Stammheim

BR Deutschland 1985/1986 Spielfilm

filmportal.de TV-Tipp zu "Stammheim"

Anässlich der Ausstrahlung auf ARTE, 2007

Der so genannte "Deutsche Herbst" von 1977 ist jetzt, 30 Jahre danach, wieder ein wichtiges Thema in allen Medien, und die teils hitzigen Debatten der vergangenen Monate über die Freilassung von inhaftierten RAF-Mitgliedern zeigen, wie brisant dieses Kapitel jüngerer deutscher Geschichte immer noch ist.

Der Regisseur Reinhard Hauff hat sich 1985 dem Vorspiel des Deutschen Herbstes gewidmet, dem Prozess gegen die "Rädelsführer" der Rote Armee Fraktion Baader, Meinhof, Ensslin und Raspe im Hochsicherheitstrakt von Stammheim, der im Mai 1975 begann und im April 1977 endete. Stefan Aust, Autor von "Der Baader-Meinhof-Komplex", dem Standardwerks zum RAF-Terrorismus, schrieb das Drehbuch zu "Stammheim" - streng an den Protokollen der 192 Prozesstage und anderen authentischen Zeugnissen entlang, ohne dramaturgische Hinzudichtungen oder Zuspitzungen. Auch die asketische Inszenierung bemüht sich um größtmögliche Objektivität.

So weist Hauffs Film jede Mythisierung der Terroristen ab, konstatiert deren gefährliche und selbstgefällige Logik ebenso nüchtern wie die äußerst fragwürdige juristische Praxis des Gerichts. Dabei wird der Sitzungssaal, steril wie ein Labor für wissenschaftliche Experimente, tatsächlich zum Schauplatz eines Experiments: Hauff untersucht das Aufeinanderprallen verschiedener Welten und Weltanschauungen – und macht die Verblendung, den Hochmut und den Hass beider Seiten deutlich. Die Kommunikation zwischen Anklägern und Angeklagten wird nicht nur durch die Unvereinbarkeit der Standpunkte verhindert, sie scheitert bereits an der grundsätzlichen Unmöglichkeit, die Sprache des anderen zu verstehen.

Hauffs Film – zur Zeit seiner Veröffentlichung äußerst kontrovers diskutiert – bleibt mit seiner kritischen Distanz zu allen ideologischen Positionen bis heute einer der spannendsten und tiefgründigsten Beiträge zum Thema Terrorismus.

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