Die Drei von der Tankstelle

Deutschland 1930 Spielfilm

Die Drei von der Tankstelle


ps., Lichtbild-Bühne, Nr. 222, 16.9.1930


Eine Tonfilm-Operette, konsequent auf Gesang und Tanz gestellt. Konsequenter als alles, was bis heute zu sehen war. Man darf durchaus von einem neuen Film-Typ sprechen. Der Mut Wilhelm Thieles, einmal bis dato (im Film) unbetretene Pfade zu wandeln, verdient Notierung. Der rauschende Beifall der gestrigen Premiere beweist, daß er den Geschmack des Publikums getroffen hat.

Was geht vor? Nicht allzuviel. Nicht mehr als in jeder besseren Operette. Ein paar harmlose Mißverständnisse bewegen das Spiel. Das entscheidende sind Rhythmus, Schwung und Tempo.

Drei sympathische, lustige Burschen haben ihr Geld vertan. Oder verloren. Es ist eben alle geworden. Was tun? Mit dem Erlös aus ihrem letzten Wert-Objekt – ihrem Wagen – errichten sie ... nun ? ... eine Tankstelle. Irgendwo draußen vor den Toren der Stadt.

Die Situation ist geschaffen, in der ein kleines Fräulein Unheil, Verwirrung und Trubel stiften kann. (...)

Lilian Harvey sieht entzückend aus. Entzückender denn je. Tanzt, singt, ist mit übermütigster Laune bei der Sache.

Fritsch, Karlweis und Rühmann sind die drei. Karlweis schnoddrig-sympathisch, Heinz Rühmann trocken-komisch und Willy eine Augenweide für Backfische.

Kampers ist der Papa. Olga Tschechowa – sanft karikierend die Grand-Dame mit der Erfahrung in Herzenssachen.

Großartig wieder Gerron. Nicht vergessen auch Gertrud Wolle und Bressart. (...)

Schon in dem kurzen musikalischen Vorspiel bringt der Komponist W. R. Heymann eine Überraschung. Er führt die chromatische Martin-Trompete, auch Schalmei genannt, in die Tonfilmmusik und damit in die Unterhaltungsmusik überhaupt ein. Die Kapellen werden nun rasch die Grifftabelle dieses Instruments studieren müssen.

Mit diesem ersten diatonischen Akkord, der so leicht und ein wenig karikiert das Ohr aufhorchen lässt, ist auch der Grundzug für das Spiel festgelegt, das mit Unrecht Tonfilm-Operette betitelt ist, es sei denn, daß nunmehr die Operettendichter dieses gelungene Ergebnis einer entschlossenen Abkehr vom verbrauchten Operettenstil benützen wollen. Sie werden es bestimmt tun. Die sentimental ausklingenden Finali sind nur angedeutet, Musik, Tanz und alle sonstigen Bestandteile, alle Kennzeichen für die Physiognomie auch einer tonfilmisch dargestellten Operette sind in die Entwicklung der Handlung, keineswegs in die Charaktere oder gar in die Abschnitte verlegt. Eben nach Art und Bedeutsamkeit der Veränderungen, und diese Veränderungen gleichzeitig begründend. Der Zuschauer erhält so in jedem Augenblick etwas Fertiges, Abgerundetes, daß selbst in bewußt herausgearbeiteten Ensembleszenen niemals die fließende Entwicklung abschneidet. Einen wichtigen Anteil an dem Erfolg hat der Textdichter Robert Gilbert, dessen Gesangstexte zu einem großen Teil den Dialog nicht bloß verbinden, sondern ihn beleben, ihn einleiten, fortsetzen, überbrücken. Immer in Unterordnung an die Musik, deren unsentimentaler, beschwingter und melodischer Charakter auch ein kultiviertes Ohr zufriedenstellt. Von den vier Nummern wird z. B. "Erst kommt ein großes Fragezeichen" nochmals in der Szene zwischen Dr. Kalmus und seiner Privatsekretärin so lustig und fein parodiert, wie sich der Komponist zum Schluß auch noch in und mit dem Liede "Du bist das süßeste Mädel der Welt" persifliert (...)

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