Meine Frau Inge und meine Frau Schmidt

DDR 1984/1985 Spielfilm

Die Liebe – keine Himmelsmacht?



Margit Voss, Film und Fernsehen, Berlin/DDR, Nr. 3, 1985

(…) Ein derartiges Denkspiel hat Joachim Brehmer vorgegeben mit "Meine Frau Inge und meine Frau Schmidt", ein Hörspiel, das der Rundfunk 1976 gesendet hat und der Reclam Verlag 1982, zusammen mit vierzehn anderen, unter dem Titel "Brot und Salz" herausgab. Man fühlt sich an Arthur Schnitzlers "Reigen" erinnert, in dem eine andere Gesellschaft charakterisiert wird, sieht jedoch deutlich den realen Hintergrund: Alltagserscheinungen bei uns, wo häufiger Partnerwechsel sich verändernde Beziehungen von Mann und Frau signalisiert. Brehmer hat dieses Problem auf liebenswerte Weise zu Ende gedacht. Die Lektüre des Hörspiels gibt einem den Schlüssel in die Hand, um der Irritationen, die der Film beim Zuschauer auslöst, Herr zu werden. Denn zum Schluß fragt man sich, was und wer wird hier angegriffen, der Mann, die "emanzipierten" Frauen oder die Spießer, die weitherzige Beziehungen nicht verstehen?

Brehmer siedelte die Verwirrungen der Liebe zwischen Karl, Inge und Brigitte in der Traumebene an, ließ also von vornherein alles in der Schwebe, um jenen Grundton zu finden, in dem das Ungefähre dominiert. Karl hat bei ihm ein einschneidendes Erlebnis gehabt (…).

Das Denkmodell als "reales" Märchen zu erzählen, gelang dem Autor auf diese Weise vorzüglich. Dem Leser (Hörer) ist genügend Raum gegeben, die gedankliche Konstruktion mitzuvollziehen, den rationalen Kern herauszuschmecken und darüber hinaus Spaß an der spielerischen Leichtigkeit zu gewinnen, mit der dies nicht unwichtige Problem behandelt wird.
Die Metamorphosen, die diese literarische Vorlage bis zum Drehbuch und schließlich in der szenischen Realisierung durchlaufen hat, sind dem Film nicht gut bekommen. Roland Oehme entschloß sich, die durchgängi­ge Traumebene nicht zu über­nehmen, sondern die Fabel als Realhandlung zu erzählen, die lediglich durch Traumsequenzen gebrochen ist. Er ging damit das Risiko des fortwährenden stilistischen Wechsels ein, der ohnehin schwer zu bewältigen ist, hier aber zu vielerlei Brüchen geführt hat. Gleichzeitig nahm er die Beschädigung der Figuren und ihrer Integrität in Kauf.



In seinen (Angst)-Träumen kann Karl von Frau Inge zu Frau Schmidt eilen, munter, Problem- und skrupellos. Frau Inge und Frau Schmidt können ihrerseits ihm gemeinsam entgegentreten, ohne daß begründet werden muß, wo, wie und wann sie sich auf welcher Ebene geeinigt haben, den Mann zu teilen, übernimmt man, wie im vorliegenden Fall, diese Verkürzungen ungeniert, bleiben in der Realebene Fragen offen. Da muß man einfach anders, ja, genauer erzählen. Die leisen Veränderungen in den Zweier- und Dreierbeziehungen, die Umschwünge zwischen Mann und Frau, dem Mann und der Geliebten sowie den Frauen untereinander können nicht ausgespart werden. Das ist jedoch schon in der Drehbuchphase geschehen. Hinzu kommt eine unsägliche Vergröberung aller Vorgänge in der Inszenierung und die völlige Abstinenz von Sinnlichkeit. Wenn Karl Lehmann in der Krankenschwester Brigitte nicht mehr die hilfreiche, graumausige Kollegin sieht, sondern die Geliebte entdeckt, sollte sich zwangsläufig Liebe in der Szene ereignen. Was Regisseur Roland Oehme zu diesem Thema einfällt, ist von erschreckender Dürftigkeit. Da wird weibliche Nacktheit in der Haltung eines Homunkulus dargeboten, die frei von aller Erotik ist. Rosen, in eine Türfüllung gesteckt, mögen als äußeres Indiz reizvoll sein. Aber Partnerbeziehungen müssen sich zwischen Partnern herstellen. Und diese Umschwünge werden im Film nicht erzählt.

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