Filmreihe "Dokumentarische Positionen: Rainer Komers" im Zeughauskino Berlin

Von 22. August bis 9. September zeigt das Zeughauskino des Deutschen Historischen Museums in Berlin an acht Abenden das Programm "Dokumentarische Positionen: Rainer Komers". Der Filmemacher wird dabei mehrmals zu Gast sein und in Filmgesprächen Auskunft zu seinem Schaffen geben.

 

Umbrüche im Industriegebiet an der Ruhr, Rassismus, poetische Reiseberichte und Landschaftsbeobachtungen: Das sechs Dekaden umspannende dokumentarische Werk Rainer Komers, geboren 1944 in Guben, besitzt zahlreiche Facetten und Entwicklungslinien. Zunächst konzentriert auf die Menschen, Arbeitswelten und Geschichte des Ruhrgebiets, hat sich der Blick ab den späten 1990er Jahren geweitet: einerseits in außereuropäische Räume, andererseits hinsichtlich neuer dokumentarischer Formen, die auf einen erklärenden Reportagestil verzichten und mit ihrer Konzentration auf Rhythmen und Klänge aufregende sinnliche Erfahrungen ermöglichen. Unten den deutschen Dokumentarfilmschaffenden gibt es nur wenige Regisseure, deren Œuvre ein vergleichbar breites Spektrum an Themen, Formen und Praktiken aufweist. Mit dem Programm "Dokumentarische Positionen: Rainer Komers" stellt das Zeughauskino dieses schillernde Werk vor und folgt dabei einer ebenso solitären wie ungewöhnlichen Spur der deutschen Dokumentarfilmgeschichte.

"Es ist eine der großen Stärken des Kinos, das Triviale, Banale, Alltägliche wie das Unerhörte und das Erhabene gleichwertig sprechen und miteinander in Beziehung treten zu lassen." (Rainer Komers) 

"Rainer Komers hat sich in seinem sechs Dekaden umspannenden dokumentarischen Werk dem Alltäglichen angenommen – und darin unerhörte wie sublime Momente aufgespürt. Alltag, das meint bei Komers in erster Linie die Arbeitswelt: sichere Handgriffe, körperliche Anstrengung, technische Abläufe, Vereinzelung, aber auch geselliges Beisammensein. Seine von ihm selbst geführte Kamera gestaltet präzise Bilder von Menschen, die routiniert, ohne viel Worte zu verlieren ihrer alltäglichen Arbeit nachgehen oder – wo dies in Gefahr ist – für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze kämpfen.

Wie ein roter Faden zieht sich dabei die Schilderung von Um- und Abbrüchen im Ruhrgebiet – Komers Wahlheimat – durch sein Werk. Das westdeutsche Ballungszentrum und die mit der Geschichte des Nationalsozialismus eng verwobene Schwerindustrie sind in Komers Filmen wichtige Schauplätze von Not, Ausbeutung und Ungerechtigkeit. Mit Empathie und Sympathie begegnen seine Filme den Arbeitenden, schon seit den frühen 1980er Jahren setzen sie sich außerdem mit rassistischem und faschistischem Gedankengut in der Ruhrregion auseinander.

Ab den späten 1990er Jahren weitet sich Komers Blick in zweierlei Hinsicht. Zum einen verschlägt es Komers häufiger in die Ferne, zum anderen erprobt er neue Formen dokumentarischen Erzählens. Mit Filmen wie 'Nome Road System' (2004), 'Kobe' (2006) und 'Ma’rib' (2007) entstehen poetische, ohne Sprache komponierte Ortserkundungen mit Kamera und Mikrofon. Imposante (Kultur-)Landschaften stehen gleichwertig neben menschlichen Verhaltens- und Lebensweisen in all ihren Facetten. Komers' Kino ist spätestens von nun an eines der aufgeschnappten Rhythmen und Klänge. Es verzichtet auf einen erklärenden Reportagestil, wie ihn das Fernsehen oftmals diktiert, und räumt uns Zeit ein, das 'Alltägliche' wie das 'Unerhörte' sinnlich zu erfassen.

Die neue Ausgabe der Reihe 'Dokumentarische Positionen', die dokumentarisches Filmschaffen jenseits des Mainstreams würdigt, präsentiert mit den Filmen Rainer Komers ein Œuvre, das sich seit Jahrzehnten neugierig Menschen und ihren alltäglichen Kämpfen mit Gesellschaft und Natur zuwendet und das auf ein Publikum vertraut, das ebenfalls neugierig ist und selbstbestimmt hinschaut und -hört." (Tilman Schumacher)

Tilman Schumacher ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und kuratiert Filmprogramme, unter anderem für das Leipziger GEGENkino-Festival, das 2024 eine Hommage an Rainer Komers präsentierte.

Quelle: www.dhm.de/zeughauskino/