Varieté

Deutschland 1925 Spielfilm

Inhalt

Auf dem Gefängnishof ziehen die Häftlinge ihre eintönigen Runden. Da wird die Nr. 28, "Boss" Huller, aufgerufen, der Direktor erwartet ihn. Hullers Frau, die mit dem Kind noch immer auf ihn wartet, hat ein Gnadengesuch eingereicht. Viele Jahre sitzt Huller schon wegen Mordes, aber noch nie hat er bisher über die Beweggründe seiner Tat gesprochen. Nun beginnt er stockend zu erzählen.

Er war ein berühmter Trapezartist und konnte durch einen Unfall nicht mehr auftreten. Heruntergekommen fristete er sein Leben mit Frau und Kind als Schaubudenbesitzer mitten auf St. Pauli. Da bringen eines Tages Matrosen ein Mädchen zu ihm, sie ist jung und hübsch und darf als Tänzerin bei ihm auftreten. Er verliebt sich in die verführerische Berta-Marie, ihretwegen verlässt er sogar seine Familie. Beide finden ein Engagement im Wintergarten, wo sie mit dem Artisten Artinelli als Trio große Erfolge feiern. Doch als Huller erfährt, dass Berta-Marie ihn mit Artinelli betrügt, tötet er ihn und stellt sich der Polizei. Nach zehn Jahren im Gefängnis wird er nun freigelassen.

 

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Falk Schwarz
Die fliegende Kamera
Hier schiebt sich das Wie vor das Was. Eine eher konventionelle, melodramatische Dreiecksgeschichte im Artistenmilieu mit einem Emil Jannings, der statische Gesten und weit aufgerissene Augen allzu sehr als Stilmittel einsetzt. Sicher bewunderungswürdig, wie er mit dem Rücken spielen kann - vor allem in der ersten längeren Szene im Gefängnis. Aber für den Fänger im Dreifach-Salto-Team ist er einfach zu dick, zu unsportlich und körperlich zu schlaff. So sind es die Kameramänner, die das Besondere gestalten. Fünf der allerbesten hat E.A. Dupont engagiert: Karl Freund als Chefkameramann, Carl Hoffmann als Berater, Eugen Schüfftan, zuständig für die Kameratricks, Robert Baberske als Assistent und schließlich sogar der blutjunge Günther Anders, der später zu den deutschen Spitzenkameraleuten gehörte. Die Kamera wird in einer Art und Weise entfesselt, wie es das bisher so nicht gab. Sie schwingt mit dem Trapez mit, sie visualisiert den Schwindel des Fängers und findet erschreckend-surrealistische Bilder, in der Schwungbewegung erleben wir den Nervenkitzel der Menschen hoch droben am Trapez. Die Kamera erschliesst Räume, nimmt Perspektiven ein, verändert Wahrnehmungen. Duponts Sicht setzt auf die Dehnung der Zeit, die Kamera ist nicht mehr vorhersehbar fixiert, sie gestaltet die Innen- wie die Aussenräume der Akteure. Das letzte Bild zeigt nur das offene Gefängnistor und den Himmel, keinen Fluchtpunkt mehr, nichts ist mehr fixiert. Als Artinelli (Warwick Ward) schließlich mit einem Küchenmesser ermordet wird, geschieht die Tat selber ausserhalb des Bildes. Die Männer ringen miteinander, sie „fallen“ aus dem Bild und schließlich wird nur die Hand sichtbar, die das Messer umfasst. Der Mörder hat den Hut noch auf, als er aufsteht, aber er ist zerknautscht. Wir wissen alles, ohne es im Detail zu sehen. Der rasche Wechsel von Totaler, Halbtotaler und halbnaher Einstellung gibt dem Film einen federnden Rhythmus, der den Zuschauer packt. Selten war es so spannend, einem Stummfilm zu folgen. 30 Jahre später perfektionierte Robert Krasker diese „fliegende“ Kamera unter der Zirkuskuppel in dem Film „Trapez“. Doch wie bereits 1925 das Sehen in einem Film revolutioniert werden konnte, das bleibt das Verdienst von „Varieté“.

Credits

Alle Credits

Dreharbeiten

    • Mai 1925 - 20.08.1925: "Wintergarten" in Berlin
Länge:
7 Akte, 2837 m
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, stumm
Prüfung/Zensur:

Zensur (DE): 24.10.1925, B.11573, Jugendverbot

Aufführung:

Uraufführung (DE): 16.11.1925, Berlin, Ufa-Palast am Zoo;
TV-Erstsendung (DE): 05.09.1976, ZDF

Titel

  • Originaltitel (DE) Varieté
  • Weiterer Titel (DE) Varieté (Restaurierte Fassung)
  • Originaltitel (DE) Varieté - Musikfassung: The Tiger Lillies

Fassungen

Restaurierte und digitalisierte Fassung

Abschnittstitel
  • Weiterer Titel (DE)
  • Varieté (Restaurierte Fassung)
Länge:
95 min
Format:
DCP 2K, 1:1,33
Bild/Ton:
Viragiert, 5.1
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 17.12.2014, 72650/V, ab 6 Jahre

Aufführung:

Uraufführung (DE): 07.02.2015, Berlin, IFF - Berlinale Classics

Original

Länge:
7 Akte, 2837 m
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, stumm
Prüfung/Zensur:

Zensur (DE): 24.10.1925, B.11573, Jugendverbot

Aufführung:

Uraufführung (DE): 16.11.1925, Berlin, Ufa-Palast am Zoo;
TV-Erstsendung (DE): 05.09.1976, ZDF

Prüffassung

Länge:
2228 m, 82 min bei 24 b/s
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 30.01.1995, 72650, ohne Altersbeschränkung / feiertagsfrei