1988

16. März
Der Filmagent Paul Kohner, 85, stirbt in Hollywood. Ab Mitte der dreißiger Jahre war er die wichtigste Bezugsperson für das deutsche Filmexil in Kalifornien. "Kohner hat Unbekannte bekannt und Bekannte berühmt gemacht." (Gero Gandert). Zu seinen Klienten gehörten Ophüls, Siodmak, Sirk, Stroheim, Schlöndorff und eine endlose Zahl von Schauspielerinnen und Schauspielern.

11. April
Der Kameramann Martin Schäfer, 44, stirbt bei der Motivsuche in der Nähe von Erlangen. Er hat für Vadim Glowna, Christopher Petit, Helke Sander und vor allem für Rudolf Thome die Bilder gemacht. Er war "ein Visionär der nachdrücklichen Beobachtung". (Norbert Grob).

12. Juli
In München stirbt der Komponist Michael Jary, 81. Seine Schule war der Stummfilm. Seine Lieder für Heinz Rühmann, Hans Albers und Zarah Leander in den dreißiger und vierziger Jahren bekamen später das Etikett "Durchhalte-Schlager". Dem Musikfilm der Fünfziger hat er zu einem unverwechselbaren Klang verholfen.

 

27. Juli
Die Schauspielerin Brigitte Horney, 77, der herbe Anti-Star des deutschen Films ("Abschied", "Verklungene Melodie", "Das Mädchen von Fanö"), stirbt in Hamburg. Sie führte ein international geprägtes Leben in Deutschland, der Schweiz und den USA. Ihre letzte Rolle spielte sie in der TV-Serie "Das Erbe von Guldenburg".

5. September
Der Schauspieler Gert Fröbe, 75, stirbt in München. Seine erste Hauptrolle wurde sofort zur Symbolfigur: der Otto Normalverbraucher in "Berliner Ballade", 1948. In den fünfziger und sechziger Jahren spielte er oft teutonische Widerlinge, was ihm in Deutschland aber nie übel genommen wurde. Auch er hat Geschichten aus seinem Leben aufgeschrieben: "Auf ein Neues sagte er … und dabei fiel ihm das Alte ein" (1988).

24. September
Der Filmarchitekt Herbert Kirchhoff, 77, stirbt in Hamburg. Ab 1943 entwarf er die Räume für Helmut Käutner, später auch für Géza von Cziffra. Er war stilbildend im Romantischen wie im Realistischen – später auch für das Fernsehen des NDR.

12. November
In Bielefeld (der Geburtsstadt des Regisseurs) wird erstmals der "Friedrich Wilhelm Murnau-Preis" verliehen: an Filmschaffende, "die sich um die Weiterentwicklung der zeitgenössischen Filmsprache verdient gemacht haben". Erster Preisträger ist der Franzose Eric Rohmer. Der Preis wird in der Folgezeit alle zwei oder drei Jahre vergeben.

18. - 20. November
In Hamburg findet der erste filmhistorische Kongreß von CineGraph statt. Er ist dem Schauspieler und Regisseur Reinhold Schünzel gewidmet. In den folgenden Jahren sind wichtige Regisseure, deutsch-europäische Filmbeziehungen und Produktionsfirmen vor allem der zwanziger und dreißiger Jahre Kongreßthemen. Im Verlag "edition text + kritik" werden die Referate publiziert.

26. November
Im Berliner "Theater des Westens" wird erstmals der "Europäische Filmpreis" verliehen. Er soll dem amerikanischen Film gegenüber ein wachsendes Selbstbewußtsein der Europäer demonstrieren. Als bester Regisseur wird Wim Wenders ("Der Himmel über Berlin") ausgezeichnet. Curt Bois (bester Nebendarsteller) gibt der Veranstaltung einen berührenden Moment.

27. November
Premiere des Films "Winter Adé" von Helke Misselwitz bei der Leipziger Dokumentarfilmwoche. Eine Eisenbahnreise quer durch die DDR, von Zwickau nach Rügen. Unterwegs trifft die Autorin Frauen mit unterschiedlichsten Lebenserfahrungen, die freimütig und nachdenklich mit ihr sprechen. Ausgezeichnet mit einer "Silbernen Taube".

 

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Hans Helmut Prinzler: Chronik, 1895-2004. In: Wolfgang Jacobsen, Anton Kaes, Hans Helmut Prinzler (Hg.): Geschichte des deutschen Films. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: Metzler 2004

© 2004 J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart.