Bayerischer Filmpreis 2023 verliehen

Bei der 45. Verleihung des Bayerischen Filmpreises in München wurden am Freitag Abend in insgesamt elf Kategorien Filmschaffende mit dem begehrten "Pierrot" ausgezeichnet.

 

In der Kategorie Bester Film wurde Wiedemann & Berg Film  für "Girl Your Know It's True" ausgezeichnet (dotiert mit 100.000 Euro). Nominiert waren außerdem die Filme "Die Mittagsfrau" von Lucky Bird Pictures sowie "Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" von Giganten Film, die jeweils 50.000 Euro erhalten. Aus der Begründung der Jury: "[...] Milli Vanilli darf noch einmal auferstehen und die Disco-Pop-Bühne der späten achtziger Jahre betreten. Sie waren damals Auslöser einer der größten Welterfolge und zeitnah des größten Skandals der Musikgeschichte. [...] Diesen kometenhaften Aufstieg und Fall erzählt der Film "Girl You Know It’s True" in einer atemberaubenden Tour d‘Horizon der Disco-Pop Geschichte, bei der immer auch die dramatischen Akkorde mitschwingen.Schauspiel und Choreografie, Sound, Rhythmus, Szenenbild, Kamera und vieles mehr sind so perfekt aufeinander abgestimmt, dass wir Zuschauer in einen Sog voller Leidenschaft geraten. Hier wurde nichts dem Zufall überlassen, sondern eine komplexe und auch vielschichtig angelegte Geschichte auf allen Ebenen bis ins Detail durchdacht und vorbereitet. Diesen Film aus Deutschland heraus zu finanzieren ist eine Leistung, und dank seinem herausragenden Ensemble und Stab wurde ein geradezu perfekter Film daraus. Eine besondere Würdigung gebührt auch Simon Verhoeven, der für Drehbuch und Regie verantwortlich ist. Die Bayerische Filmpreis Jury war sich in diesem Jahr einig, der beste Film ist: "Girl You Know It’s True".

Der Preis des Ministerpräsidenten ging an Schauspielerin und Produzentin Veronica Ferres. Ministerpräsident Dr. Markus Söder: "Film und Ferres sind ein perfektes Match. Veronica Ferres steht wie keine andere für deutsche Top-Produktionen. Mit der Titelrolle in Sönke Wortmanns "Das Superweib" und als "Schneewittchen" in Dietls "Rossini" spielte sie sich in die Herzen von Millionen Kinobesuchern. Über 150 Kino- und Fernsehproduktionen mit Weltstars wie Nicolas Cage, Samuel L. Jackson und Pierce Brosnan sprechen für sich. Veronica Ferres lässt ihr Publikum mitleiden und mitlachen. Darüber hinaus entwickelt sie vom Filmstandort München aus als Produzentin seit vielen Jahren hochwertige Kino- und TV-Stoffe und engagiert sich auch für gesellschaftliche Projekte. Herzlichen Glückwunsch an eine große Schauspielerin und Filmemacherin." In der Begründung heisst es weiter: "Veronica Ferres beeindruckt als Schauspielerin, Produzentin und Persönlichkeit des öffentlichen Lebens gleichermaßen und ist eine unvergleichliche Botschafterin des Filmstandorts Bayern."

Den Preis in der Kategorie Family Entertainment (dotiert mit 10.000 Euro) ging an die megaherz GmbH für den Film "Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen". Aus der Begründung der Jury: "[...] Checker Tobias Krell und seine kongeniale Partnerin Marina Blanke entführen uns auf eine aufregende Schnitzeljagd rund um die Welt, um das Rätsel einer mysteriösen Schatzkiste zu lösen. In diesen äußerst unterhaltsamen Rahmen verpacken die Produzenten dringende ökologische Themen unserer Zeit. [...] Empathisch, wissenschaftlich fundiert und mit richtig großen Kinobildern ist "Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen" bestes Infotainment für die ganze Familie!

Den Preis als Beste Darstellerin (dotiert mit 10.000 Euro) erhielt Hannah Herzsprung für ihre Rolle in "15 Jahre". Aus der Begründung der Jury: "Auf den ersten Blick zart und zierlich, entwickelt Hannah Herzsprung vor laufender Kamera eine radikale Wut und Wucht, die das Publikum mal mitreißt, mal schockiert, aber auf jeden Fall für immer im Gedächtnis bleiben wird. Ihre Jenny trifft uns ungebremst voll ins Herz. Was in erster Linie an der schauspielerischen Tour de Force von Hannah Herzsprung liegt. Ihrer enormen Ausdruckskraft, ihrem intelligenten, fein ziselierten Spiel und ihrer wunderbaren emotionalen Wandlungsfähigkeit. Gerne mehr davon. Immer, immer wieder."

Der Preis als Bester Darsteller (dotiert mit 10.000 Euro) ging an Stefan Gorski für seine Rolle in "Ein ganzes Leben". Aus der Begründung der Jury: "Mit einem schier unzerstörbaren Lebenswillen ausgestattet durchleidet die Figur des Andreas Egger einen lebenslangen, entbehrungsreichen Passionsweg. Der gebürtige Wiener Stefan Gorski spielt diesen Schmerzensmann der Alpen mit vibrierender Intensität und einer enormen Wandlungsfähigkeit. Seine klug dosierte Kraft, Emotion und Leidenschaft lassen keinen Zuschauer und keine Zuschauerin im Kino unberührt."

Als Beste Nachwuchsdarstellerin (dotiert mit 10.000 Euro) wurde Bayan Layla für "Elaha" ausgezeichnet. Aus der Begründung der Jury: "Der Film Elaha von Milena Aboyan erzählt in starken Szenen von der Selbstfindung einer jungen Frau in unserer postmigrantischen Gesellschaft. [...] Mit großem Einfühlungsvermögen verleiht Bayan Layla der Figur sowohl Zerbrechlichkeit als auch eine stille Kraft. Ihre mutige und authentische Darstellung vermeidet jegliche Klischees und ermöglicht es dem Publikum, sich in ihre Situation einzufühlen. Mit dieser Hauptrolle, die sie noch während ihrer Studienzeit übernahm, hat sich Bayan Layla in die erste Liga der Nachwuchsdarstellerinnen gespielt."

Den Preis Bester Nachwuchsdarsteller teilen sich Tijan Njie und Elan Ben Ali (jeweils 5.000 Euro) für ihre Rollen als Disco-Pop Duo Milli Vanilli in "Girl Your Know It's True". Aus der Begründung der Jury: "Mit ihrer mitreißenden Leidenschaft, ihrer überspringenden Energie und ihrer berührenden Sensibilität erwecken sie das Disco-Pop Duo Milli Vanilli noch einmal zum Leben und nehmen ihr Publikum mit auf diese exzessive Abenteuerreise voller gigantischer Bühnenauftritte und in das schmerzhafte Eintauchen in die Abgründe des Showbusiness. [...] Glaubwürdig verkörperte Unsicherheiten am Anfang ihrer Karriere, ergreifende abhängige Nähe zueinander, innehaltende Momente der Nachdenklichkeit und Selbstreflexion oder eben die gigantische Bühnen-Performance: ihr Spiel zeigt mitreißend die faszinierende Bandbreite großer Schauspielkunst im Kino!"

Den Kamerapreis (dotiert mit 10.000 Euro) erhielt Daniel Gottschalk für "Home Sweet Home – Wo das Böse wohnt". Aus der Begründung der Jury: "Regisseur und Autor Thomas Sieben wagt nicht nur ein spannendes Genre-Experiment, sondern er lässt uns Marias Horror in einer einzigen Kamerafahrt in Echtzeit erleben. Ganz wesentlich liegt dies an Kameramann Daniel Gottschalk, der Marias Tortur hautnah und atmosphärisch als echten One-Shot-Film visuell inszeniert. [...] Daniel Gottschalk leistet knapp 90 Minuten Kamera-Hochleistungssport und lässt uns mindestens so atemlos zurück wie seine Hauptfigur."

Den Regiepreis (dotiert mit 10.000 Euro) erhielt Alireza Golafshan für den Film "Alles Fifty Fifty". Aus der Begründung der Jury: " [...] Alireza Golafshan inszeniert unaufdringlich und eindrücklich zugleich diese Geschichte von Trennung und Wiederzusammenkommen, von Konkurrenz und Gemeinsamkeit. [...] Schließlich vergisst Golafshan bei aller Komik nie, dass wir berührt sein wollen. Geschmeidig schafft er den Übergang von der Screwball-Komödie, in der die Worte hin- und hersausen wie der Ball auf dem Tennisplatz, zu einer leiseren Gangart."

Den Newcomer-Regiepreis (10.000 Euro) erhielt Aylin Tezel für "Falling into Place". Aus der Begründung der Jury: " [...] Aylin Tezel hat als Darstellerin eine ungewöhnlich ehrliche Hauptfigur erschaffen. Doch das ist bei weitem nicht alles. Sie hat das Drehbuch geschrieben, Regie geführt und den Film mitproduziert. [...] Mit sensibler Schauspielführung des großartigen Ensembles, einer präzisen Bildgestaltung und fast zauberhafter Lichtsetzung sowie dem feinen Zusammenspiel von Schnitt und Musik, ist Aylin Tezel ein beeindruckender Erstlingsfilm gelungen, der uns tief berührt hat."

Der Dokumentarfilmpreis (dotiert mit 10.000 Euro) ging in diesem Jahr an Steffi Niederzoll für "Sieben Winter in Teheran". Aus der Begründung der Jury: " In "Sieben Winter in Teheran" erzählt Steffi Niederzoll die tragische Geschichte der jungen Iranerin Reyhaneh Jabbari, die 2007 in Notwehr einen Mann erstach und dafür zum Tode verurteilt wurde. Der Film beleuchtet eine der tausenden Geschichten der #MeToo-Bewegung, die sich leider jeden Tag auf der ganzen Welt ereignen. Die Filmemacherin und ihr Team tauchen mit Hingabe in eine fremde Kultur und Sprache ein, um die Ungerechtigkeiten des iranischen Rechtssystems aufzudecken. Der Film fasziniert durch die geschickte Integration verschiedener Tonmaterialien, die sich gemeinsam mit der Visualisierung zu einem einzigartigen Gesamtkunstwerk vereinen. [...] "

Den Drehbuchpreis (dotiert mit 10.000 Euro) erhielt Martin Rauhaus für "Weißt du noch". Aus der Begründung der Jury: " Der Film "Weißt du noch", unter der Regie von Rainer Kaufmann, geschrieben von Martin Rauhaus, ist ein intensives Kammerspiel, das nur gut 24 Stunden im Leben von Marianne und Günter zeigt und dabei alles verhandelt, was ein Leben in einer typischen Familie in Deutschland ausmachen könnte. [...] Souverän arbeitet der Autor mit pointierten Dialogen und lässt uns somit intensiv in die Vielschichtigkeit der beiden Charaktere blicken. Seine Beobachtungen scheinen direkt aus dem Leben gegriffen und überzeugen durch eine hohe Intensität und Dichte, die einen in ihren Bann zieht."

Der Bayerische Filmpreis wird seit 1979 vergeben. Er zählt zu den renommiertesten und bestdotierten Auszeichnungen in der deutschen Filmbranche. Der Bayerische Filmpreis ist mit Preisgeldern von insgesamt 300.000 Euro dotiert und wird in insgesamt elf Kategorien auf Vorschlag einer elfköpfigen Fachjury vergeben. Für den "Besten Film" sind die Nominierungen mit jeweils 50.000 Euro dotiert, der Gewinnerfilm erhält ein Preisgeld in Höhe von 100.000 Euro.

Mitglieder der Jury 2023 sind: Dagmar Biller, Daniel Curio (Vorsitz), Kai Erfurt, Dorothee Erpenstein, Dr. Ulrike Frick, Prof. Dr. Barbara Gronau, Michael Hilscher, Narges Kalhor, Prof. Michaela Kezele, Prof. Bettina Reitz, Bettina Ricklefs.

Quelle und sämtliche Preisträger*innen und Jurybegründungen: www.bayern.de