unerbittliche, apathische und monochrome Zeit –, hervorragend gespiegelt durch die Erschütterungen in den weiten Handkameraaufnahmen.

Jessica Krummacher verarbeitet in ihrem zweiten Spielfilm ein persönliches Erlebnis und erzählt lebendig und ergreifend vom Verlust eines Elternteils. Ohne Gewalt und Düsterkeit schildert die Regisseurin das wichtigste Ereignis im Leben anhand von winzigen Details: gesprochene Worte, Texte und liebevolle Gesten, die unter die Haut gehen und im Gedächtnis bleiben.

Quelle: 72. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)

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Heinz17herne
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„Ihre Mutter muss bewusst entscheiden, nichts mehr zu essen und nichts mehr zu trinken“ erfährt Juliane Schubert vom Palliativmediziner Dr. Philipp Plath. Ihre Mutter Kerstin Schubert ist erst 64 Jahre alt, hat aber bereits einen langen Leidensweg hinter sich. Ihre schwere Krankheit ist austherapiert, eine Heilung nicht möglich. „Es ist nicht zu ertragen, wie es ihr geht“ klagt Tochter Juliane. Weil ihre Mutter in einem katholischen Pflegeheim im Ruhrgebiet untergebracht und nicht mehr in der Lage ist, selbständig Tabletten einzunehmen, kann sie ihrem Leben nicht selbst ein Ende setzen.

Juliane möchte ihrer Mutter helfen und weiß doch, dass sie ihr das Sterben nicht abnehmen kann. Das Sterben dauert: aus Tagen werden Wochen. Tochter und Mutter sind sich unendlich nah, körperlich und geistig. Und doch muss sich Juliane immer wieder Auszeiten nehmen, joggt allein und bewusst ohne Handyempfang im Wald. Sie erinnert sich etwa an einen gemeinsamen Ausflug ins Elsass und daran, in Helmut Kohls Lieblingsrestaurant Deidesheimer Hof dessen Leib- und Magenspeise Pfälzer Saumagen genossen zu haben – vom Promi-Wirt persönlich am Tisch angeschnitten.

„Ich bin nicht bei klarem Verstand. Ich will es nicht mehr“ flüstert Mutter Kerstin ihrer neben ihr liegenden Tochter ins Ohr. Sie meint ihr Leben, das ihr nichts mehr bedeutet. Auch wenn es im Rollstuhl ‘mal an die frische Luft geht, wo Juliane aus dem Brecht-Weigel-Briefwechsel vorliest. Auch wenn sich das Personal, allen voran die empathische Nachtschwester Natia, sehr um ihr Wohlergehen bemüht. Letztere auch aus christlichem Glauben heraus: „Der liebe Gott entscheidet, wann wir sterben“. Natia zwingt Kerstin förmlich zur leidensverlängernden Medikamenteneinnahme.

Verwandte und Freundinnen von Kerstin wie Ursula, die ihr alte Briefe vorliest, Kalle und Julia („Habt ihr euch schon über die Beerdigung Gedanken gemacht?“), kommen ans Krankenbett, um sich zu verabschieden. Dabei offenbart Juliane, „so unendliche Angst vor dem Tod“ zu haben: „Es wird immer schlimmer.“ Denn so lange sich das Sterben ihrer Mutter auch hinzieht, nach mehreren Wochen ohne Nahrungsaufnahme hat sich Kerstins körperlicher Zustand noch nicht entscheidend verschlechtert, steht der Ausgang fest: Ihre Mutter wird bald nicht mehr da sein, während Julianes Leben weitergeht.

„Meine Welt ist geschrumpft, die Welt ist geschrumpft auf das Ausmaß dieses elenden Zimmers“ klagt Juliane, die kaum noch über ein hastiges Bier in trister Kneipe hinauskommt. Sie ringt mit sich, ob sie ihrer Mutter nicht mit Hilfe der Ärztin Martina Meyerling (Frederike Bohr) eine Spritze verabreichen soll, die ihrem Martyrium ein Ende setzt…

Jessica Krummacher erzählt in ihrem zweiten Spielfilm vom Sterben und vom Loslassen eines geliebten Menschen – durchaus autobiographisch grundiert: Ihre Mutter wurde mit Mitte 50 schwer krank. Eine seltene, unheilbare und stets tödlich verlaufende Erkrankung im Gehirn sperrte sie bereits nach kurzer Zeit gänzlich in ihren Körper ein. Obwohl sie - wie Kerstin Schubert im Film - kaum noch sprechen konnte, war ihr Denken fast immer uneingeschränkt klar.

Der vor allem durch das verstörend direkte Spiel der beiden Protagonistinnen Elsie de Brauw und Birte Schnöink, von Gerald Kerkletz in Close Up- bis hin zu extremen Italien Shots im wahren Wortsinn hautnah eingefangen, mitreißende, bisweilen quälend lange Film ist mit Ensemblemitgliedern der der Münchner Kammerspiele und des Schauspielhauses Bochum großartig besetzt.

Jessica Krummacher im Grandfilm-Presseheft: „Es ist eine traurige Geschichte, aber es geht nicht ausschließlich darum von der Traurigkeit zu erzählen. Es geht auch um eine emotionale Liebeserklärung an das Leben und ganz persönlich an meine Mutter. Eine zärtliche, immer wieder überraschend heitere Hymne auf das Leben und den Tod: Wie fantastisch es ist, dass wir am Leben sind. Wie fantastisch, dass Körper und Geist miteinander kommunizieren und aufeinander reagieren. Fantastisch und grausam zugleich.“

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Regie-Assistenz Sonstiges

Kamera-Assistenz

Farbkorrektur

Szenenbild

Außenrequisite

Innenrequisite

Maske

Schnitt

Schnitt-Assistenz

Ton-Design

Mischung

Casting

Darsteller

in Zusammenarbeit mit

Produktionsleitung

Produktions-Assistenz

Geschäftsführung

Dreharbeiten

    • 08.09.2020 - 16.10.2020: Hagen und Bochum
Länge:
135 min
Format:
DCP 2k, 1:1,66
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 16.05.2022, 213628, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 12.02.2022, Berlin, IFF - Encounters;
Kinostart (DE): 09.06.2022

Titel

  • Originaltitel (DE) Zum Tod meiner Mutter
  • Weiterer Titel (eng) The Death of My Mother

Fassungen

Original

Länge:
135 min
Format:
DCP 2k, 1:1,66
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 16.05.2022, 213628, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 12.02.2022, Berlin, IFF - Encounters;
Kinostart (DE): 09.06.2022