Summary
Two extremely unlike young men meet in Morocco: 18-year-old Gyllen was supposed to be on a family vacation with his mother and stepfather, but then he decided to "borrow" the luxury RV of his parents and to take off on his own. William, who hails from Congo, is also 18 years old and tries to make the passage to Europe, where he hopes to find his missing brother. Together, the two go on a trip that will take them across half of Europe and will change their lives.
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Ein etwa gleichaltriger Farbiger nähert sich neugierig dem Fahrzeug, will aber nicht mitgenommen werden. Einige Zeit später, das Wohnmobil funktioniert wieder und Gyllen rastet auf einem ruhig erscheinenden öffentlichen Platz, trifft er erneut auf den Schwarzen. Der ihm bei einem plötzlichen Überfall aus der Patsche helfen muss, denn Marokko ist kein Platz für Europäer abseits gesicherter Touristikzonen.
William heißt der ebenfalls 18 Jahre junge Kongolese, der versucht, über das Mittelmeer die Grenze der Festung Europa zu überwinden, um seinen offenbar in Calais gestrandeten älteren Bruder Baptiste zu suchen. Da sich beide nicht so recht zutrauen, mit dem Oldtimer über Tanger hinaus zu kommen, sind sie nicht misstrauisch genug, um dem undurchsichtigen deutschen Alt-Hippie Luttger das Steuer zu verweigern. Der kapert das von ihm als Drogenversteck missbrauchte Fahrzeug kurzerhand auf der Fähre nach Spanien.
Gyllen kann von Algeciras aus mit einem E-Bike die Verfolgung aufnehmen, da ihm der auf der Fahrzeug-Toilette versteckte William via Google Map die Koordinaten des Zeltplatzes einer internationalen Hippie-Kommune aufs Handy schickt. Beiden gelingt die Rückeroberung des Wohnmobils samt ordentlichem Haschisch-Vorrat, der überm Campingkocher zubereitet gleich eine ganze Partygesellschaft am Strand zudröhnt.
Mit Hilfe zweier Afrikaner, die über Führerscheine und Papiere verfügen, geht es durch Spanien und über die unbewachte Pyrenäen-Grenze nach Südfrankreich. Im Gegenzug nehmen sie kurzzeitig weitere Flüchtlinge mit. In Arcachon meldet sich Gyllen bei seinem Vater Paul, dessen neue Frau Valerie gerade ein Kind erwartet. Paul will seinen Sohn überreden, zu Mutter Elizabeth und Stiefvater Max zurückzukehren, doch der flüchtet auf einem geklauten Motorrad lieber zusammen mit William nach Norden – mit Ziel Calais.
Dort wartet ein gewaltiges Polizeiaufgebot auf die beiden, die sich unterwegs in der französischen Provinz manchen rassistischen Anfeindungen ausgesetzt sahen. Mit Unterstützung privater Hilfsorganisationen gelingt es William tatsächlich, seinen Bruder ausfindig zu machen, der die Hoffnung auf einen LKW-Platz im Eurotunnel nach Großbritannien immer noch nicht aufgegeben hat. Was völlig unrealistisch ist, weshalb Gyllen die desillusionierten Brüder zurück in ihre afrikanische Heimat schickt. Er selbst schließt sich den idealistischen Helfern der mobilen Caritas-Versorgungsstation an…
„Roads“, das warmherzige, mit internationaler Besetzung in englischer Sprache gedrehte Roadmovie über die allmähliche Annäherung zweier Gleichaltriger, die aus verschiedenen Welten kommen, ist ein tragikomischer Buddy-Film über Freundschaft, Solidarität und Freiheit, der sich nicht vor der Realität in Nordafrika und Calais versteckt. Das Flüchtlingsthema wird nicht explizit angesprochen, auch William versteht sich keineswegs als Refugee, schwingt im Hintergrund aber stets mit. Der britische Newcomer Fiona Whitehead („Dunkirk“, „The Children Act“), der extra für „Roads“ den Führerschein gemacht hat, was im dritten Anlauf sechs Tage vor Drehbeginn auch endlich klappte, spielt einen unbekümmert-naiven Gyllen, der vor seinem eigenen privilegierten Leben davonläuft, um nicht darüber nachdenken zu müssen. Der gebürtige französische Schauspieler („Elle“) und vielfach ausgezeichnete Stand-Up-Comedian Stephane Bak, dessen familiäre Wurzeln übrigens im Kongo liegen, rückt als William im Verlauf des mit knapp einhundert Minuten keineswegs zu langen und niemals langweiligen Films, der freilich bezüglich der Biographie Gyllens auch an eine typisch deutsche Befindlichkeitstragödie erinnert, ins Zentrum.
An nur 37 Drehtagen chronologisch in Marokko, Spanien und Frankreich vom seit langem in Deutschland lebenden Italiener Matteo Cocco gefilmt musste Regisseur Sebastian Schipper in Calais mangels Drehgenehmigung auf Statisten aus Paris zurückgreifen. Was allerdings nicht weiter ins Gewicht fällt: „Roads“ überzeugt gerade durch seine ganz unspektakuläre Authentizität. Bevor der am 25. April 2019 auf dem Tribeca Festival in New York uraufgeführte Film einer bedingungslosen Freundschaft in einer sich radikal im Umbruch befindlichen Welt in den Kinos startete, hatten sich Regisseur Sebastian Schipper sowie seine beiden Protagonisten Fionn Whitehead und Stephane Blank zur NRW-Premiere am 9. Mai 2019 in der Essener Lichtburg angesagt. Arte sorgte am 20. April 2022 für die Free-TV-Premiere.
Pitt Herrmann