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Sommer in Deutschland, 35 Grad im Schatten. Acht Menschen sind in drei Autos von Kassel, Köln und Wetzlar unterwegs nach Berlin. Die meisten Insassen der einzelnen Wagen haben sich zufällig über die Mitfahrzentrale kennen gelernt. Nun sind sie für mehrere Stunden gemeinsam auf engem Raum unterwegs quer durch Deutschland – Charaktere, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Da gibt es einen 16-jährigen Schüler aus der Provinz, einen großmäuligen Goldschmied und eine angehende Schauspielschülerin. Im nächsten Wagen sitzen ein lüsterner Familienvater, eine junge Studentin sowie ein muslimischer Lehrer. Und in Auto Nummer drei schließlich ist eine Mutter, die ihr verkorkstes Leben ändern will und mit ihrer 11-jährigen Tochter unterwegs ist – die den Vorsätzen der Mutter allerdings keinen großen Glauben schenkt.
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Das ist der Ausgangspunkt für das Roadmovie „Mitfahrer“, der Abschlussarbeit Nicolai Albrechts an der Berliner Hochschule für Film und Fernsehen dffb, seinem ersten abendfüllenden Spielfilm, der 2004 mit dem Studio Hamburg-Nachwuchspreis in der Kategorie „Beste Regie“ ausgezeichnet worden war.
Drei Autos, drei Geschichten, eine Reise. An einem sommerlichen Freitagabend holt der Bademodenvertreter Peter Kindl seine beiden Mitfahrer Carolin Thun und Hilal in der Mitfahrzentrale ab. Peter reist von einer Stadt zur nächsten und hat kaum Kontakt zu seiner Familie. Daher sind ihm Mitfahrer auf den langen Autobahnfahrten eine willkommene Abwechslung. Mit Coolness versucht er, seine Einsamkeit zu überspielen.
Zur gleichen Zeit steigen auf einem Parkplatz in Kassel Sylvester und Fabian in das Auto von Katharina, die zur Aufnahmeprüfung an die Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch nach Berlin fährt. Fabian will für ein Wochenende der osthessischen Provinz entkommen, um durch die Clubs zu ziehen und endlich mit einer Frau zu schlafen. Sylvester ist Goldschmied und hat es wegen eines Deals eilig, die Spreemetropole zu erreichen. Er ist müde, ungeduscht und hat ein paar harte Tage hinter sich.
An einer Raststätte nur wenige Kilometer weiter halten Loubelle und ihre Tochter Rosa. Eigentlich nimmt Loubelle aus Prinzip keine Anhalter mit, nur heute macht sie eine Ausnahme – mit Christoph...
Dem Debütanten Nicolai Albrecht gelingt es mit der Zeichnung ganz unterschiedlicher Charaktere, deren Wesenszüge durch die unmittelbare räumliche Nähe der Protagonisten noch kontraststärker herausgearbeitet werden, ein Stimmungsbild deutscher Befindlichkeit zu zeichnen – und zwar aus der Langeweile der zum Abwarten verdammten Reisenden heraus.
Jeder der Mitfahrer ist nicht nur auf dem Weg von einem zu einem anderen Ort, sondern auf der Suche nach einem Ort, an dem es sich lohnt, Station zu machen. Mit der Autobahn ist dieser Weg nicht zufällig gewählt: Man kann sich leicht im Nirgendwo verlieren auf dem schier unendlichen Asphaltband, das grenzenlose Freiheit verheißend die Republik durchzieht.
Pitt Herrmann