Credits
Regie
Drehbuch
Darsteller
Produktionsfirma
Alle Credits
Regie
Drehbuch
Darsteller
Produktionsfirma
im Auftrag von
Aufführung:
Uraufführung (DD): 04.11.1984, DDR-TV
Titel
- Originaltitel (DD) Paulines zweites Leben
Fassungen
Original
Aufführung:
Uraufführung (DD): 04.11.1984, DDR-TV
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„Deine ungeheuerliche Fürsorge, ich kann sie nicht mehr ertragen“: Robert, dem seine Frau, einst Schaffnerin bei der Straßenbahn, dreißig Ehejahre lang den Rücken freigehalten hat nicht zuletzt für seine akademische Karriere, will sich scheiden lassen. Hat wohl eine erheblich jüngere Geliebte, was aber unausgesprochen bleibt – auf der Geburtstagsfeier, die ohne Edeltrauds in Moskau studierende Schwester Beate stattfinden muss, wie überhaupt in Christa Mühls Film mit Ausnahme eines kurzen optischen Hinweises gegen Ende.
„Ist was mit euch?“ fragt Edeltraud ihre Mutter. Pauline setzt auf heile Welt, Oswald auf die Wahrheit: „Wir sind jetzt 50 und wir sind auch in der Lage, etwas Neues zu beginnen.“ Leichter gesagt für die Hausfrau und Mutter dreier erwachsener Töchter ohne erlernten Beruf. Katrin (Marijam Agischewa), die Jüngste, kam zur Welt, als Robert gerade promovierte. Ihr Mann, der Künstler Kutte (Dirk Nawrocki), fiebert seiner ersten öffentlichen Ausstellung entgegen. „Bei uns zuhause“, empört sich Edeltraud gegenüber ihrem Vater, „hat sich nur alles um deine Arbeit gedreht.“ Das Angebot ihres Gatten, einen Bürojob an seinem Lehrstuhl anzunehmen, lehnt Pauline dankend ab.
Sie geht vielmehr, auf seine Vermittlung versteht sich, erst einmal zur Kur ins FDGB-Heim Thomas Müntzer an die Ostsee, um mit sich ins Reine zu kommen. Ein beruflicher Neuanfang mit 50 ist auch im Arbeiter- und Bauernstaat kein Selbstläufer. Ein Einzelzimmer erwartend erhält Pauline bald mit der lebhaft-handfesten Berlinerin Walburga „Wally“ Weber (Walfriede Schmitt) eine Zimmergenossin, die mit Erstaunen zur Kenntnis nimmt, dass die sich arg zugeknöpft gebende Akademikergattin weder einen Beruf ausübt noch überhaupt Gewerkschaftsmitglied ist.
Die beiden Hauptstädterinnen kommen sich bald näher – über „Tante Enmma“, die offenbar wenig Anklang gefunden hat bei Enkel René und dessen Schwester Sandra (Sandra Moriel). Auch Wally ist geschieden, weil sie keine Kinder bekommen konnte. Sie arbeitet als Meister beim Volkseigenen Betrieb Rewatex an der Oberspree, „dem“ Textilreiniger der DDR, wo sie als Ungelernte anfing und sich qualifizierte. Weshalb sich in der größten Wäscherei (Gesamt-) Deutschlands, ist Wally überzeugt, auch eine Stelle für Pauline finden wird.
Die macht erst einmal einen Schnitt, verkauft mit Wallys Hilfe zahllose Möbel und Hausratsgegenstände ihrer nun viel zu groß gewordenen Wohnung. „Roberts Welt, das ist jetzt zu Ende“: Pauline will per Wohnungstausch in eine kleinere, komfortable Neubauwohnung ziehen und kann sich vor Interessenten kaum retten. Auch bei Rewatex läuft es nach ihrem Einstand mit selbstgebackenem Kuchen zunächst vielversprechend: Ihre Kolleginnen in Wallys Brigade (Johanna Lesch und Theresia Wider) zeigen Verständnis für ihr noch langsames Arbeitstempo und alle helfen mit bei der Renovierung der neuen Wohnung und dem Umzug.
Das Glück scheint vollkommen, als ihr Franz Schulz (Gerd Staiger), Reparaturschlosser bei Rewatex, einen gebrauchten Trabi besorgt: zur neuen Selbständigkeit kommt nun auch selbstbestimmte Mobilität. Da hat Pauline gerade kein Ohr für Wallys privaten Kummer mit ihrem verheirateten Freund Heinz, der sich für seine Familie entschieden hat. Und nicht nur das: Sie wirft die trostbedürftige Wally regelrecht aus der Wohnung, bevor diese – am Weihnachtsfest – von Paulines Familie gestürmt wird. So wundert es nicht, dass Wally ungerührt zu Kenntnis nimmt, dass die Brigade gegen die „Frau Professor“ aufbegehrt, nachdem die Schichtprämie verloren zu gehen droht.
Und dann doch noch die Wende, diesmal zur Verwunderung des Nachbarn Dr. Winter (Dieter Mann): die Brigade lässt sich nicht davon abhalten, so lange auf die Wohnungstür zu pochen, bis Pauline öffnet. Alle, Wally eingeschlossen, wollen es noch einmal mit ihr versuchen. Als Pauline auf einem Parkplatz zufällig auf Robert trifft, gehen beide ein Stück miteinander. Und der Herr Professor, ganz in alten Denkmustern steckengeblieben, staunt über den Lebens- und Sinneswandel seiner „Ex“, die nur einen einzigen Wunsch hat: beide sollen sich einvernehmlich um ihre Kinder und Enkel kümmern…
„Paulines zweites Leben“, 1983 an Originalschauplätzen in Ost-Berlin und an der Ostsee gedreht, ist eine 90-minütige, hochkarätig besetzte Emanzipationsgeschichte (PL Hans Mahlich), noch zu nennen Ursula Karusseit und Solveig Müller. Sie steht ganz im Zeichen einer sich bald entwickelnden Zufallsfreundschaft zweier gestandener, aber höchst unterschiedlich sozialisierter Frauen in ihrer Suche nach einem selbstbestimmten, sinnvoll ausgefüllten (Arbeits-) Leben. Dass Paulines zweites Leben mit dem Kauf eines Trabis so richtig an Fahrt aufnimmt, ist dabei kein Zufall. Ein eigenes Auto und eine zur Familiensituation passende Wohnung haben während der DDR-Jahrzehnte die Liste der materiellen Wünsche ihrer Bürger stets angeführt.
Pitt Herrmann