Danton

Deutschland 1921 Spielfilm

Danton


H.W. (= Hans Wollenberg), Lichtbild-Bühne, Nr. 19, 7.5.1921


Der größte Abend des Ufa-Palastes seit der "Dubarry" ...

Und wieder der Versuch, den Gehalt des revolutionären Gedankens mit den Mitteln eines Lichtspieles zu umreißen. Und wieder die "Große Revolution", die das Material gibt, das ein Schöpfer nach seiner Geistigkeit formt. Nach seiner Geistigkeit – und darum entstand eine Schöpfung von ganz neuen, originären, eigenen Zügen.

Drama ist Handlung; Tragödie ist der ewig große, der elementare Kampf der Persönlichkeit mit der kleinen, zeithaften Realität – jenes Ringen, in dem die nach ihren eigenen Gesetzen wirksame Individualität hienieden stets unterliegt, um im Zeitlosen zu triumphieren. So ist das Tragische an sich revolutionär. Und Dimitri Buchowetzki, der Schöpfer des "Danton", hat der jungen Lichtspielkunst ein tragisches Drama im reinsten, künstlerischen Sinne des ehrwürdigen Wortes geschenkt.

Der Kampf George Jacques Dantons gegen die Männer des Konvents, die Robespierre, Saint Just, Fouquier Tinville, gibt den Rohstoff ab. Hier die dämonische Persönlichkeit, deren Wort Tausende hypnotisiert, deren dröhnendes Lachen Tausende jauchzen macht – dort die Marionetten der Revolution, die kleinen Mächler, die intrigierenden Tagespolitiker, wichtigtuend und feige. Wir haben sie auch erlebt – einen Danton freilich nicht. So wird der Sinn dieses Films: der wahrhafte Träger der revolutionären Idee kann nur die Persönlichkeit sein; sie aber muß an der revolutionären Phrase zerschellen, welche durch den Appell an die niederen Instinkte, an den Hunger nach panis und circenses, den Bann des Führers über die Massen zu brechen weiß. (...)

Dreierlei ist es, was diesem Film seine packende Kraft verleiht.

Erstens: die Darstellung. Emil Jannings als Danton überbietet sich selbst. Er lebt diesen Revolutionär. Er zeigt ihn mit seinen allzumenschlichen Schlacken, er zeigt ihn in seiner faszinierenden, heroischen Größe. Er läßt ihn reden, und selbst im lautlosen Filmbild reißt einen die berauschende Musik seiner Sätze hin. Und Werner Krauß ist Robespierre, der Blutmensch und Spießer. Friedrich Kühne, Robert Scholz, Eduard v. Winterstein, Ferdinand v. Alten, Josef Runitsch geben plastische, wundervoll gegeneinander abgetönte Gestalten. Daß auch die sympathische Niedlichkeit einer Wörner aus der Linie dieses Fresko-Gemäldes nicht herausfällt, ist ein Lob, das sie sich mit dem Regisseur teilen darf. In zwei weiteren weiblichen Rollen Charlotte Ander und Maly Delschaft.

Zweitens: die Massenszenen. Die Bewegung der Massen weiß Buchowetzki rhytmisch zu steigern, weiß aus der Vielheit ein Ganzes ohne Monotonie, einen Gesamtwillen zu machen, weiß sie wundervoll als Spiegel des Einzelgeschehens zu verwerten, macht sie zum Reflex der Persönlichkeitswirkung.

Drittens: die Architektonik der Bilder. Ein Ergebnis der Anordnung der Menschen im Raum, der Bauten, für deren wirkungsvolle Gestaltung Hans Dreier verantwortlich, und der Beleuchtung, die feinste Abwägung der Kontraste und Übergänge verrät.

Einen nicht geringen Anteil an dem .großen Wurf des "Wörner-Film" hat endlich die klassische Photographie Arpád Virághs.

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