Günter Rohrbach Filmpreis 2022 für "Die Wannseekonferenz"

Am vergangenen Freitag wurde in Neunkirchen in einer festlichen Gala der zwölfte Günter Rohrbach Filmpreis an den Fernsehfilm "Die Wannseekonferenz" verliehen. Die Günter Rohrbach Filmpreis Stiftung vergibt den mit 10.000 Euro dotierten Preis jährlich in Zusammenarbeit mit der Kreisstadt Neunkirchen.

 

Weitere Preise des 12. Günter Rohrbach Filmpreises 2022 gingen an Marlene Burow, Sabin Tambrea, David Schütter, Karoline Herfurth, Peter Keller, Stefan Sarazin und Regina Tiedeken.

Gemeinsam mit dem Regisseur Matti Geschonneck wurden die Produzenten des Dramas "Die Wannseekonferenz", Friederich Oetker, Reinhold Elschot und Oliver Berben ausgezeichnet. Der Film entstand anlässlich des 80. Jahrestages der historischen Wannseekonferenz, die von den Nationalsozialisten abgehalten wurde. 15 führende Vertreter der SS, der NSDAP sowie der Ministerialbürokratie kommen am Mittag des 20. Januar 1942 in einer Villa am Großen Wannsee in Berlin zusammen. Eingeladen hat Reinhard Heydrich, Chef der Sicherheitspolizei und des SD, zu einer "Besprechung mit anschließendem Frühstück". In der etwa 90 Minuten dauernden Besprechung wird der millionenfache Massenmord an der jüdischen Bevölkerung Europas geplant und organisiert. Der Film "Die Wannseekonferenz" folgt dem von Adolf Eichmann verfassten Besprechungsprotokoll, von dem nur ein Exemplar erhalten ist und das als Schlüsseldokument der Judenvernichtung gilt.

Regisseur Matti Geschonneck und die Produzenten haben großes Können und große Entschlossenheit bewiesen. Ihr Film über die Planung des Völkermordes an den Juden ist ein sachlich-kühles Kammerspiel ohne Musik in Echtzeit. Die Bilder muten dokumentarisch an, sie zeigen mit unerbittlicher Genauigkeit die 15 männlichen Teilnehmer dieser Konferenz. Die werden nicht als Monster dargestellt, sondern als durchaus gebildete Bürokraten. "Die Wannseekonferenz" ist Fiktion entlang historisch belegter Tatsachen und große Kunst. Sie macht deutlich, wozu Menschen fähig sein können, gerade in Diktaturen.

Darstellerpreise

Als beste Darsteller wurden das Schauspiel-Trio Marlene Burow, Sabin Tambrea und David Schütter für ihre herausragenden schauspielerischen Leistungen in dem Film "In einem Land, das es nicht mehr gibt" mit einem Preisgeld von jeweils 2.000 Euro geehrt.

Dem starken DDR-Drama merkt man den Tiefgang mit komödiantischem Einschlag durchweg an: Kurz vor dem Abitur fliegt Suzie (gespielt von Marlene Burow) von der Schule und muss sich im Kabelwerk Oberspree als Arbeiterin bewähren. Ein zufälliges Foto in der Straßenbahn öffnet ihr die Tür in die glamouröse Welt der Mode. Sie landet auf dem Cover des Modejournals Sibylle, der "Vogue des Ostens", und erhält so die Chance, dem sozialistischen Fabrikalltag vielleicht doch noch zu entkommen. Suzie taucht ein in die schillernde Subkultur des Ostberliner Undergrounds, wo der schwule Rudi (gespielt von Sabin Tambrea) und seine Freunde mit leidenschaftlicher Fantasie ihre eigene Mode aus Duschvorhängen und sonstigem verfügbaren Material erfinden. Sie verliebt sich in den rebellischen Fotografen Coyote (gespielt von David Schütter), dessen Bilder alle verzaubern, aber trotzdem nicht unter seinem Namen gedruckt werden dürfen. Auf seiner "Indian" brausen sie zusammen ans Meer, und Suzie erlebt die Freiheit, von der sie immer geträumt hat.

Marlene Burow, Sabin Tambrea und David Schütter verkörpern drei völlig unterschiedliche Figuren, die ein magisches Dreieck bilden, in dem alles möglich erscheint. Das Spiel des Trios wirkt frisch, leicht und doch kunstvoll. Sie haben ihre Rollen mit großer Hingabe und Leidenschaft angenommen, mit Einfühlungsvermögen und beachtlicher Ausdrucksstärke gefüllt.

Preis des Saarländischen Rundfunks

Mit dem mit 5.000 Euro dotierten Preis des Saarländischen Rundfunks wurde Karoline Herfurth für ihre Gesamtleistung bei dem Film "Wunderschön" ausgezeichnet.

"Wunderschön" – ein Film nah am Leben, ehrlich und hoffnungsvoll. Einem Idealbild nachzueifern, kennt fast jeder von uns. Mütter, Töchter, Männer, Alt und Jung stecken im permanenten Optimierungswahn. Herfurth schlüpft bei dem Episodenfilm nicht nur in eine der Hauptrollen, sondern ist auch für die Regie und das Drehbuch verantwortlich. Der Film zeigt mit Humor und Sensibilität in loser Verknüpfung fünf Frauen im Spannungsfeld zwischen angekratztem Selbstbildund vermeintlich notwendiger Selbstoptimierung. Mit Leichtigkeit werden kontrovers diskutierte Themen erzählt und bewirken bei der Zielgruppe Erkenntnis und befreites Lachen.

Karoline Herfuhrt gelingt mit ihrem Film etwas, was gerade im deutschen Kino äußerst selten ist: Ein Spagat zwischen Unterhaltung und Tiefgang, Feel-Good-Movie und Beschäftigung mit gesellschaftlich wichtigen Themen. Offen und ohne ideologische Scheuklappen geht sie zur Sache. Ein vielschichtiger Film zwischen Humor und Klamauk, Melancholie und Verzweiflung.

Preis der Saarland Medien GmbH

Peter Keller und Stefan Sarazin erhielten für ihr Drehbuch von "Nicht ganz koscher – Eine göttliche Komödie" den mit 3.500 Euro dotierten Preis der Saarland Medien GmbH.

Ein Roadtrip durch den Sinai, wie er absurder nicht sein kann: "Nicht ganz koscher – Eine göttliche Komödie" ist ein ebenso turbulenter wie nachdenklicher Film um unterschiedliche Kulturen und Fragen nach dem Thema Identität. Regie und Drehbuch dieser anrührenden Culture-Clash-Komödie verantworten Stefan Sarazin ("Nitschewo") und Peter Keller, die bereits 2011 für ihre Vorlage den Deutschen Drehbuchpreis erhielten.

Die beiden Drehbuchautoren spielen ironisch mit Vorurteilen und Klischees, überzeugen mit köstlichen Dialogen und treffen stets den richtigen Ton. Ihnen ist mit ihrem Buch und auch mit dem fertigen Film ein stimmungsvolles, heiteres, aber auch nachdenkliches Plädoyer für Verständigung und Toleranz gelungen – in der Tat eine göttlich schöne Komödie.

Preis des Oberbürgermeisters

Mit dem Preis des Oberbürgermeisters (2.500 Euro) wurde Regina Tiedeken, die Kostümbildnerin von "In einem Land, das es nicht mehr gibt", geehrt.

In dem schwungvollen Drama "In einem Land, das es nicht mehr gibt" von Aelrun Goette konnte Regina Tiedeken ihre beiden Leidenschaften Kostümbild und Modedesign miteinander verbinden. Mit Herzblut und großer Liebe zum Detail gelingt es ihr, neben der Mode auch die Protagonisten des Films umwerfend gut aussehen zu lassen.

Weitere Ehrengäste und Preisträger der Vorjahre

In diesem Jahr komplettieren vier ehemalige Preisträger, die in den Vorjahren ihren Preis nicht persönlich entgegennehmen konnten, die Riege der Ehrengäste: So konnten der Schauspieler Alexander Scheer, der 2018 den Darstellerpreis für seine Rolle in "Gundermann" ausgezeichnet wurde, ebenso wie Schauspielerin Rosalie Thomass, die den Darstellerinnenpreis 2019 für "Rufmord" erhielt, ihre Preise in diesem Jahr persönlich entgegennehmen.

Außerdem konnten den beiden letztjährigen Preisträgern, der Schauspielerin Maria Hofstätter (Darstellerinnenpreis "Fuchs im Bau") und dem Kameramann Benedict Neuenfels (Preis des Oberbürgermeisters "Ich bin dein Mensch"), ihre Trophäen überreicht werden.

Die Moderation des Abends lag in den bewährten Händen von Peter Lohmeyer, der seit 2018 mit seiner unterhaltsam-nonchalanten Art durch die Gala führt. Das musikalische Rahmenprogramm kam von Schauspielerin und Sängerin Serena Gruß, die mit ihrer Band die Gäste unterhielt.

Die Auswahl

Die Preisträgerjury 2022 bestand neben der Jurypräsidentin Iris Berben aus Andrea Etspüler (Saarländischer Rundfunk), Thomas Reinhardt (Saarbrücker Zeitung), Uli Aselmann (die film gmbh), Ulrich Höcherl (Blickpunkt:Film) und dem Vorsitzenden der Günter Rohrbach Filmpreis Stiftung, Jürgen Fried.

71 Filme wurden im Wettbewerbsjahr 2022 eingereicht. Die Vorjury um Gabriella Bandel, Ulrike Jacobs, Barbara Wackernagel-Jakobs, Christian Bauer und Martin Hofmann hat daraus acht Filme für die Endausscheidung ausgewählt.

Quelle: www.guenter-rohrbach-filmpreis.de