Berlinale Classics 2018: Sieben Restaurierungen feiern ihre Weltpremieren

Die 68. Internationalen Filmfestspiele Berlin präsentieren in der Reihe Berlinale Classics die Weltpremieren der digital restaurierten Fassungen von insgesamt sieben Filmen.

Wim Wenders' preisgekrönter Klassiker "Der Himmel über Berlin" (BRD / Frankreich 1987) kehrt in einer neuen, digital restaurierten Fassung im Vorführformat 4K DCP auf die Leinwand zurück. Zwei Schutzengel wachen über Berlin, bis einer von ihnen aus Liebe zum Menschen werden will. Dafür muss er seine Unsterblichkeit aufgeben, aber zugleich öffnet sich ihm eine neue Welt. Gedreht wurde auf Schwarzweiß- und Farbmaterial. Diese Kombination erforderte zusätzliche Kopierschritte bis hin zu einem endgültigen Farbnegativ, das mehrere Generationen von den Kameranegativen entfernt war. Die von der Wim Wenders Stiftung restaurierte Fassung greift auf die Originalnegative zurück und wird demnächst von STUDIOCANAL wieder in die deutschen Kinos gebracht.

"Az én XX. századom" ("Mein 20. Jahrhundert", Ungarn / BRD 1989), das Spielfilmdebüt der Gewinnerin des Goldenen Bären 2017, Ildikó Enyedi, ist ein vertrackt-poetisches Märchen und eine Hommage an den Stummfilm. In Schwarzweiß gedreht, verfolgt der Film die unterschiedlichen Lebenswege zweier Zwillingsschwestern im alten Europa an der Schwelle zum 20. Jahrhundert. Unter Verwendung des originalen Kameranegativs sowie des Magnettons wurde der Film vom Hungarian National Film Fund – Hungarian National Film Archive in Zusammenarbeit mit dem Hungarian Filmlab in 4K digital restauriert. Das Digitalgrading betreute Kameramann Tibor Máthé (HSC - Hungarian Society of Cinematographers).

Sidney Lumets Thriller "Fail Safe" ("Angriffsziel Moskau", USA 1964) stellt die Militärdoktrin des Kalten Krieges eindrucksvoll in Frage. Als ein irregeleiteter US-Bomber Moskau zu zerstören droht, greift der US-Präsident zum Roten Telefon, um den sowjetischen Staatsführer vom atomaren Vergeltungsschlag abzuhalten. Der Film wurde im Auftrag von Sony Pictures Entertainment unter der Leitung von Grover Crisp in 4K restauriert. Das unvollständig überlieferte Kameranegativ wurde mit einem Duplikat-Negativ ergänzt. Die Angleichung der unterschiedlichen Quellmaterialien stellte eine besondere Herausforderung dar.

"Letjat schurawli" ("Wenn die Kraniche ziehen", UdSSR 1957) von Michail Kalatosow war der erste Welterfolg des sowjetischen Kinos nach dem Zweiten Weltkrieg. In der Liberalisierungsphase nach Stalins Tod entstanden, erzählt der ungewöhnliche Schwarzweißfilm in expressionistischen Bildern vom tragischen Schicksal zweier Liebender nach dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion. Michail Kalatosow und seine Hauptdarstellerin Tatjana Samoilowa erlangten mit dem Film internationale Bekanntheit. "Letjat schurawli" wurde von Mosfilm unter Studioleiter Karen Schachnasarow in 2K digital restauriert. Die Restaurierung auf der Grundlage des Originalnegativs leitete Chefrestaurator Igor Bogdasarow.

Für "HaChayim Al-Pi Agfa" ("Life According to Agfa – Nachtaufnahmen", Israel 1992) wurde Assi Dayan 1993 von der Internationalen Jury der Berlinale für seine mutige, aufrichtige Arbeit gewürdigt. In einer Bar in Tel Aviv treffen Bohemiens, Geschäftsleute, Junkies, Touristen, Zuhälter und Soldaten aufeinander. In den Ereignissen einer Nacht, festgehalten auf Schwarzweißfotos, spiegelt sich eine Gesellschaft, die sich selbst für liberal und tolerant hält, aber bei scheinbar geringen Anlässen zu explodieren droht. Für die Restaurierung der Jerusalem Cinematheque – Israel Film Archive wurde das Kameranegativ im Archiv gescannt. Die 4K-Restaurierung unter Mitwirkung von Kameramann Yoav Kosh erfolgte mit Unterstützung des Israel Film Fund.

Mit "Tokyo Boshoku" ("Tokio in der Dämmerung", Japan 1957) wird ein weitgehend unbekanntes und selten gezeigtes Werk Yasujiro Ozus im Rahmen der Berlinale Classics zu sehen sein. Die vom japanischen Meisterregisseur stets aufs Neue variierte Geschichte vom Ende eines familiären Zusammenlebens erfährt hier eine dramatische Wendung: In einem winterlichen Tokio zerbricht eine Familie an ihrem Schweigen. "Tokyo Boshoku", der als düsterster Nachkriegsfilm Ozus gilt, wurde von der japanischen Produktionsfirma Shochiku, einer Tochterfirma von Shochiku MediaWorX Inc. in 4K auf Basis des 35-mm-Duplikatnegativs digital restauriert. Verantwortlich für die Farbkorrekturen waren Takashi Kawamata, einst Ozus Kameraassistent, und Kameramann Masashi Chikamori.

Am 16. Februar 2018 um 17.00 Uhr wird zum Auftakt der Berlinale Classics Reihe der Stummfilmklassiker "Das alte Gesetz" von E.A. Dupont aus dem Jahr 1923 in der digital restaurierten Fassung der Stiftung Deutsche Kinemathek im Friedrichstadt-Palast uraufgeführt (siehe Pressemitteilung vom 05.12.17). Die neue Filmmusik des französischen Komponisten Philippe Schoeller ist eine Auftragskomposition von ZDF/ARTE und wird vom Orchester Jakobsplatz München unter der Leitung von Daniel Grossmann präsentiert.

Das Gesamtprogramm der Berlinale Classics:

"Das alte Gesetz" ("The Ancient Law")
Von E.A. Dupont, Deutschland 1923
Weltpremiere der digital restaurierten Fassung
im Vorführformat 2K DCP

"Az én XX. századom" ("Mein 20. Jahrhundert")
Von Ildikó Enyedi, Ungarn / BRD 1989
Präsentiert von Ildikó Enyedi und Tibor Máthé
Weltpremiere der digital restaurierten Fassung
im Vorführformat 4K DCP

"Fail Safe" ("Angriffsziel Moskau")
Von Sidney Lumet, USA 1964
Weltpremiere der digital restaurierten Fassung
im Vorführformat 4K DCP

"HaChayim Al-Pi Agfa" ("Life According to Agfa – Nachtaufnahmen")
Von Assi Dayan, Israel 1992
Weltpremiere der digital restaurierten Fassung
im Vorführformat 4K DCP

"Der Himmel über Berlin" ("Wings of Desire")
Von Wim Wenders, Deutschland / Frankreich 1987
Präsentiert von Wim Wenders
Weltpremiere der digital restaurierten Fassung
im Vorführformat 4K DCP

"Letjat schurawli" ("Wenn die Kraniche ziehen")
Von Michail Kalatosow, UdSSR 1957
Weltpremiere der digital restaurierten Fassung
im Vorführformat 2K DCP

"Tokyo Boshoku" ("Tokio in der Dämmerung")
Von Yasujiro Ozu, Japan 1957
Präsentiert von Wim Wenders
Weltpremiere der digital restaurierten Fassung
im Vorführformat 4K DCP

Quelle: berlinale.de