Länderübergreifendes Käuferkonsortium erwirbt einzigartige Sammlung Werner Nekes

Die Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu Köln, das DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum und das Filmmuseum Potsdam als In-Institut der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF haben gemeinsam die Sammlung Werner Nekes erworben. Die Sammlung des 2017 verstorbenen Filmemachers ist mit rund 25.000 Objekten zur Geschichte der visuellen Künste und des Sehens eine der weltweit größten ihrer Art.

 

Die Sammlung Werner Nekes ist in ihrer Vielfalt und Breite so einzigartig wie herausragend. Dabei dokumentiert sie nicht nur die visuelle Kultur seit der frühen Neuzeit, sondern befasst sich auch mit frühen Formen des visuellen Geschichtenerzählens aus einer globalen Perspektive und mit Objekten aus zahlreichen Kontinenten. Dank der gemeinsamen Anstrengungen von drei Institutionen und acht Förderern konnte diese Sammlung für Deutschland erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden: Die Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu Köln, das DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Frankfurt am Main, und das Filmmuseum Potsdam, als In-Institut der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF haben sich zu einem Käuferkonsortium zusammengefunden, das die Sammlung gemeinsam erwerben konnte und derzeit eine erste Erschließung des Sammlungsbestands vornimmt.

Gefördert und unterstützt wurde der Ankauf der Sammlung vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, von der Kulturstiftung der Länder, der Hessischen Kulturstiftung, dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, der Adolf und Luisa Haeuser Stiftung für Kunst- und Kulturpflege, der Dr. Marschner Stiftung und der Ostdeutschen Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam.

Ziel der Käufer ist es, die Sammlung gemeinsam zu erschließen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine digitale Plattform wird als Instrument der Erforschung und Dokumentation der Sammlung dienen. Exponate aus der Sammlung werden künftig in der Dauerausstellung des DFF in Frankfurt am Main, im Schaudepot des Filmmuseum Potsdam und in verschiedenen NRW-Museen gezeigt werden. Planungen für ein Wandel- und Wanderkabinett sowie eine größere Gesamtausstellung werden derzeit mit dem Wallraf-Richartz-Museum entwickelt. Außerdem wird eine Ausstellung aus den Beständen der Sammlung kuratiert, die weltweit touren soll.

Die Geschichte der Sammlung Werner Nekes
Die Sammlung bietet die einzigartige Möglichkeit, visuelle Kulturen seit der frühen Neuzeit zu untersuchen. Sie erlaubt die Erforschung und Vermittlung nicht nur der Vorgeschichte des Films, sondern darüber hinaus der Geschichte des Sehens und der audiovisuellen Wahrnehmung in einer bisher nicht erreichten historischen Tiefe, vereint sie doch Dokumente zur Wahrnehmungs- und Erkenntnispsychologie sowie Apparate, visuelles Material und die dazugehörigen Anleitungen und Reflexionen in der Literatur. Über die Breite der vertretenen medialen Formationen macht sie die Veränderungen sinnlicher Wahrnehmung, die die gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen besonders seit der Industrialisierung vollzogen haben, studier- und nachvollziehbar.

Werner Nekes ging es immer darum, die Zusammenhänge zwischen den Medien zu reflektieren, ein Vorhaben, das aus dem kundigen Forscher auch einen passionierten Sammler machte. Seit Ende der 1960er Jahre erwarb er zunächst auf Flohmärkten, später auch in Antiquitäten-Läden, bei privaten Sammlern und auf Auktionen der großen Häuser seine Sammlerstücke: historische Bildmedien, Projektionsapparate, Grafiken, optische Spielzeuge, Schattenfiguren, Fotos, Bildträger sowie dazugehörige Abbildungen zu historischen Bildpraktiken und Bücher zu optischen Effekten. Über die Jahrzehnte wuchs so seine einzigartige Sammlung. Bestandteil der Sammlung ist eine Bibliothek mit insgesamt 5.550 Büchern. Sie umfasst Druckwerke seit dem 15. Jahrhundert. Die Bandbreite reicht von Anleitungen, Broschüren und Handbüchern über historische Forschungsliteratur zu Bild- und Prachtbänden. Neben außergewöhnlichen und seltenen Exemplaren findet sich auch jüngere Forschungsliteratur. Der Bestand Grafik (15.500) umfasst neben hochwertiger Druckgrafik (oft ganze Serien und Sätze, etwa von Guckkastenblättern), Gebrauchsgrafik und optische Spiele aller Art (Fotos, Handschatten, Postkarten, Radierungen, Stiche, Lithografien, Plakate, Zerrbilder, Anamorphosen). Bei den rund 2.400 optischen Apparaten finden sich Guckkästen, Laterna Magicae mit einem reichen Schatz an Laterna-Magica-Bildern, Phantasmagorien, Perspektiv- und Schattentheater sowie optische Spielzeuge und frühe Filmgeräte bis hin zum ersten, in Serie hergestellten Fernseher aus dem Jahr 1926 in großer Breite.

Von der Exklusivität der privaten Sammlung hin zu einer digitalen Präsentation
Jahrzehntelang verwahrte Werner Nekes seine Sammlung in einer ehemaligen Lederfabrik in Mülheim/Ruhr. Regelmäßig klopften Kuratoren großer Häuser, aus Los Angeles, London, Berlin, Köln, Hamburg oder Wien, für Ausstellungen bei ihm an und baten um seine kuratorische Beratung und Leihgaben aus der stetig wachsenden Sammlung, die in den weitläufigen Kellerräumen kaum noch Platz fand. In einer arte-Dokumentation vor einigen Jahren räumte Nekes daher seufzend ein: "Die Sammlung hat eine solche Dimension angenommen, dass sie aus allen Fugen bricht. Ich bin froh, wenn ich irgendwo Ausstellungen habe, so dass ich dann wieder ein klein wenig Platz gewinne." Um die internationalen Ausstellungen kümmerte sich jahrelang Nekes‘ Ehefrau, die Kommunikations- und Medienwissenschaftlerin Ursula Richert-Nekes, die auch nach dessen Tod, 2017, engagiert für das Lebensprojekt ihres Mannes eintrat. In dem deutschen Käuferkonsortium aus drei Bundesländern fand sie schließlich würdige Bewahrer des Schatzes. Die drei Partner aus Köln, Frankfurt und Potsdam widmen sich künftig mit ebenso viel Leidenschaft wie archivarischer Expertise der Erschließung der Sammlung.

Die Zusammenarbeit der drei Häuser, Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu Köln, DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum und Filmmuseum Potsdam, ist eine einmalige Chance, einem möglichst großen Publikum aus den verschiedenen Perspektiven der drei Institutionen zugleich Zugang zur Sammlung zu ermöglichen. Das geschieht unter anderem mittels einer gemeinsamen digitalen Plattform, die der breiten Öffentlichkeit, Wissenschaftler/innen ebenso wie Autor/innen und Filmschaffenden, die Möglichkeit geben wird, die Sammlung zu ergründen und zu erforschen. Ziel ist dabei, die Gesamtheit der Sammlung zu präsentieren und sie in ihrem Zusammenhang zu bewahren; dabei werden einzelne Objekte ebenso vorgestellt wie bestimmte visuelle Verfahren anschaulich gemacht. Ein entsprechender Antrag bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Finanzierung dieses Vorhabens ist in Vorbereitung.

Darüber hinaus garantiert die enge Kooperation der drei Fach-Institutionen ein umfangreiches Netzwerk und fundiertes Fachwissen auf den Gebieten der Archivierung, Konservierung, Ausstellung, Programmierung, Publikation und Forschung. Dies bietet eine ausgezeichneteBasis für Ausstellungen, Forschungsprojekte und Publikationen.

Eine Sammlung, drei Standorte
Zwar nehmen die drei Kooperationspartner Teile der Sammlung gemäß ihrer Anteile (Köln 50, Frankfurt 29, Potsdam 21 Prozent) als Eigentümer in Besitz, behalten dabei jedoch immer die Sammlung in ihrer einmaligen Zusammenstellung im Blick. Jede der drei Institutionen erhält eine Auswahl an Exponaten, die die gesamte Sammlung im Sinne von Werner Nekes repräsentiert. Deren Universal-Charakter wird also an allen drei Standorten sicht- und nachvollziehbar sein. Darüber hinaus erhält jedes Haus in Zukunft jederzeit die Möglichkeit, Objekte, die sich in der Obhut eines der anderen Partner befinden, etwa für Ausstellungen auszuleihen. Eine gemeinsame Datenbank wird die Sammlung zusammen halten und allen Kooperationspartnern sowie Forscher/innen und dem breiten Publikum größtmögliche Transparenz ermöglichen.

Quelle: www.dff.film