Die Drei von der Tankstelle

Deutschland 1930 Spielfilm

Die Drei von der Tankstelle


E. J. (= Ernst Jäger), Film-Kurier, Nr. 219, 16.9.1930


(...) Sonst singen kostümierte Chöre – jetzt hüpfen die Schwerarbeiter dahin, die Barmixer gruppieren sich, der seriöse Rechtsanwalt erledigt seine Post im Chanson – das will alles sagen, seht doch genauer hin: Alle ihr blutig Ernsten im armen Leben von heute tragt ja auch Kostüm, werft"s doch ab, seid so unbedenklich wie die drei lustigen Brüder von der Tankstelle, ob ihr nun den Frack oder die Bettlerkluft auf eurem Leibe tragt, es ist doch immer der Leib darunter, der tanzen soll, der springen soll. (...)

Oberstes Schaffensprinzip für diesen Film: Die harte, schwere Technik des Tonfilms mit Laune zum luftigsten Unwirklichkeitsgebilde zu formen. Die Pommer-Produktion besiegte diesmal die Technik völlig. Keine wunde Stelle, kein Tonfilmkratzer, kein Sprüngchen. Ein Conzertino von eineinhalb Stunden, eine Darstellungssuite von frischer Durchdrungenheit ist geschaffen.

Neben dem "Woher" der Gesinnung ist alles auf das "Wie" der Durchführung gestellt. "Handlung?" "Dort wo das Leben heiter ist, besteht es aus Episoden. So auch im Spiel."

"Darum seid gegenwärtig. Schauspieler, darum füllt jede Minute mit dem Etwas der Musik, Komponisten – so wird die unmittelbarste Wirkung entstehen", unmittelbarer, als wenn Franz Schulz und Willy Frank ein sauber durchkonstruiertes Schablonen-Lustspiel geschrieben hätten. Der Schablone wollte man gern den Rücken kehren und so ist die komische Alte, der kugelige Komiker aus diesem Film ganz verschwunden. Er zeigt nur, was die Drei von der Tankstelle, die fast zur Tanzstelle wird, vor die Augen bekommen und die sechs dahinflitzenden Füße.

Drei Freunde und ein Mädel – daß der Willy die Lilian kriegt, das ist ja nun schon standesamtlich (aber darauf kommt"s nicht so an), was die zwei Freunde dazu sagen, der Papa und eine fesche Stiefmama in spe, darauf blickt man, das wird entwickelt. (...)

Da trifft Witz und Können aller überwältigend zusammen. Jeder Takt sprühend, treibend. Der Illustrator Werner R. Heymann, der dann am schöpferischsten wirkt, wenn er seine eigenen Einfälle auswerten und steigern kann und die Linie seiner Schlager parodistisch umbiegt – ein expressives Lied und der flotte Freundschaftsmarsch sind darunter, die bestimmt populär werden, oder vielleicht werden sogar alle vier Stücke die große Runde machen, herzlichen Glückwunsch dafür.

Wilhelm Thiele, der Inszenator. Frei von jeder Regiepedanterie, ausgeklügelte Führung und doch stets voller Antrieb, ideal angepaßt dem Streben der Gesamtkomposition, jede Sekunde des Filmablaufs in Bewegtheit aufzulösen. So empfindet man trotz der starken Verwendung des Gesanges kaum Retardierungen. Wichtiger Helfer: Der Tanzmeister, Heinz Lingen, der ganz entzückende Arrangements getroffen und für die Lockerung der Schauspielerauftritte sicher viel beigetragen hat.

Die Darsteller, das jugendliche Trio, Fritsch, Karlweis, Rühmann hat bei einer so außerordentlich sorgfältigen Produktion leichten Sieg, dafür aber um so strahlenderen. Fritsch, der Männliche, Rühmann, der Kindliche, setzten ihren ganzen persönlichen Charme ein, dazu Karlweis als Dritter im Bunde, mehr Hintergrund für die beiden kräftigeren Profile. Die drei Tankjungens werden sicher populär werden, ihr Frohsinn wirkt ansteckend.

Auch Lilian Harvey darf endlich wieder ihre tänzerische Ausgelassenheit spielen lassen. Am bestrickendsten – von Franz Planer porträtlieblich, photokünstlerisch aufgenommen – wenn sie tanzt und mimt. Aber auch das Sprachliche und selbst der Gesang glücken ihr schon recht anmutig.

Im Ensemble Kurt Gerron mit ein paar gutsitzenden Szenen, Fritz Kampers, Olga Tschechowa, gutmütig, gutwillig im Hintergrund. (...)

Niveaubewußter Film, gekonnter Film – brausender Beifall des Publikums als Dank – nachdem man einen Abend über so lustig getankt – die frische Luft der heiteren Stimmung, das Benzin des Humors, auch ein Quäntchen Harvey-Öl für empfindsamere Seelen.

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