Presserundgang durch die entstehende Dauerausstellung des Deutschen Filmmuseums Frankfurt

 

Bei einem Baustellenrundgang im Deutschen Filmmuseum Frankfurt am Main erhielten Journalisten erste Einblicke in die neue Dauerausstellung.

Einmal einen echten Oscar aus nächster Nähe sehen, darüber staunen, wie Wissenschaftler und Künstler schon im 18. Jahrhundert sich wandelnde Bilder erzeugten, den Zauber früher optischer Kunstfertigkeit in Gestalt einer historischen Laterna Magica bewundern, sich selbst an den Rand eines Wolkenkratzerabgrunds bringen oder im Filmraum mit vier Leinwänden Filmsprache sinnlich begreifen lernen: Einen ersten Vorgeschmack auf die aufregenden Erfahrungen, die das neue Filmmuseum seinen Besuchern von Mitte August an auf 800 Quadratmetern Ausstellungsfläche bieten wird, erhielten Medienvertreter am Mittwochvormittag bei einem Rundgang durch die historische Villa am Schaumainkai. Direktorin Claudia Dillmann und die für die neue Präsentation verantwortlichen Mitarbeiter, Maja Keppler, Dr. Andrea Haller, Sven Femerling und Michael Kinzer, führten durch die neue Dauerausstellung, die am Sonntag, 14. August, für das Publikum geöffnet wird.

Der erste Teil der Schau mit dem Titel "Filmisches Sehen" befasst sich mit der Vielfalt visueller Medien des 18. und 19. Jahrhunderts sowie mit der Erfindung des Films. Die Frage, wie filmische Wahrnehmung funktioniert und aus welchen Traditionen sie sich speist, wird anhand der Vor- und Frühgeschichte des Films erläutert; und zwar entlang der Themen Schaulust, Bewegung, Aufnahme, Projektion, Laufbild und Kino. Die Ausstellungsarchitektur verweist mit den runden Vitrinen auf Apparaturen aus der Vorkinozeit wie Wundertrommel oder Lebensrad.

Am Beispiel sogenannter Transparentbilder zeigte Kuratorin Dr. Andrea Haller, wie schon vor mehr als 200 Jahren mit einfachen Mitteln spektakuläre Tag- und Nachteffekte oder Verwandlungsszenen erzeugt wurden: Der Mond geht auf, ein Feuer entzündet sich, Figuren erscheinen und verschwinden wieder. Für die neue Dauerausstellung wurden besonders schöne, handbemalte Transparentbilder angekauft, die im 18. Jahrhundert in den Niederlanden gefertigt wurden.

Ein Glanzstück des historischen Teils der Schau ist eine besonders schöne Laterna Magica aus dem Archiv des Deutschen Filminstituts, die aufwändig restauriert wurde. Die Freude bei den Restauratoren und Kuratoren war groß, als der vergilbte Firnis abgenommen wurde und ein leuchtendes Blau mit bunten Blumenmotiven darunter hervorkam.

Um die grundlegenden Prinzipien der Filmsprache geht es im zweiten Teil der Ausstellung mit dem Titel "Filmisches Erzählen". Zentraler Anziehungspunkt ist hier, im zweiten Stock des Hauses, der Filmraum. Auf vier Leinwänden (je vier mal 2,25 Meter ) werden die Themen Bild, Ton, Montage und Schauspiel mit den Mitteln des Films präsentiert: Ob Balu der Bär im "Dschungelbuch" von rechts nach links über die Leinwände tanzt und so den durchmessenen Raum anschaulich macht, ob es um die Wirkung der Filmmusik in fröhlichen, traurigen oder dramatischen Szenen von "Der Pate" (1972) geht, ob um den Effekt von Farbe oder um die Rolle des Lachens in der Filmgeschichte: Eine mehr als halbstündige Installation lässt die Besucher hier künftig ganz unmittelbar verstehen, wie Film funktioniert.

Selbst aktiv werden können Filmbegeisterte in Zukunft an den zahlreichen interaktiven Stationen, wo sie eingeladen sind, die Wirkung unterschiedlicher Filmschnitte auszuprobieren und mit Ton, Licht oder der Kameraperspektive zu experimentieren. Die acht Meter lange Greenscreen-Passage bietet etwas Besonderes: Wer sich traut, stellt sich hier buchstäblich an den Rand eines Hochhausabgrunds in New York, surft durch den Weltraum oder erkundet als Winzling ein Reich riesiger Insekten.

Ein Highlight unter den Exponaten im zweiten Stock präsentierten Projektleiterin Maja Keppler und Kurator Sven Femerling am Mittwoch - den Oscar von Maximilian Schell, den er für seine beeindruckende Darstellung in "Judgment at Nuremberg" ("Das Urteil von Nürnberg", 1961) erhielt. Das Ausstellungsteam hatte den Schauspieler auf seiner Alm in Österreich besucht und bei Pilzsuppe und Schupfnudeln feierlich den Academy Award entgegengenommen.

Bestaunen können die Besucher auch die Kamera von Jost Vacano, die er eigens für Wolfgang Petersens "Das Boot" (1981) konstruierte. Um in der äußerst beengten Drehsituation im nachgebauten U-Boot größtmögliche Bewegungsfreiheit und Bildstabilität zu erreichen, baute sie der Kameramann um. Von Kennern wird diese modifizierte ARRI-Kamera auch "Josticam" genannt.
Ein Szenenentwurf aus Steven Spielbergs "A.I. Artificial Intelligence" ("A.I. - Künstliche Intelligenz") von 2001 erweitert den Blick hinter die Kulissen. Der als "Fangorn" agierende Künstler Chris Baker entwarf das Bild einer Stadt, deren Architektur die Formen des weiblichen Körpers aufgreift und ausstellt. Seine Vision des Science-Fiction-Films wurde mit Hilfe computergenerierter Bilder umgesetzt.

Dass die Geräuschkulisse eines Films ganz bewusst eingesetzt und meist nachträglich über die Bilder gelegt wird, verdeutlichen die 16mm-Bänder von Cutterin Juliane Lorenz, die für Filme von Rainer Werner Fassbinder verwendet wurden. Titel wie "Geschirrklappern", "Totenglocke", "Feuerlodern", "Vogel und Mieze" oder "Wasser in Wohnung" stehen für ein Archiv an Geräuschen.

Zahlreiche weitere Exponate und interaktive Angebote sind zu sehen, wenn das Deutsche Filmmuseum am Sonntag, 14. August, wieder für das Publikum geöffnet ist.

Das Deutsche Filminstitut ist Träger des Deutschen Filmmuseums und baut das Haus derzeit für 12 Millionen Euro um. Hauptförderer der zeitgemäßen Erneuerung der historischen Villa am Museumsufer sind die Stadt Frankfurt am Main, das Land Hessen und der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Die neue Dauerausstellung (1. und 2. Stock) inklusive der museumspädagogischen Werkstatt (4. Stock) kostet 1,8 Millionen Euro und wird durch Mittel der Stadt Frankfurt am Main, der Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main, des Landes Hessen, der Stadt Eschborn, der Dr. Marschner Stiftung, der Aventis Foundation, der PwC-Stiftung, der Robert Bosch Stiftung sowie der Adolf und Luisa Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege gefördert.

Für die Ausstellungsgestaltung wurde das Atelier Brückner, Stuttgart, gewonnen, der Bau der Ausstellungsarchitektur erfolgt durch Walther Expointerieur, Coswig.
Die Fläche der neuen Dauerausstellung hat sich mit 810 Quadratmetern (bisher 770 Quadratmeter) vergrößert. Hinzu kommen die Lounges (insgesamt 140 Quadratmeter) im 1. und 2. Obergeschoss, die auch für Veranstaltungen genutzt werden können. Eng mit der Dauerausstellung verflochten ist der museumspädagogische Bereich im 4. Obergeschoss mit einem kleinen Filmstudio, zwei Werkstatträumen, einem Seminarraum plus Foyer, womit noch einmal eine Fläche von 280 Quadratmetern für das Publikum gewonnen wurde.

Allein 14 bedienbare Modelle historischer Apparaturen (sogenannte Funktionsmodelle) laden im 1. Obergeschoss zur Erkundung ein, dazu gehören eine Wundertrommel, ein Lebensrad, eine Laterna Magica und eine begehbare Camera Obscura. Dieser Teil der Ausstellung bietet auflerdem ein kleines Kino mit zwei Programmen zu frühen Filmen und eine Laterna-Magica-Projektion.

Vier interaktive Medienstationen animieren im 2. Obergeschoss zur Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten von Ton und Montage. Hinzu kommen eine acht Meter lange Greenscreen-Passage und eine Lichtbox, in der die Besucher verschiedene Lichtstimmungen erproben können. Außerdem sind auf sechs Monitoren Interviews mit Filmschaffenden zu sehen. Zentrale Anlaufstelle in diesem Teil der Ausstellung ist der Filmraum, der auf vier Leinwänden (je vier mal 2,25 Meter) die Mittel filmischen Erzählens erfahrbar macht.

Quelle:

 

www.deutsches-filmmuseum.de