Ein Fall ohne Zeugen

DDR 1974/1975 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Für die 35-jährige Maria Sander ist es das erste Kind, das ihre seit zwei Jahren bestehende Beziehung zum verheirateten Wolfgang Pressler endlich legalisieren soll. Entsprechend nervös betritt sie die Berliner Entbindungsstation, wo sie von den Krankenschwestern beruhigt und, ausdrücklich mit einem „Exquisit-Hemd“ versehen, in den Kreißsaal gefahren wird.

Wo die bereits vierfache Mutter Hannelore Jentsch keine ausführlichen Hinweise des Arztes benötigt, um auch ihr fünftes Kind zur Welt zu bringen: ein strammes Kerlchen von siebeneinhalb Pfund namens Uwe. Was ihren Gatten Harald, von seinem Meister Rudi und den Kollegen in der Zeitungsdruckerei mit reichlich Alkohol beglückwünscht, später den mitgebrachten Blumenstrauß bei Schwester Monika zurücklassen lässt: schon wieder ein Junge!

Im Wissen, dass sich ihr Mann sehnlich die erste Tochter gewünscht hat, schlägt Hannelore ihrer nicht nur im Kreißsaal sondern nun auch auf Station liegenden Bettnachbarin Maria vor, die Kinder zu tauschen. Natürlich nur im Scherz und zur Aufmunterung der ob des Umstandes, dass sich ihre neugeborene Tochter weiter in ärztlicher Behandlung befindet, völlig Verunsicherten.

Während sich Harald Jentsch erst einmal sammeln muss, kommt Wolfgang Pressler mit einem Blumenstrauß an Marias Bett und versichert ihr, sofort mit ihr zusammenzuziehen. Gesagt, getan – zum ungläubigen Erstaunen seiner ehrgeizigen Gattin Gisela, in deren Karriereplanung eine Familie mit Kind nicht gepasst hat. Wolfgang dagegen ist mit seinem Beruf als Facharbeiter zufrieden und hätte gerne Kinder gehabt.

Zehn Tage später fährt die Volkspolizei das große Besteck auf: Hannelore Jentsch, die halbtags bei der Post am Ostbahnhof arbeitet, hat lange vor dem Friedrichshagener Konsum-Geschäft für Farben und Tapeten warten müssen. Als sie an der Warteschlange vorbei wieder auf den Bürgerseig tritt, ist ihr Sohn samt Kinderwagen weg. Oberleutnant Jürgen Hübner zieht den zuständigen Abschnitts-Bevollmächtigten (ABV), Leutnant Kurt Böhm, hinzu und beauftragt Wachtmeister Lutz Subras mit der nicht leichten Aufgabe, Leutnant Vera Arndt davon abzuhalten, mit Ehemann Herbert und ihren beiden Jungs in den Urlaub zu fahren.

Lutz, der im Verlauf der 70-minütigen „Polizeiruf 110“-Folge gleich dreimal mit Alfred, dem Vornamen des Darstellers, angesprochen wird, stößt aber auf keinen Widerstand: Als das Wort „Kindesentführung“ fällt, lässt Vera Arndt sofort alles stehen und liegen – einschließlich eines auseinandergebrochenen Koffers. Umfangreiche Durchsuchungen und Befragungen ergeben nur Beifang wie das Warenlager im Keller des Postfahrers Kurt Dierich, der offenbar schon seit geraumer Zeit Westpakete unterschlagen hat. Und unsinnige Verdächtigungen unzuverlässiger „Zeugen“ wie der Rentnerin Elli Lehmann.

„Wolfgang hat noch nie eine Entscheidung ohne mich getroffen“: Gisela Pressler steht bei der nicht mehr ganz jungen Mutter auf der Matte, um sie zu überzeugen, ihnen Noch-Gatten wieder freizugeben. Und das vor allem mit dem Argument, sie könne ein gerade erst geborenes Kind adoptieren und damit Wolfgangs sehnlichsten Wunsch nach einer Familie erfüllen. Steht sie in Verbindung mit der Kindesentführung? Brigitte Riedel, die ebenfalls gerade entbunden hat und ihrer Nachbarin Maria bei der Versorgung des Säuglings hilft, äußert diesen Verdacht, nachdem inzwischen der Kinderwagen gefunden wurde sowie, in der Mühlendammschleuse an der Fischerinsel, ein blaues Jäckchen mit dem Monogramm der Presslers. Den entscheidenden Hinweis aber liefert Harri Knopp, Totengräber auf dem Nordfriedhof…

„Ein Fall ohne Zeugen“ ist der einzige „Polizeiruf 110“-Krimi, für den - unter dem Arbeitstitel „Eine seltsame Liebe“ - Edwin Marian das Szenarium geschrieben und für sich selbst die Rolle des Wolfgang Pressler vorgesehen hat. Der als Marian Kmieczak im polnischen Łódź geborene und 90-jährig in München gestorbene (Bühnen-) Schauspieler hat 1952 bei Bertolt Brecht am Schiffbauerdamm begonnen und gehörte bis 1980 zum Ensemble der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Nach Problemen mit der DDR-Zensur nutzte er 1980 ein Gastspiel in der Bundesrepublik zur Flucht und setzte dort seine Theater- und Defa-Karriere nahtlos fort.

Apropos „Exquisit-Hemd“: Die 1962 geschaffenen Exquisit-Läden mit einem vergleichsweise hochpreisigen Angebot von Bekleidung, Kosmetika und Accessoires ermöglichten wie auch die vier Jahre später hinzugekommenen Delikat-Geschäfte für Nahrungs- und Genussmittel den DDR-Bürgern, Luxusartikel aus Importen oder bisher nur für den Export bestimmte Waren auch ohne Devisen zu erwerben.

Pitt Herrmann

Credits

Regie

Kamera

Schnitt

Darsteller

Alle Credits

Regie

Regie-Assistenz

Dramaturgie

Kamera

Requisite

Kostüme

Schnitt

Darsteller

Produktionsleitung

Dreharbeiten

    • 16.12.1974 - Februar 1975: Berlin/DDR
Länge:
70 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Mono
Aufführung:

Uraufführung (DD): 29.06.1975, DDR-TV

Titel

  • Reihentitel (DD DE) Polizeiruf 110
  • Originaltitel (DD) Ein Fall ohne Zeugen

Fassungen

Original

Länge:
70 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Mono
Aufführung:

Uraufführung (DD): 29.06.1975, DDR-TV