Summary
Max von Schwedenow, a forgotten poet of bygone times, brings together Menzel, a professor of literature, and Pötsch, a country teacher and hobby researcher. What could become friendship, quickly turns into rivalry, because Pötsch, who discovers in the poet von Schwedenow a vulnerable personality very much like himself, endangers Menzel's harmonious version of the end of this poet's life. Menzel, whose publication is about to be published, does not want to be disturbed by such theories of a little schoolmaster. Pötsch almost perishes from this dissent and gets entangled in chains of evidence whose uselessness he can no longer recognize.
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Alleiniges Thema bleibt Max von Schwedenow, und Menzel, der durch häufige Fernsehauftritte sogar im Dorfgasthaus kein Unbekannter ist, zeigt reges Interesse an den „Forschungen“ Pötschs, will er doch in nächster Zeit eine große Monographie über den vergessenen Dichter herausgeben unter dem Titel „Ein märkischer Jakobiner“. Schwedenow soll, rechtzeitig zur Feier des 165. Geburtstages, in das Bewusstsein der Bevölkerung – und in die Schulbücher – zurückkehren.
Was er vom Lehrer erfährt, elektrisiert den großen Meister: Pötsch behauptet, dass es sich bei dem – aus sozialistischer Sicht – fortschrittlichen Max von Schwedenow und dem konservativen, ja reaktionären Friedrich Wilhelm Maximilian Massow, der sich nach den Karlsbader Beschlüssen selbst als Mitarbeiter des preußischen „Oberzensurkollegiums“ betätigt hat, um dieselbe Person handelt. Also ein Jakobiner als Spitzel und Zensor: Roland Gräfs „Komödie“ lässt an Direktheit nichts zu wünschen übrig, Könnte Pötsch seine These belegen, wäre das 600 Seiten umfassende Buch Menzels noch vor Drucklegung Makulatur...
Menzel lässt sich nichts anmerken, gibt sich jovial und gönnerhaft-herablassend, lädt Pötsch zu sich nach Berlin ein. Und der Lehrer vergräbt sich in seine Archiv-Arbeit, sucht gleichzeitig nach dem Grab Schwedenows, wobei ihn seine Suche an eine neuralgische Stelle der Berliner Mauer führt, an die Bernauer Straße. Dort hatte das DDR-Regime nicht nur eine ganze Häuserzeile sprengen lassen, sondern auch eine Kirche (eine aus Lehm errichtete Kapelle erinnert heute unweit der Mauer-Gedenkstätte gegen diesen singulären barbarischen Akt).
Der Friedhof der Gemeinde befand sich unmittelbar am Grenzstreifen, weshalb dieser nur mit Sonderausweis und unter ständiger Bewachung durch NVA-Grenztruppen betreten werden konnte. Dass Roland Gräf eine solche Szene, Gesprächspartner Hermann Beyers ist übrigens Jaecki Schwarz in der Rolle eines NVA-Offiziers, durch die Zensur der SED-Ideologen schleusen konnte, ruft noch heute Erstaunen hervor. Denn das Bekenntnis des Lehrers gegenüber dem Soldaten, mit dem Mauerbau einverstanden zu sein, erfüllt nicht nur zwischen den Zeilen eine reine Alibifunktion.
Als Pötsch auf immer neue Indizien, die seine These untermauern, stößt, lädt ihn Menzel nach Berlin ein. Im Institut mangelt es nicht an mahnenden, Frau Dr. Eggenfels, rechte Hand des Professors und einzige weibliche Kraft vor Ort, und warnenden Stimmen vor der Rolle als Leibeigener des Professors, in die er sich freiwillig begebe - durch den stellvertretenden Institutsleiter Dr. Albin, vor allem aber durch den im Institut zynisch gewordenen Germanisten Dr. Bradtke.
Aber Pötsch will die Provinz hinter sich lassen, auch als „Zuarbeiter des Fronvogtes“ (Bradtke), will ans Institut, will mit Frau und Kindern nach Berlin ziehen. „Schön, schön“: Frau Unverloren, eine Mitarbeiterin am Institut und alleinerziehende Mutter, ist sogleich zum Wohnungstausch bereit, der dann am Ende nicht nötig sein wird: aus dem Traktoristen Fritz wird ein Taxifahrer, der die Familie in der Hauptstadt ergänzt. So weit zum heiteren Teil dieser „Komödie“.
Aber eines will Pötsch nicht: Sich vereinnahmen lassen. Weshalb er den Zwischenbericht seiner bisherigen Forschungen nicht nur Menzel zum Fünfzigsten auf den reich gedeckten Geburtstagstisch mit Bananen als Krönung der opulenten Tafel voller Bück- und Westwaren legt, sondern auch an eine DDR-Fachzeitschrift schickt sowie an einen Braunschweiger Professor zum Klassenfeind in den Westen, nachdem dieser ihm geholfen hat, letzte Lücken zu schließen.
„Intelligenz des platten Landes“: Als Menzel von Pötschs Unternehmungen erfährt, zeigt der Egozentriker sein wahres Gesicht: Der Gott duldet keine Götter neben sich, nur ein längst vereinbarter gemeinsamer Vortrag mit dem „Hobby-Historiker“ (Menzel) vor der Berliner Urania kann nicht mehr abgesagt werden. Schlichtungsversuche etwa von Frau Dr. Eggenfels, die extra nach Liepros herauskommt, fruchten nichts. Und dann erscheint auch noch der Braunschweiger Hochschullehrer in der Mark, bestärkt Pötsch in seiner Forschung – und lehnt eine Publizierung im Westen dennoch zu diesem Zeitpunkt ab: Pötsch fehle die „vorurteilsfreie Sicht“ auf die Karlsbader Zensur-Beschlüsse - womit Roland Gräf doch noch einigermaßen die Kurve hinbekommen hat.
Und dann das: Ernst Pötsch, der sich in seinen Märkischen Forschungen kein ideologisches Korsett aufzwingen lassen will, steigt aus, hängt seinen Lehrerberuf an den Nagel und gräbt nach dem fehlenden Stein zu seinem Mosaik. Kann im Arbeiter- und Bauernstaat nur ein Wahnsinniger, über den man sich im Dorfwirtshaus lustig macht, der in den Ruinen eines Waisenhauses aber immerhin Besuch des Berliner Wissenschaftlers Bradtke erhält, die Freiheit von Forschung und Lehre für sich reklamieren ?
Für eine „Komödie“ fehlt mir der ironische Unterton auch des kommentierenden Erzählers aus dem Off, die Leichtigkeit des über die in seinem Film verhandelten Dingen stehenden Regisseurs. Roland Gräf hat hochbrisante Hammer-Themen offen angesprochen, nicht wie sonst üblich mit feinen Verweisen und Anspielungen „zwischen den Zeilen“ verborgen. Er hat 1981 mit „Märkische Forschungen“ einen hochbrisanten politischen Gegenwartsfilm nach dem gleichnamigen Roman Günter de Bruyns, erschienen 1978 im Mitteldeutschen Verlag Halle/Saale, gedreht zu Tabuthemen wie Mauerbau, Stasi-Überwachung und ideologiebehafteter Forschung.
Pitt Herrmann