Der letzte schöne Tag

Deutschland 2011 TV-Spielfilm

Inhalt

Es ist das letzte Mal, dass sie Sybilles Stimme hören, doch das können Lars Langhoff und die beiden Kinder Maike und Piet nicht ahnen. Für sie ist es jeweils nur ein ganz normales Telefonat. Und so reagiert die zwölfjährige Maike mit gewohnt pubertärem Trotz auf den Anruf ihrer Mutter. Auch Lars und der sechsjährige Piet sind nicht ganz bei der Sache, als sie mit Sybille telefonieren. Später werden sie ein schlechtes Gewissen haben, doch was geschehen ist, ist nicht mehr rückgängig zu machen.

Sybille Langhoff hat sich das Leben genommen. Sie habe nicht länger gegen den Wunsch zu sterben ankämpfen können, hinterlässt sie in ihrem Abschiedsbrief. Lars und die Kinder sind wie paralysiert. Doch das Leben muss weitergehen, die Schule, der Job, der Haushalt, die ganz profanen Dinge. Trauer, Selbstvorwürfe, aber auch Wut auf Sybille sorgen für eine emotionale Gemengelage, auf die niemand vorbereitet ist. Für Lars und die Kinder wird das Leben nie mehr so sein, wie es einmal war. Weil Sybille es nicht mehr leben wollte. Und trotzdem muss es weitergehen ...

Quelle: Internationale Filmtage Hof 2011

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Es ist das letzte Mal, dass sie Sybilles Stimme hören, doch das können ihr Gatte Lars Langhoff („Wird spät heute, warte nicht mit dem Essen auf mich“) und die beiden Kinder Maike, die gerade mit einer Freundin Eis isst und sich ebenso gestört fühlt („Ist das ein Kontrollanruf?“) wie ihr jüngerer, sehr kurz angebundene Bruder Piet („Ist noch 'was, wir kicken gerade“), nicht ahnen.

Für sie ist es jeweils nur ein ganz normales Telefonat. Und so reagiert die vierzehnjährige Maike mit gewohnt pubertärem Trotz auf den Anruf ihrer Mutter. Auch der beruflich gestresste Kölner Landschaftsarchitekt Lars, der gerade die Bepflanzung eines Kinderspielplatzes mit Bäumen überwacht, und der siebenjährige Piet sind nicht ganz bei der Sache, als sie mit Sybille telefonieren. Die alle versorgt weiß für diesen Abend, an dem sie allein zu Hause sein und der ihr letzter werden wird.

Später, als Lars längst bei der Polizei eine Vermisstenanzeige aufgegeben hat, weil er auch am späteren Abend und in der Nacht nichts von seiner Gattin gehört hat, die er dann am anderen Morgen an ihrem Lieblingsplatz unter einem großen Baum im Königsforst vorfindet, tot und mit einer Injektionsnadel in der Hand, werden alle drei ein schlechtes Gewissen haben, doch was geschehen ist, kann nicht mehr gut gemacht werden.

Sybille Langhoff, 40-jährige Anästhesistin und zweifache Mutter, hat sich nach fünfzehn Ehejahren das Leben genommen. Weil sie die Folgen ihrer Depression daheim und in der Klinik, im hochsensiblen OP-Bereich, nicht länger verantworten konnte. Sybille hat sich in einem Abschiedsbrief für ihre Tat entschuldigt, wohl wissend, was jetzt auf ihre Familie zukommt. Deren Leben weiter gehen muss, in der Schule, in Lars' Job, um den es eh' nicht so gut bestellt ist, im Haushalt und in all' den anderen ganz profanen Dingen des Alltags.

Trauer, Selbstvorwürfe, aber auch Wut auf Sybille sorgen für eine emotionale Gemengelage, auf die niemand vorbereitet ist. Hätte er, Lars, nicht merken müssen, dass sich die Krankheit seiner Frau, die ihn am Morgen noch besonders zärtlich verabschiedete, verschlimmert hat in jüngster Zeit? Hätte sie, Maike, nicht freundlicher zu ihrer Mutter sein müssen – wenigstens an ihrem letzten Lebenstag? Und wie lange kann man vor Piet geheim halten, dass seine Mutter Selbstmord begangen hat?

Business as usual: Lars' Schwester Ruth hilft, wo sie nur kann. Sie ist es auch, die am Grab ein ergreifendes Gedicht vorträgt. Das von Mascha Kaleko stammt, der 1907 in Galizien geborenen und 1975 in Zürich verstorbenen jüdischen Autorin, die zur Bohème des Romanischen Cafés in Berlin gehörte, bevor sie 1938 mit ihrer Familie ins Exil gehen musste, dass sie nach New York und Jerusalem führte. Die vierbändige Gesamtausgabe ihrer Werke und Briefe ist just zur Erstausstrahlung am 18. Januar 2012 in der ARD im Deutschen Taschenbuch-Verlag erschienen.

Erst in diesem Augenblick ist es um die Selbstbeherrschung ihres Bruders geschehen: Lars bricht zusammen. Für Maike ist das ein Grund zur Beunruhigung: Hat ihre beste Freundin nicht gesagt, dass die Witwer, die am lautesten weinen, am schnellsten eine Neue haben? Und ist es nicht verdächtig, wie hilfsbereit und mitfühlend sich die freilich selbst verheiratete Nachbarin und Mutter eines Kindes, Petra, ihrem Vater gegenüber verhält?

Dennoch wählt Maike die Kleidung für ihre tote Mutter im Sarg aus in Erinnerung an die gemeinsame Suche nach einem entsprechenden Outfit für einen Elternabend in der Schule. Beim Beerdigungskaffee, der Pfarrer hat die Selbstmörderin christlich bestattet an einem Ort, der ganz den Wünschen der Toten entsprechend einem anonymen Friedwald ähnelt, was immer noch keine Selbstverständlichkeit ist hierzulande, zeigen sich Lars' Eltern von ihrer unsensibelsten Seite, so dass der unter dem großen Tisch lauschende Piet erfährt, was wirklich mit seiner Mutter geschehen ist.

Es gibt viel zu reden in der Familie Langhoff. Und Georg Mertens (Martin Armknecht), Lars' Partner im Architektürbüro, verschafft dem Alleinerziehenden den nötigen Freiraum dazu: Missverständnisse müssen aufgeklärt, Wahrheiten ausgesprochen, neue Verhaltensweisen eingeübt werden. Fest steht: Für Lars und die Kinder wird das Leben nie mehr so sein, wie es einmal war. Weil Sybille es nicht mehr leben wollte. Aber das Leben geht trotzdem weiter: Am Ende besprechen die drei verbliebenen Langhoffs den Anrufbeantworter daheim neu...

Zahlreiche bedeutende Preise wie die „Goldene Nymphe“ in Monte-Carlo 2012, der Deutsche Fernsehpreis 2012 für Wotan Wilke Möhring, selbst Vater zweier Kinder, und 2013 der Grimme-Preis der Kategorie Fiktion für Dorothee Schön, Johannes Fabrick und Möhring (stellvertretend für die Besetzung) sind der willkommene Lohn für eine Produktion, die ihre nachhaltige Wirkung beim Publikum ohne melodramatische Effekte erzielt. Im Gegenteil hält die Kamera reichlich Distanz zu den Protagonisten.

Dorothee Schön, die zwei Jahre zuvor für ihr Drehbuch zu Connie Walthers Fernsehfilm „Frau Böhm sagt Nein“ mit dem Grimme- und dem Ernst-Schneider-Preis ausgezeichnet worden ist, zeigt die Reaktionen der Familie und ihrer nächsten Angehörigen aus einer gewissen Distanz auf eine Tat, die nicht wie sonst im Genre Fernsehfilm üblich sogleich erklärt wird. Was wohl auch auf eigene Erfahrungen zurückzuführen ist: Die Autorin hat binnen weniger Jahre ihre Mutter und ihre Schwester jeweils durch Selbstmord verloren und weiß, dass es auf einen Suizid aus Lebensmüdigkeit keine plausiblen Antworten geben kann, und für die Hinterbliebenen schon gar nicht. Und so bekundet Lars abends beim Bier in der Kneipe auch seinen Freund Georg, dass er sich fragt, wer Sibylle wirklich war.

Pitt Herrmann

Credits

Drehbuch

Kamera

Darsteller

Produzent

Alle Credits

Regie-Assistenz

Script

Drehbuch

Kamera

Steadicam

Standfotos

Kamera-Bühne

Außenrequisite

Innenrequisite

Bühne

Kostüme

Ton-Design

Ton-Assistenz

Mischung

Casting

Darsteller

Produzent

Herstellungsleitung

Produktionsleitung

Dreharbeiten

    • 03.05.2011 - 02.06.2011
Länge:
89 min
Format:
HDCam, 16:9
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Aufführung:

Uraufführung (DE): 27.10.2011, Hof, Internationale Filmtage

Titel

  • Originaltitel (DE) Der letzte schöne Tag

Fassungen

Original

Länge:
89 min
Format:
HDCam, 16:9
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Aufführung:

Uraufführung (DE): 27.10.2011, Hof, Internationale Filmtage

Auszeichnungen

2013
  • Adolf-Grimme-Preis, Fiktion
Fernsehfilm-Festival Baden-Baden 2012
  • 3sat-Zuschauerpreis
Deutsche Fernsehpreis 2012
  • Bester Schauspieler