Silvesterpunsch

DDR 1960 Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Sohn Franz Lehmann trompetet, was das Zeugs hält – fürs bevorstehende Silvesterprogramm des VEB Leuna. Weshalb sich weder Mutter Auguste Lehmann beim Bügeln noch Vater Wilhelm Lehmann bei der Pflege seiner Skier aus der Ruhe bringen lassen. Das Trio unterbricht jedoch alle Aktivitäten sogleich, als der Briefträger vorbeischaut: Bringt er doch Fotos vom 65. Geburtstag des Familienoberhauptes mit. Und damit einst durchaus zwiespältige, heute mit dem zeitlichen Abstand nur noch heitere Erinnerungen an die Verleihung des staatlichen Ordens „Banner der Arbeit“ für den vorbildlichen Chemiewerkmeister und den Versuch, sich bei den Kollegen mit einer Maibowle zu revanchieren.

Mit im Post-Gepäck auch die neue Ausgabe der „Chemie-Rundschau“: Auf der Titelseite wird die beste Brigade des Volkseigenen Betriebs Leuna mit einer Produktivitätsquote von 111 Prozent hervorgehoben – geführt vom nur „Karbid-Brigadier“ genannten zweiten Lehmann-Sohn Michel. Der raucht nicht und trinkt nicht und lebt im Gegensatz zu seinem Bruder Franz ganz bewusst ein Single-Dasein ohne Freundin: die Sportskanone will rund um die Uhr fit sein für die Arbeit im Betrieb, als erfolgreicher Ski-Langläufer und Eishockeycrack in der Betriebssportgruppe BSG Chemie sowie nicht zuletzt als Brigadier, der auch für gesellschaftliche und politische Aktivitäten seiner Brigade zuständig ist.

„Ringelpiez ist was für Franz, wir sind für handfeste Sachen“: Nur mit der Kultur hats Michel nicht so – und entpuppt sich damit ganz als der Sohn seines Vaters, eines früher sehr erfolgreichen Boxsportlers. Während Bruder Franz mehr nach der Mutter kommt, bis zur Geburt des ersten Kindes eine gefeierte Sängerin. Doch nun steht Silvester vor der Tür - und damit eine zünftige Silvesterfeier, die ganz selbstverständlich die Vorzeige-Brigaden beider Lehmann-Söhne organisieren sollen. Was für ein Chemiekombinat zum Problem werden kann, wenn sich der Verantwortliche für die Planung als schon von seinem drögen Naturell her als völlig ungeeignet herausstellt: Lüttger, der 1. Stellvertreter des Vertreters der Kommission für Kultur und Sport, versucht verzweifelt, Michel die Kultur näherzubringen. Zumal er, der nicht wirklich auf die Unterstützung seines Assistenten (Günter Rüger) zählen kann, mit der Organisation des Höhepunktes, einer Eisrevue, hoffnungslos überfordert ist.

Wie gut, dass zum Lehmannschen Familienimperium neben der patenten, mitten im Leben stehenden Gattin Auguste noch zwei weitere zupackende Frauen gehören: Schwiegertochter Marie Lehmann, die sich um die Choreographie, aber auch um Kostüme und die weitere Ausstattung kümmert, und Enkeltochter Suse, ein ausgesprochen heißer Feger. Die erklärte Kulturanhängerin will sich den Sportfan „Pilot“ Knispel angeln, während es die nur „Mücke“ genannte attraktive Ruth auf dessen Kumpel Michel Lehmann abgesehen hat. Offiziell, um diesen Kulturbanausen von der Nützlichkeit der schönen Künste zu überzeugen, insgeheim, um den erklärten Junggesellen eines Besseren zu belehren.

Als sich auch noch der Deutsche Fernsehfunk aus Berlin angesagt hat, gibt der Werkleiter grünes Licht für einen dreitägigen Sonderurlaub im thüringischen Wintersportparadies zur Vorbereitung des Silvesterprogramms. Vater Wilhelm Lehmann, mit der Oberaufsicht betraut, will die Kultur-Fuzzis der Brigade seines Sohnes Franz mit Körperertüchtigung auf Vordermann bringen: eine „Pferdekur“ der besonderen Art. Doch das Ergebnis nach 91 Filmminuten, vom Kameramann Karl Plintzner auf Agfacolor-Material gedreht, kann sich sehen lassen: Eine flotte Eisrevue und ein gehaltvoller Silvesterpunsch führen die Paare zusammen…

Nach der „Maibowle“, dem 1959 zum zehnten Jahrestag der DDR in die Kinos gekommenen Defa-Lustspiel um die Familie Lehmann, steht zwölf Monate später bei Co-Autor und Regisseur Günter Reisch nun Silvester vor der Tür. Doch auch diesmal stehen die Zeichen auf Sturm im Chemiekombinat Leuna, in Person der beiden Brigadiers Michel und Franz Lehmann. Steht ersterer total auf Sport, besteht sein Bruder mit seinen Leuten auf Kultur. Was sich am Abend in der Alternative zwischen romantischem Konzert und spannendem Boxkampf zuspitzt – auch innerfamiliär. „Silvesterpunsch“ ist ein flott inszenierter Revuefilm ganz westlicher Prägung: das Quartett „Die Vier Brummers“ sowie das Defa-Sinfonieorchester unter der Leitung von Karl-Ernst Sasse swingen nicht schlechter als Kurt Edelhagen und verwandte Big Bands im Westen. Zur prominenten Besetzung gehören zudem Hubert Hoelzke als DFF-Redakteur Egon Scheibe, Heinz Quermann als Fernsehansager und Gerd E. Schäfer als 2. Kapellmeister Lämmermeier. Der Unterhaltungsstreifen rückt den Parteiauftrag zur allseits umfassenden kulturellen Bildung der Werktätigen mit augenzwinkernder Ironie in den Mittelpunkt, wenn etwa ein Lied auf Calciumcarbid geschrieben und eine Hymne auf Polymerisation komponiert wird.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Dramaturgie

Bauten

Kostüme

Musik

Darsteller

Produktionsleitung

Länge:
2490 m, 91 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 29.12.1960, Berlin, Babylon

Titel

  • Originaltitel (DD) Silvesterpunsch

Fassungen

Original

Länge:
2490 m, 91 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 29.12.1960, Berlin, Babylon