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Dokumentarfilm anlässlich seines 70. Geburtstags über das Leben und die künstlerische Arbeit von Helge Schneider, der als Entertainer, Musiker, Autor und Regisseur tätig ist. Schneider selbst und sein langjähriger Bandkollege, der Gitarrist Sandro Giampietro präsentieren in einer ungewöhnlichen Collage die verschiedenen Aspekte von Schneiders außergewöhnlicher Laufbahn zwischen Komik und Jazz. Der Film kombiniert aktuelles Filmmaterial mit Archivaufnahmen in Super 8 und VHS, inszenierten Szenen, Fotografien sowie eigens produzierten Musiksequenzen. Live-Auftritte wechseln sich mit kurzen Kommentaren von Helge Schneider ab, wobei die Musik als zentrales Element stets präsent bleibt. Auf Interviews mit Dritten wird bis auf wenige Ausnahmen bewusst verzichtet. Der Film wechselt zwischen öffentlicher Bühnenfigur und privaten Momenten, etwa bei Aufnahmen am Wohnort in Südspanien. Dabei wird auch Schneiders Verhältnis zur eigenen Biografie thematisiert, in einem bewussten Spiel mit Realität und Fiktion.
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Im Vorfeld seines 70. Geburtstages – und naturgemäß höchst uneigennützig parallel zu seiner großen Deutschland-Tournee – hat Helge Schneider zusammen mit seinem langjährigen Bandkollegen, dem Gitarristen Sandro Giampietro, der hier als Ko-Autor, Ko-Regisseur und Kameramann fungiert, sein Leben als Patchwork zu einem bunten Filmabenteuer zusammengestellt, das vor allem seiner Fangemeinde, aber auch dem vom „Katzenklo“ noch unbeleckten Kinogänger interessante Einblicke in sein Leben einschließlich bisher unveröffentlichter privater Bilder gewährt.
Der nach eigenen Angaben „musikalische Clown und Jazzmusiker der Neuzeit“, der in Wirklichkeit ein herausragend-spontaner Improvisateur, dabei aber auch ein ernstzunehmender Musiker, Autor und Regisseur ist, inszeniert seine Biographie zwischen Wahrheit und Wahnwitz mit ab und zu eingeworfenen historischen Schwarzweiß-Originalaufnahmen aus seiner Mülheimer Kindheit in Super 8 oder VHS, mit gespielten Sketchen sowie neu für den Film produzierten Musiksequenzen und Reality-Fotos.
Man glaubt diesem stets verschmitzt lächelnden Multi-Künstler aufs Wort, wenn er den Schweizer Clown Grock (1880 – 1959), das war der mehrsprachige Instrumental-Virtuose mit den riesigen Schlappschuhen, der Schlabberhose und der winzigen Geige, als sein großes Vorbild seit frühen Kindertagen bezeichnet. Damit enden aber auch schon die Gewissheiten der Aussagen eines im besten Sinne bunten Hundes, der sich gleich in den ersten Minuten in Udo Jürgens-Manier mit einem Strauß roter Rosen auf einen Flügel legt. Was natürlich auf sein schräg-schmalziges Liebeslied „Hunderttausend Rosen schick ich dir, und dafür bleibst du bei mir“ aus dem Jahr 1989 anspielt, das sich längst zum Evergreen entwickelt hat.
Fast im gleichen Atemzug aber bekennt Helge Schneider, seinen Bauch als Resonanzkörper nutzend: „Ich hatte das Zeug zum Polit-Barden.“ Nur sehr kurze Schnipsel von Live-Auftritten in gewohnt exaltiertem Outfit (Einstecktuch, Krawatte, bequeme Schuhe) wechseln mit eigens für diesen Film produzierten Clips ab, unterlegt nur mit knappen Statements eines Künstlers, der für sein Ego keine ihn preisenden Talking Heads benötigt, sondern lieber mit seinem Freund Peter Kraus im Cabrio im sonnigen Süden herumkurvt. Oder seinen intellektuellen Gesprächspartner Alexander Kluge („Wir sind wie Brüder“) in dessen Münchner Wohnung besucht. Kleine private Einblicke gewährt Helge Schneider nur in seinem iberischen Domizil.
„Ich wollte mal aufzeigen, wie es wirklich hinter den Kulissen der künstlerischen Arbeit aussieht und hatte mich von vielen in der Vergangenheit produzierten Formaten über mich nicht wirklich verstanden gefühlt“, so Helge Schneider im Filmwelt-Presseheft. Man bekommt immerhin einen Eindruck von der Besessenheit eines Künstlers, der für Studio-Aufnahmen alle Instrumente selbst spielt und die Aufnahmen am Pult anschließend auch noch selber mischt. Um Kulissen geht es nur indirekt bei Helge Schneiders Lobgesang auf seinen „Chef-Roadie seit Ur-Zeiten“ Erwin Klemke.
„Die wirklich wahren Geschichten klingen immer wie ein phantastischer Traum“: „The Klimperclown“ ist ein spannender Hybrid aus Dokumentation und Spielszenen über einen der unkonventionellsten Künstler unserer Zeit, der in einem pirandellesken Spiel mit der Wirklichkeit auch Helge Schneiders ambivalentes Verhältnis zur eigenen Biografie offenbart. Erstaunlicherweise wurde diese auch selbstironische Mockumentary schon sehr kurz nach dem Kinostart erstausgestrahlt – am 20. August 2025 in der ARD, zehn Tage vor Helge Schneiders rundem Geburtstag.
Pitt Herrmann