Die Stille nach dem Schuss

Deutschland 1999/2000 Spielfilm

Inhalt

Bibiana Beglau spielt die fiktive RAF-Terroristin Rita Vogt. Nachdem bei einer Aktion zur Befreiung ihres Freundes die Aktion aus dem Ruder gerät und ein Anwalt erschossen wird, flieht sie nach Ostberlin. Ein neues Leben in der DDR – unter falschem Namen als Arbeiterin – beginnt mit Hilfe des Ministeriums für Staatssicherheit.

Als jedoch im West-Fernsehen Ritas Fahndungsfoto gezeigt wird, ist sie erneut gezwungen, ein neues Leben mit neuer Identität zu beginnen. Eine Ausreise in die UdSSR scheitert, ihre Liebesbeziehung zu einem jungen Mann zerbricht, und mit dem Fall der Mauer fliegen schließlich die untergetauchten Terroristen auf. Ein letztes Mal versucht Rita zu fliehen.

 

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Rita gehört zu den jungen Revoluzzern der 1970er Jahre, die im kapitalistischen Teil Deutschlands die Devise „Eigentum ist Diebstahl“ ausgeben. Sie schließt sich der terroristischen „Rote Armee Fraktion (RAF)“ an, nimmt an Banküberfällen teil. Als bei dem Versuch, einen der RAF-Anführer, Andreas „Andi“ Klein, aus dem Gefängnis zu befreien, alles schiefläuft, gerät Rita ins Fadenkreuz der Fahnder. Sie wechselt zusammen mit anderen RAF-Leuten, Friederike und Klatte, die Seite und reist über den Bahnhof Friedrichstraße in die DDR ein, nachdem alle Versuche, in Beirut oder Paris Unterschlupf zu finden, gescheitert sind. Der Stasi-Offizier Erwin Hull verschafft Rita eine neue Identität – als Arbeiterin Susanne Schmidt im Volkseigenen Betrieb (VEB) Modedruck.

Dort freundet sie sich mit ihrer Arbeitskollegin Tatjana an, die nicht nur ideologisch die beengten Verhältnisse im ersten Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden gründlich satt hat und in den Westen abhauen will. Ritas neues Leben, sie ist auch in der Staatsgewerkschaft FDGB engagiert, könnte dennoch endlich in ruhigeren, (klein-) bürgerlichen Bahnen verlaufen – da erscheint ihr Fahndungsfoto in der „Tagesschau“. Und da alle Ostdeutschen stets das Westfernsehen eingeschaltet haben, muss Rita ein weiteres Mal rasch untertauchen. Wieder verhilft ihr der Stasi-Führungsoffizier Erwin zu einer neuen Identität, als Kinderbetreuerin in einem Industriekombinat mit Ferienheim an der Ostsee. Dort lernt Rita den Studenten Jochen kennen. Und daraus könnte ’was werden: Sie wollen heiraten, wollen Kinder. Aber Jochen soll in Moskau auf der Eliteuniversität weiterstudieren – und den Genossen in der Sowjetunion ist eine Frau mit RAF-Vergangenheit nicht zuzumuten. Aber dann schreibt das Jahr 1989 Geschichte und die Mauer fällt. Es gibt keine DDR mehr, keinen Schutz durch die Staatssicherheit – und Rita muss ein allerletztes Mal die Flucht ergreifen...

„Die Stille nach dem Schuß“ ist in vieler Hinsicht ein bemerkenswerter Film. Gedreht von September bis Dezember 1999 in den traditionsreichen Potsdamer Studios der abgewickelten Defa: Am 1. Juli 1990 war der VEB Defa-Studio für Spielfilme umgewandelt worden in die (Defa-) Studio Babelsberg GmbH. Produziert von Babelsberg Film, einer Tochter der Studio Babelsberg Gesellschaft, deren Geschäftsführer Volker Schlöndorff zwischen 1992 und 1997 (für den damaligen französischen Eigner) war. Bemerkenswert aber auch seiner Besetzung wegen: Nach der Uraufführung am 16. Februar 2000 im Wettbewerb der Berlinale wurden Bibiana Beglau und Nadja Uhl völlig zu Recht mit dem „Silbernen Bären“ als beste Darstellerinnen ausgezeichnet, zudem gabs den „Blauer Engel“ genannten Preis als bester europäischer Film im Wettbewerb.

Auch wenn der Einstieg in die Story für das ganz junge, mit der RAF-Zeit nicht mehr vertraute Publikum, bei dem erheblicher Erklärungsbedarf besteht bei historischen, politischen und ideologischen Details, etwas mühsam erscheint, so ist es Volker Schlöndorff hoch anzurechnen, dass er nicht einfach die Biographie „Nie war ich furchtloser“ der RAF-Terroristin Inge Viett verfilmt hat. Denn mindestens ebenso wichtig wie diese Person der Zeitgeschichte sind dem Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase und dem Regisseur die Rückschau auf die DDR, auf die unmittelbare Vergangenheit also, die dem überwiegenden Teil des nicht nur jungen westdeutschen Publikums ebenso völlig fremd ist wie die RAF-Periode. Nach „Sonnenallee“ und „Good bye, Lenin“, die dem nostalgischen Spaßfaktor DDR huldigen, sind Filme wie „Vergiß Amerika“ oder „Die Stille nach dem Schuß“ von großer Bedeutung, um das DDR-Bild im vereinten Deutschland zumindest etwas zurechtzurücken.

Pitt Herrmann


Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Drehbuch-Mitarbeit

Kamera-Assistenz

Szenenbild

Außenrequisite

Innenrequisite

Kostüme

Schnitt

Schnitt-Assistenz

Ton-Assistenz

Mischung

Spezialeffekte

Darsteller

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Prädikat

    • : Besonders wertvoll

Dreharbeiten

    • 14.09.1999 - 08.12.1999: Studio Babelsberg Potsdam-Babelsberg
    • 14.09.1999 - 08.12.1999: Gera und Umgebung, Paris, Ostsee, Rügen, Baltikum, Berlin
Länge:
2793 m, 102 min
Format:
35mm, 1:1.85
Bild/Ton:
Eastmancolor, Dolby SR
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 12.05.2000, 84852, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 16.02.2000, Berlin, IFF - Wettbewerb;
Kinostart (DE): 14.09.2000;
TV-Erstsendung (DE): 08.09.2003, Arte

Titel

  • Originaltitel (DE) Die Stille nach dem Schuss
  • Verleihtitel (US GB) The Legends of Rita
  • Schreibvariante (DE) Die Stille nach dem Schuß

Fassungen

Original

Länge:
2793 m, 102 min
Format:
35mm, 1:1.85
Bild/Ton:
Eastmancolor, Dolby SR
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 12.05.2000, 84852, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 16.02.2000, Berlin, IFF - Wettbewerb;
Kinostart (DE): 14.09.2000;
TV-Erstsendung (DE): 08.09.2003, Arte

Auszeichnungen

IFF Berlin 2000
  • Silberner Bär, Beste Darstellerin
  • Blauer Engel, Bester europäischer Film im Wettbewerbsprogramm