Meine Frau Inge und meine Frau Schmidt

DDR 1984/1985 Spielfilm

Prognose: Liebe zu dritt?




Günter Agde, Filmspiegel, Berlin/DDR, Nr. 6, 1985

Unermüdlich versucht Roland Oehme DEFA-Filmlustspiele zu machen, wohl wissend, daß das Publikum dankbar und empfänglich fast alles Lustige auf der Leinwand entgegennimmt. Aber Komisches zu machen, scheint auch objektiv schwerer zu werden, da häufig der pragmatische Alltag dem souveränen Umgang mit Widersprüchen (der grad für Komisches unerläßlich ist) merkliche Grenzen setzt. Das schimmert auch durch Oehmes neuen Film, den er nach dem gleichnamigen Hörspiel von Joachim Brehmer schrieb und inszenierte, deutlich durch.

Wie schon in früheren Filmen ("Einfach Blumen aufs Dach", "Asta, mein Engelchen") ist der Grundeinfall prächtig und recht für eine Komödie (oder ein Lustspiel?) geeignet: ein junger Mann, gutaussehend, tüchtig und patent, wie die Berliner sagen, liebt seine Frau und liebt noch eine weitere Frau. Die drei mögen sich so sehr, daß sie gut und lebenslustig miteinander auskommen. Und beide Frauen bekommen fast gleichzeitig Kinder von ihm.

Der Film zeigt diese Mixtur zu dritt als unbefangene und fröhliche Normalität zwischen den Beteiligten, die nur durch Verabredungen geordnet zu werden braucht.

Der Grundeinfall macht mit gelassener Selbstverständlichkeit öffentlich, was sich – folgt man den Statistiken der Ursachen für Ehescheidungen – landesweit, aber verdeckt an Dreierbeziehungen entwickelt. Insofern ist der Film realistisch, zugleich aberein Märchen, eine Utopie, denn dieser heiter-souveräne Vorschlag zur Regelung einer Dreierbeziehung entspricht so gar nicht den derzeitigen gesellschaftlichen Normen und Konventionen. Sehr deutlich und plastisch zeigt der Film, wie die zeitgenössische Umwelt – sprich: das kleine Städtchen, in dem Karl und seine beiden Frauen leben – auf ihre "Verhältnisse" reagiert. "(Er bezieht von dort auch begreiflicherweise einen Großteil seiner Komik.) Ich kann mir gut vorstellen, daß mancher Zuschauer ähnlich reagiert wie die Nachbarn und Mitbürger der Drei, obwohl Oehme geschickt um Sympathie für diesen kühnen Vorgriff wirbt, den die Drei – bis zur ebenso kühnen Auflösung – praktizieren. Hier wird der eingangs genannte Widerspruch recht handgreiflich, zumal die moralische Beurteilung rasch zur gesellschaftlichen Verurteilung geraten kann.




Die provokative Aufforderung des Films zur Diskussion erinnert mich an Slatan Dudows ebenso gemeinten, zugespitzten Vorschlag, anläßlich von "Frauenschicksale" (1952) über die beginnende Gleichberechtigung der Frau gemeinsam und öffentlich nachzudenken. Und mir gefällt auch, daß nach der Fülle von Frauenfiguren in diversen DEFA-Filmen der letzten Jahre nun der Blickwinkel geöffnet wird zu weiterer, neuerlicher, ganz sicher vorauseilender, utopischer Sicht auf Beziehungen von Menschen zueinander unter neuen gesellschaftlichen Bedingungen, an deren Anfang wir erst stehen und deren Fortgang und Ende wir derzeit konkret noch nicht absehen können. Kein anderer als Friedrich Engels maß den gesellschaftlichen Fortschritt am Verhältnis zur Frau, und kein anderer als ebenderselbe Engels meinte auch, daß sich künftige Generationen die moralischen Normen und Regeln ihres Zusammenlebens selbst wählen und schaffen werden. Der Film lädt auch ein, in solche Richtung zu denken und zu träumen. So sehr ich mit dem Grundgedanken des Films sympathisiere, so sehr bedaure ich, daß er weithin bieder und selbstgenügsam in der Ausführung bleibt, recht betulich in der Erzählweise, ziemlich unentschieden zwischen Märchen, Lustspiel und Komödie pendelt. Die handwerkliche Solidität, über die Oehme ohne Zweifel verfügt, reift nicht zu Hochglanz und Brillanz: Pointen verkleckern, Gags wiederholen sich, auch Längen finden sich. (…)

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