Inhalt
Der 18-jährige Matti verliebt sich in die 16-jährige Ina, was sie kaum bemerkt. In der Tanzstunde kommen sich beide näher. Gegen die Widerstände der Eltern bleiben sie zusammen und verbringen in einem Bootshaus eine erste Nacht miteinander, für Ina ein zwiespältiges Erlebnis.
Als sich die Eltern der beiden auf dem Tanzstundenball treffen, begraben sie ihre Vorbehalte und denken stattdessen gleich ans Heiraten, was für Ina und Matti aber kein Thema ist. Für sie ist ihre erste Liebe nicht unbedingt die Liebe fürs Leben.
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Sie sind sich bereits zuvor in der Straßenbahn begegnet, jedenfalls ist Ina (nach ihrem furiosen Debüt mit „Für die Liebe noch zu mager“ bereits der zweite Defa-Hit für die großartige Simone von Zglinicki), das grazile, eher unscheinbare 16-jährige Mädchen, das sich schüchtern an der hinteren Waggontür an die Scheibe gedrückt hat, dem zwei Jahre älteren Matti sogleich aufgefallen. Und dann stehen sie sich plötzlich in der Tanzstunde gegenüber: die Jungs artig in Schlips und Kragen, aber mit durchaus „verwestlichter“ Haar-Matte, die Mädchen in aufreizenden Miniröcken. Aller Anfang ist schwer – bei der Herren-Wahl wie beim Tango. Nun ist es keineswegs so, dass Matti und Ina sich sogleich um den Hals gefallen sind – und auf dem Tanzparkett schon gar nicht, da hat der Lehrer nachhelfen müssen in seiner harten, aber herzlichen Art: „Ich bin manchmal komisch“ entschuldigt sich Ina, als sie pflichtgemäß von Matti bis vor die Haustür geleitet wird. Wo sie ihn noch vor der nächsten Tanzstunde auf dem Fahrrad wartend vorfindet: Steigt er ihr etwa nach? „Was soll ich von dir schon wollen!“ wiegelt er ab. Doch Coolness ist nicht seine Stärke – und ihre offenbar auch nicht: Ina isst nicht richtig und ist überhaupt nicht gut drauf, was ihrer Mutter Ilse natürlich nicht verborgen bleibt. „Bist du verliebt?“
Ganz und gar nicht! Und dennoch ist es wohl kein Zufall, dass sich die beiden am Schweriner Schloss beim Sonntagsspaziergang treffen. Und bald wieder in der Tanzstunde: „Meine Herren, Sie haben keine Einkaufstüten im Arm.“ Muss Herbert Köfer, am 17. Februar 2021 hundert Jahre alt geworden und damit der älteste noch berufstätige Schauspieler der Welt, zumindest Ina und Matti nicht beibringen, obwohl sie alles tun, ihre wachsende gegenseitige Zuneigung zu verbergen – auch voreinander. Zumal die Schule mit geradezu grotesken ideologischen Verbiegungen im Literaturkundeunterricht fordert und die – selbstredend rein freiwilligen – gesellschaftlichen Verpflichtungen beim GST-Wehrsport (Gesellschaft für Sport und Technik) oder der JP-Betreuung durch ältere FDJ-Blauhemden (Junge Pioniere/Freie Deutsche Jugend) den Rest freier Zeit schlucken. Andererseits bieten diese staatlich geförderten Freizeitaktivitäten neben dem rasch abgehakten politisch-ideologischen Pflichtprogramm einen enormen Freiraum, in dem sich die Heranwachsenden unter Gleichaltrigen austoben können. Was beim sommerlichen LPG-Ferieneinsatz (Landwirtschaftliche Produktions-Genossenschaft) wörtlich genommen werden kann: der irre Duft von frischem Heu hat schon manche glückliche Ehe geschmiedet. Weshalb Mutter Ilse einiges dagegen hat, dass daheim „die Mäuse tanzen“, während sie auf Schicht ist: Sie verweist Matti kurzerhand der Wohnung. Vom FDJ-Arbeitseinsatz in Gottes freier Natur ganz zu schweigen, bei dem ihre Kleine den großen Jungen begleiten will: Daraus wird nichts, zumal sich Ina schon zur JP-Betreuung am Ostsee-Strand verpflichtet hat.
Prompt trifft Matti auf eine junge Landfrau (Angelika Perdelwitz), die genau weiß, was sie will – und vor allem wen. Aber auch Matti weiß, wen er will. Und kennt nach der Rückkehr in den (Schul-) Alltag auch ein romantisches Liebesnest: irgendwann ist 'halt das erste Mal, und nur dabei tuts ein bisschen weh. Danach geht alles wie von selbst, hier im abgelegenen Bootshaus und draußen am See – und endlich auch in demselben. Wenn‘s beim Tanzen so prächtig harmoniert, klappts auch beim Schwimmen – das muss Ina freilich erst noch lernen. Dann kommt der Tag des Tanzstundenballs. Ilse und ihr Gatte Albert, der die ganze Sache eh' viel lockerer gesehen hat von Anfang an, treffen erstmals auf Mattis Eltern, bei denen es umgekehrt war: Sie hatte nichts gegen das Madel, auch wenn es erst 16 Jahre jung ist, er dagegen große Angst vor der aus seiner Sicht viel zu frühen Vaterschaft seines unreifen Sprösslings. Und das in der aufgeklärten DDR! Das Quartett der „Alten“ versteht sich nach der zweiten Flasche Lindenblättriger prächtig und schmiedet sogleich ganz konkrete Zukunftspläne für ihre Kinder. Naturgemäß über deren Köpfe hinweg, weshalb diese das ganz gelassen sehen: Ina und Matti lieben sich, wollen zusammenbleiben, jetzt, in diesem Moment. Aber für ewig? Kinder, Küche, Kaderabteilung? Auf sowas wollen sich beide jedenfalls jetzt noch nicht festlegen...
Gisela Steineckert und Rainer Simon schrieben zusammen mit dem Dramatiker Ulrich Plenzdorf („Die neuen Leiden des jungen W.“, „Die Legende von Paul und Paula“) das Drehbuch zu dieser viel beachteten, aber nach der Premiere im Rahmen der DDR-Sommerfilmtage (Anlaufdatum 12. Juli 1974) nicht so erfolgreichen Defa-Produktion wie etwa „Für die Liebe noch zu mager“. Herrmann Zschoche hat einmal mehr einen Film gedreht, in dem an Hand von vielen kleinen, authentischen Details aus dem durchaus kritisch gesehenen Alltag der DDR das Bild einer nonkonformistischen Jugendkultur entsteht. Die jungen Leute haben sich nicht immer freiwillig öffentlich engagiert und sich dabei zwangsweise auch mit dem SED-Regime arrangiert, sich aber sehr wohl immer wieder den Zwängen von Partei und Staat zu entziehen gewusst. „Liebe mit 16“ ist am 24. Februar 1976 vom Fernsehen der DDR erstausgestrahlt und bereits wenig später, am 13. März 1976, auch in der bundesdeutschen ARD gezeigt worden.
Pitt Herrmann