Mit der Verleihung des Hauptpreises an die türkische Regisseurin Belma Baş und ihren Film "Zefir" ging am Sonntag das Internationale Frauenfilmfestival in Köln zu Ende.
Bei der Abschlussfeier des IFFF Dortmund | Köln im Kölner Odeon Kino wurden insgesamt vier Preise vergeben: Der mit 10.000 Euro dotierte Internationale Debüt-Spielfilmpreis für Regisseurinnen geht an die türkische Regisseurin Belma Baş für ihren Film "Zefir". Der Filmtitel bedeutet wörtlich "leichte Brise, die von Westen weht" und ist dem mythologischen Namen für den Gott des Westwindes, dem eifersüchtigen Zephyrus, entlehnt. Belma Baş erzählt die Geschichte der elfjährigen Zefir, die, von der Mutter abgeschoben, den Sommer bei ihren Großeltern auf dem Land verbringt. In der majestätischen Berg- und Waldlandschaft des türkischen Schwarzmeergebirges erwartet das Mädchen täglich die Rückkehr der Mutter. Die Regisseurin hat berauschende Bilder gefunden, um die trügerische Idylle der Natur in Szene zu setzen.
Belma Baş war mehrere Jahre als Consultant türkischer Filme für die Filmfestivals in Cannes und Montreal sowie als Festivalorganisatorin tätig. Nach zahlreichen internationalen Festivalaufführungen war "Zefir" beim Kölner Frauenfilmfestival als Deutschlandpremiere zu sehen. Die Jury 2012, bestehend aus der deutschen Schauspielerin Julia Jentsch, der chinesischen Regisseurin Xiaolu Guo und der mexikanischen Filmkritikerin Lucy Virgen, hat "Zefir" zum besten Debüt-Spielfilm 2012 gekürt "für seine tiefgreifenden und poetischen Enthüllungen über Mensch und Natur, über das Verhältnis des Individuums zur Gesellschaft und über elementare Fragen von Leben und Tod. Durch eine großartige kinematografische Sprache schafft es die Filmemacherin, eine einfache und authentische Geschichte zu erzählen, die alle Erwartungen der Zuschauer übertrifft."
Der Preis wurde am Sonntagabend vom Kölner Kulturdezernenten Prof. Georg Quander an Belma Baş überreicht. Eine lobende Erwähnung ging an das französische Regieduo Delphine und Muriel Coulin und ihren Film "17 Filles" "für seine sensible Darstellung junger Frauen in der modernen Welt und ihrer Suche nach Identität in der Gesellschaft."
"17 Filles" erzählt von einem ungewöhnlichen Pakt: In Lorient, einer etwas trostlosen Stadt in der Bretagne, beschließen 17 Mädchen eines Gymnasiums gleichzeitig schwanger zu werden.
Bereits im Vorfeld wurden die Preisträgerinnen des Nationalen Wettbewerbs für Bildgestalterinnen ermittelt. Julia Daschner, Absolventin der Kunsthochschule für Medien in Köln, erhält den Preis in der Sparte Spielfilm für "Bergig". Der Kurzspielfilm erzählt die Geschichte einer Liebe, die nicht sein darf. In der Begründung der Jury 2012 (Sophie Maintigneux, Anne Misselwitz und Jana Marsik) heißt es: "…Durch die Eleganz der Handkamera entfaltet sich in behutsam gesetztem Licht die erotische Kraft des Films. Subtil und leicht bewegt sich die Filmsprache zwischen Nah und Fern, zwischen zartem Gefühl und der Gewalt der Natur. Julia Daschner gestaltet mit Sinnlichkeit. Sie erschafft eine tiefe Nähe zu den Figuren, die uns berührt."
In der Sparte Dokumentarfilm wurde Eva Katharina Bühler, Absolventin der Filmakademie Ludwigsburg, für "Der weiße Schatz und die Salzarbeiter von Caquena" ausgezeichnet. Der Film führt den Zuschauer zu den Salzarbeitern am bolivianischen Salar de Uyuni, der das weltweit größte Lithiumvorkommen in sich birgt. Der Film, der das Frauenfilmfestival in diesem Jahr eröffnete "…erzählt in präzise komponierten Bildern vom Alltag der Bewohner am Ufer des Sees und der drohenden Zerstörung ihrer Existenz und Traditionen… Die Bildsprache entwickelt eine eigene Dramaturgie und Dynamik. Am Ende verlässt die Kamera ihre respektvolle Distanz und entfesselt sich in einem lebendigen Tanz…" (Wortlaut aus der Jurybegründung).
Die Preisträgerinnen wurden mit jeweils 2.500 Euro ausgezeichnet. Übergeben wurden die Preise von Petra Müller, Geschäftsführerin der Film und Medienstiftung NRW.
Der mit 1.000 Euro dotierte Publikumspreis, gestiftet von der Kölner Zeitschrift „choices“, ist noch nicht bekannt gegeben worden. Ins Rennen um den Preis gingen alle aktuellen Filme des Festivals mit einer Länge von mehr als 60 Minuten.
Festivalleiterin Silke Johanna Räbiger zeigt sich mit der diesjährigen Festivalausgabe mehr als zufrieden. "Wir haben uns mit einer Besucherzahl von fast 8.000 Zuschauer_innen sehr gut neben dem zeitgleichen Angebot der "Art Cologne" behauptet. Toll ist, dass alle Sektionen des Festivals deutlich an Zulauf gewonnen haben. Das Auswahlprogramm, das wir parallel im Kino im Dortmunder U gezeigt haben, hat eine schöne Brücke zwischen den beiden Festivalstandorten an Rhein und Ruhr geschlagen. Auch unsere diesjährigen Kooperationen mit dem Museum Ludwig, der "Comedia" und dem KunstSalon sind voll aufgegangen. Wir würden dort gerne beim nächsten Kölner Festival wieder anknüpfen."
Überwältigenden Zuspruch fand ein Treffen internationaler Frauenfilmfestivals und Frauenfilmnetzwerke während des Festivals. Vertreterinnen von Frauenfilmfestivals in Brüssel, London, New York, München, Hamburg, Rio de Janeiro, Santiago de Chile und dem niederländischen Assen trafen mit Filmemacherinnen, Verleiherinnen und anderen Netzwerkerinnen zusammen, um die Arbeit von Frauen in der Filmbranche zu diskutieren. Die Veröffentlichung des Filmfestivals in Cannes, dessen diesjähriger Wettbewerb zum wiederholten Male ohne Filme von Regisseurinnen über die Bühne gehen wird, ist das jüngste Beispiel und Ausdruck der aktuellen Situation. Der Wunsch nach Zusammenarbeit, dauerhaftem Austausch und der Entwicklung von Strategien wurde mehr als deutlich, um die Beteiligung von Frauen in allen Bereichen der Filmproduktion und -distribution zu stärken.
Die kommende Festivalausgabe wird im April 2013 in Dortmund stattfinden.
Quelle: www.frauenfilmfestival.eu