Wie füttert man einen Esel

DDR 1973/1974 Spielfilm

Inhalt

Fred, ein lässiger und charmanter Fernfahrer, kommt durch seinen Beruf viel herum – und so hat es sich ergeben, dass er entlang seiner üblichen Routen jede Menge Freundinnen hat, die ihm die freien Stunden versüßen. Als er bei einer Tour in Prag einen Unfall hat, durch den sein Beifahrer Orje außer Gefecht gesetzt wird, bringt ihn die schöne Ungarin Jana dazu, sie an Orjes Stelle als Beifahrerin einzusetzen. Jana müht sich nach Kräften, den anstrengenden Job gut auszufüllen, und je länger das ungleiche Duo gemeinsam unterwegs ist, desto stärker fühlt sie sich zu Fred hingezogen. Um ihn ganz für sich zu gewinnen, muss sie ihn nur noch dazu bringen, seinen zahllosen Geliebten endlich für immer den Rücken zu kehren. Das ist allerdings leichter gesagt als getan.


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Heinz17herne
Heinz17herne
Fred Stein ist nicht wirklich auf zwei Rädern daheim, auch wenn er zu seinem Arbeitgeber Intertrans radelt. Sein Zuhause ist die Fahrerkabine eines veritablen 28-Tonners tschechoslowakischer Herkunft. Mit dem Brummi kommt der überzeugte Junggeselle ganz schön 'rum – und hat wie ein Seemann in jedem Hafen eine andere Braut. Natürlich erkennt der Hallodri die junge Gattin seines Mitfahrers Orje bereits an ihren hübschen Beinen. Für zehn Tage geht’s nach Bulgarien, was den Familienvater so traurig macht wie Gattin Moni – und Fred eifrig in seinem kleinen roten Büchlein blättern lässt. Wobei es sich dabei nicht um die Mao-Bibel handelt, was bei einem Defa-Film auch politisch zu abwegig erscheint, von der Zensur ganz zu schweigen. Sondern um sein Adressenverzeichnis für die große weite Welt, in dem er voller Vorfreude blättert. Eine Welt ohne Berliner Mauer und Zonengrenzen-Stacheldraht, in die Roland Oehme die Zuschauer in seinem musikalischen Road Movie mitnimmt.

Fred und Orje nehmen unterwegs mit Zoltán einen ungarischen Philosophie-Studenten mit, der in den Semesterferien ans Schwarze Meer trampt. Er hat sich einen künstlichen Bart angeklebt, sieht wie ein jüngeres alter ego Karl Marx' aus: das hebt seiner Erfahrung nach die Chancen, von DDR-Touristen mitgenommen zu werden. Das seien nämlich die einzigen, die auf dieser Strecke unterwegs sind. Als der Skoda-Truck in Prag ein Transparent, das über eine Ausfallstraße gespannt werden soll, mitnimmt und Fred die Sicht versperrt ist, kommt es zu einem Unfall mit einem Kleinlaster – mit Folgen. Zum einen für Orje, der bei dem Aufprall seine kleine Mundharmonika verschluckt und, von der Polizei mit Blaulicht eskortiert, im Krankenhaus landet. Zum anderen für Jana, die völlig aufgelöste Fahrerin des Eiertransporters, dessen Fracht nun wortwörtlich den Bach herunterläuft. Die Tschechin erhält von Fred erste Hilfe und auch sonst viel Zuspruch – und lässt ihre Kontakte spielen, um neue Beifahrerin zu werden. Was nicht im Sinne des Deutschen ist, der bei einer Kollegin in der Kabine um seine Verabredungen fürchten muss. Aber sein Spezi Pepi steht nicht zur Verfügung, ist ebenfalls in der Klinik gelandet.

Schon bei der ersten „kleinen Verrichtung“ mit der Tschechin Eva gibt’s Stress: Ihren festen Entschluss, Fred zu heiraten, kann der eloquente Weiberheld noch umbiegen, aber als Jana ihren Beifahrer persönlich abholt, kann diese Adresse im roten Büchlein gestrichen werden. Bei der zweiten Station, einem ungarischen Hotel, kann Fred zunächst den jungen Zoltán aus den Fängen einer resoluten Düsseldorferin befreien, bevor er der attraktiven Rezeptionistin Vera zu Leibe rückt. Doch auch hier ist Schluss mit lustig, als Jana ins Bild rückt: „Du liquidierst mein Innenleben“ entrüstet sich Fred. Dem bald die Pfeife trotz des sehr aromatischen Amphora-Tabaks aus dem Exquisit nicht mehr schmeckt, denn Erzsi, die Tochter eines ungarischen Hufschmieds, ist frisch verheiratet und mit dem Gatten, Landesmeister der Sportschützen, nicht zu spaßen. Mehr als ein gutes Essen für einen alten Freund ist nicht drin – und dafür muss Jana schon alle (Schieß-) Künste aufbieten, um dem sich ihr gegenüber so bärbeißig gebenden Charmeur den Rücken freizuhalten.

Fred revanchiert sich, indem er Jana, die noch nie ein so langes Fahrzeug gesteuert hat, ans Steuer lässt: Um vier Stunden einzusparen geht es über einen schneebedeckten Gebirgspass, wobei es den schwindelerregenden Haarnadelkurven an jeglicher Sicherung etwa durch Leitplanken mangelt. Irgendwann erreicht auch die toughe Tschechin ihre Grenzen und steigt vom Bock: Fred hat ein Herz wie Stein. Das es dennoch zu erweichen gilt. Die passende Gelegenheit dazu eröffnet mit der schönen Bulgarin Angela ausgerechnet eine weitere Liebschaft Freds, als das Budapester Chemiekombinat ein großes Fest gibt zu Ehren der beiden Fernfahrer, welche ihre wichtige Ladung vorzeitig ans Ziel gebracht haben: zur Planübererfüllung gibt’s den traditionellen Kuss-Tanz. Und zum Abschied einen kleinen Esel. Bis Fred sein Adressbüchlein entsorgt, ist es freilich noch ein weiter Weg, und damit sind nicht nur die mehr als tausend Kilometer zurück gemeint. Erst muss der auch im Improvisieren versierte Mechaniker noch den 15. Hochzeitstag seiner Landsleute Otto-Ernst und Gerda Schuster (Rolf Hoppe und Christel Bodenstein) retten, Siebenbürger Sachsen aus dem Straßengraben ziehen und im Prunkbett des mittelalterlichen Schlosses, in dem Zoltáns Vater Museumsführer ist, übernachten…

Roland Oehme hat eine wunderbar leichte, den DDR- Sommerfilmtagen entsprechend ausgesprochen seichte Liebesgeschichte inszeniert. Wie schon ein Jahr zuvor in Herrmann Zschoches Film „Weite Straßen - Stille Liebe“ brilliert Manfred Krug in der Rolle eines Fernfahrers, der so schnell nichts anbrennen lässt. Eine Rolle, die ihm nach der Ausreise aus der DDR in Folge des Biermann-Skandals auch in der Bundesrepublik enorme Popularität einbrachte in der Serie „Auf Achse“. Was die naturgemäß sogleich vorhersehbare „Esel“-Geschichte zu einem durchaus frechen Roadmovie macht, sind die kleinen menschlichen Begebenheiten am Rande, in denen sich der DDR-Alltag in für einen Großteil seiner Bürger exotischer Ferne spiegelt. Und im Grenzbeamten gipfelt, der den ohne Begleitpapiere reisenden vierbeinigen Titelhelden flugs zum Zehn-Kilo-Proviant erklärt und samt Truck durchwinkt.

Wie im Sommerkino üblich gibt’s schöne Landschaftsaufnahmen und jede Menge Musik, für die hier Günther Fischer und Manfred Krug zuständig sind. Beliebte Rock-Bands der 1970er Jahre wie die Klaus Renft Combo, Viktor Sodoma und Shut up, Phönix, Impuls 73, Illés und Günther Fischer treten Open Air an Originalschauplätzen der Reiseroute auf, so auf der Prager Straße in Dresden oder der Fischerbastei hoch über Budapest. Eine Besonderheit: die zusammen mit den Filmstudios Barrandov Prag, Ma Budapest und Buftea Bukarest sowie dem Kino-Center Bulgarien entstandene musikalische Komödie ist am 20. März 1976 in der ARD erstausgestrahlt worden, das Fernsehen der DDR zog erst am 8. Oktober 1976 nach.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
2595 m, 95 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 27.06.1974, Schwerin, Freilichtbühne

Titel

  • Originaltitel (DD) Wie füttert man einen Esel

Fassungen

Original

Länge:
2595 m, 95 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 27.06.1974, Schwerin, Freilichtbühne