Die Einzelteile der Liebe

Deutschland 2017-2019 Spielfilm

Inhalt

Sophie und Georg lernen sich kennen und lieben, kurz nachdem Sophie hochschwanger von ihrem Freund sitzengelassen wurde. Georg wird für den neu geborenen Jakob wie selbstverständlich zum Vater. Die zusammengesetzte Familie hat mit den üblichen Problemen moderner Eltern zu kämpfen: Wer darf arbeiten, wer kümmert sich ums Kind? Wie viel Freiheit ist noch erlaubt, wie viel Selbstaufgabe muss sein? Und wo bleibt bei alledem die Leidenschaft? Ein paar Jahre später sind Georg und Sophie getrennt. Jakob ist sechs Jahre alt, die Eltern kämpfen verbissen um das Sorgerecht. Ausgerechnet Sophies neuer Partner fängt an, zwischen den Fronten zu vermitteln.

In einzelnen Szenen, die alle vor derselben Haustür in Berlin spielen, lässt der Film auf elliptische Weise das Porträt einer Familie entstehen, für die Patchwork Alltag ist. Die Beteiligten verhandeln ihre Sorgen und Sehnsüchte vor Hauswänden, zwischen Pfeilern und auf Parkplätzen. Zuhause ist hier kein sicherer Hafen, sondern ein Durchgangsort, an dem es zieht. Ein lakonischer Blick auf die ganz alltäglichen Unzumutbarkeiten der Liebe.

Quelle: 69. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)

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Heinz17herne
Heinz17herne
Ein Mann verlässt in höchster Eile mit Sack und Pack einen markanten Wohnblock im Berliner Hansaviertel. Als er schon alles verstaut hat in seinem Volvo einschließlich eines sechsjährigen Jungen, rennt eine Frau auf den rasch abfahrenden Kombi zu: „Ich hasse dich“ ruft sie dem Mann hinterher. Rückblende, sechs Jahre zuvor. Bei Sophie haben die Wehen eingesetzt. Weil die alte Mühle von Georg nicht anspringt, muss ein Taxi die beiden zur Klinik fahren. Der angehende Architekt ist freilich nicht der Vater des Kindes, sondern ein früheres Mitglied der Band des Erzeugers Ritchie, der sich nach Schottland abgesetzt hat. Schon bei der Fete, die Sophies beste Freundin Iris zum Abschluss der Stillzeit gibt, ist klar, dass Georg bereit ist, in die Rolle des Vaters zu schlüpfen.

Drei Jahre später. Georg singt Jakob, zu dessen Taufe auch Sophies Vater gekommen ist, übers Babyphone in den Schlaf. Die Beziehung kriselt: während Sophie mit Kollegen fetet, läuft Georg die Zeit davon, ein Abgabetermin für ein wichtiges architektonisches Projekt steht unmittelbar bevor. Zudem wäre es sein Wunsch gewesen, mit Sophie ein gemeinsames Kind zu haben. Dann wäre er ein ganzer Vater statt nur ein ganzer Mann und halber Vater. Zwei Jahre später. Georg hat Jakob adoptiert, ist sozusagen von Amts wegen ein richtiger Vater. Aber die Beziehung zu Sophie, die eingesteht, mit einem Kollegen geschlafen zu haben, steht vor dem Aus. Nun geht’s darum, wie man das gemeinsame Sorgerecht organisiert. Sophie, die nun mit einem alten Freund, dem in Frankfurt als Strafverteidiger tätigen Fred, zusammen ist, blockiert alle Versuche Georgs, „seinen“ Sohn zu sehen. Noch nicht einmal ein Handy darf Jakob annehmen, um wenigstens mit seinem Vater sprechen zu können. Sodass Georg nichts anderes übrig bleibt, als Jakob zu „entführen“, als Sophie unter der Dusche steht.

Ein Weihnachtsbäumchen ziert das weiträumige Säulen-Foyer des denkmalgeschützten, im Rahmen der Interbau 1957 entstandenen Gebäudes des französischen Architekten Pierre Vago. Der kalte Winter passt zur tristen Stimmung: Weil Jakob kein eigenes Zimmer in Georgs Wohnung hat, möchte er zurück ins Hansaviertel. Und haut ab, als es ihm 'mal wieder zuviel wird mit seinen ständig streitenden Eltern. Er flüchtet sich in ein Möbelhaus – und wird von der Polizei zurückgebracht. Für einen Moment scheint es, als habe die Sorge um den verschwundenen Jungen die Eltern wieder näher zusammengebracht. Drei Monate später. Fred und Sophie holen Georg und Jakob, der seinen Vater zu einem Projekt nach Rotterdam begleitet hat, vom Flughafen Tegel ab. Das Arrangement zwischen den Eltern scheint zu klappen, nur Fred braucht noch etwas Zeit, um die Liebe der anderen drei zum deutschen Schlager teilen zu können: „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“

In Miriam Blieses im Rahmen der Initiative Leuchtstoff produzierter Abschlussarbeit an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin spielt die Gegenwart im Winter, während es in den Rückblenden stets Sommer ist. Weshalb der am 25. Mai 2021 von der ARD erstausgestrahlte Film in zwei Etappen im Juli/August 2017 und im Januar/Februar 2018 gedreht worden ist. Nach dem Vorbild ihres Kurzfilms „An der Tür“, 2014 mit dem „Short Tiger“ Preis der Filmförderungsanstalt ausgezeichnet, zeichnet die 1978 in Wuppertal geborene, in Berlin und Paris aufgewachsene Regisseurin in ihrem recht lakonischen Langfilmdebüt das mosaikartige Porträt einer typischen Patchworkfamilie unserer Zeit – im kammerspielartig eng begrenzten Rahmen einer Ikone der Nachkriegsarchitektur.

Miriam Bliese im ARD-Presseheft: „Am Anfang stand die Lust, einen ganzen Film an einer einzigen Haustür zu erzählen. Ich wollte einen Zwischenraum zum Mittelpunkt des Geschehens machen. Sätze und Handlungen aufgreifen, die normalerweise am Rande stattfinden, und sie ins Zentrum rücken. Weil ich glaube, dass die Beiläufigkeiten des Lebens oft viel aufschlussreicher sind als die sogenannten 'großen Ereignisse'“. Als ironischer Kommentar zur ernsten, häufig deprimierenden Handlung zieht sich der deutsche Schlager von „Am Golf von Biskaya“ über „Anneliese“ bis „Liebeskummer lohnt sich nicht“ wie ein Roter Faden durch den Film. Die Tochter der getrennt lebenden Schauspieler Eleonore Weisgerber und Joachim Bliese im ARD-Presseheft: „Es geht um Herzschmerz, ewige Liebe und verzehrende Sehnsucht. Die Schlager (…) zitieren ein Idealbild von Liebe, das mit dem heutigen Liebesalltag herzlich wenig gemein hat, und das wir doch als Wunschvorstellung nie ganz loswerden“.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Dreharbeiten

    • 20.07.2017 - 05.02.2018: Berlin
Länge:
97 min
Format:
DCP 2K, 1:1,66
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 08.08.2019, 192129, ohne Altersbeschränkung / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 12.02.2019, Berlin, IFF - Perspektive Deutsches Kino;
Kinostart (DE): 22.08.2019

Titel

  • Originaltitel (DE) Die Einzelteile der Liebe
  • Arbeitstitel (DE) Liebeslied
  • Weiterer Titel (EN) The Components of Love

Fassungen

Original

Länge:
97 min
Format:
DCP 2K, 1:1,66
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 08.08.2019, 192129, ohne Altersbeschränkung / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 12.02.2019, Berlin, IFF - Perspektive Deutsches Kino;
Kinostart (DE): 22.08.2019