Bert Schmidt
Bert Schmidt wurde am 21. Januar 1950 in Rüsselsheim geboren. Von 1970 bis 1973 studierte er Film am Conservatoire libre du cinéma français (CLCF) in Paris, gefolgt von einem Studium der Soziologie in Frankfurt, das er mit einer Diplomarbeit über Steven Spielbergs "Jaws" ("Der weiße Hai", US 1975) abschloss, in der er zahllose Einstellungen des Films analysierte. Bereits während des Studiums war Schmidt in der Frankfurter Filmszene aktiv. So arbeitete er im damals noch jungen Kommunalen Kino Frankfurt (heute: Kino des DFF) und fungierte als Regieassistent, Mitautor, Kameramann und Tonmann bei Rosa von Praunheims zweiteiligem Dokumentarfilm "Der 24. Stock" (1976-1979).
Im März 1979 lernte Schmidt im Rahmen einer Werkschau im Kommunalen Kino den iranischen Filmemacher Sohrab Shahid Saless kennen, der ebenfalls am Pariser CLFC studiert hatte – der Beginn einer engen Freundschaft und einer mehrjährigen Zusammenarbeit: gemeinsam schrieben sie das Drehbuch zu Saless' Gesellschaftsstudie "Ordnung" (1980), deren Ausgangsidee auf einem Erlebnis Schmidts basierte. Bei diesem Film, wie auch bei "Grabbes letzter Sommer" (1980), "Empfänger unbekannt" (1983), "Der Weidenbaum" (1984) und "Hans - Ein Junge in Deutschland" (1985) fungierte Schmidt zudem als Saless' Regieassistent.
1986 drehte Schmidt zusammen mit Dieter Reifarth, dem Programmmacher des Kommunalen Kinos, seinen ersten Kurzfilm: "Bücher", ein Dokumentarfilm über den Frankfurter Buchhändler Alfons Streibel, der inmitten Tausender Bücher auf kaum 20 Quadratmetern lebte. Für diesen Film erhielten die beiden den nur einmal verliehenen "Preis für Kommunikationskultur".
Das Duo wirkte an Marcel Ophuls' oscarprämiertem Dokumentarfilm "Hotel Terminus: The Life and Times of Klaus Barbie" (1988) mit – Schmidt als Aufnahmeleiter, Reifarth als Regieassistent – und drehte in den nächsten Jahren einige gemeinsame Kurz-Dokumentarfilme. In "Vivace" (1989) beobachteten sie einen Tagesbeginn in der Frankfurter U-Bahnstation Hauptwache mit dem allmorgendlichen Auftritt des Straßengeigers Helmut Scholz. Der Film wurde mit einem Hessischen Filmpreis ausgezeichnet.
Inzwischen waren Schmidt und Reifarth Teilhaber von Kurt Otterbachers Frankfurter Produktionsfirma strandfilm geworden, wo sie weiterhin eng zusammenarbeiteten. Der über ein Jahr hinweg entstandene "Zeil - Frankfurt" (1990) zeigte den Alltag auf der damals umsatzstärksten Einkaufsstraße Europas. "Der Koffer" (1991) zeichnete ein Porträt der Künstlerin Nicole Guiraud, die Opfer eines Sprengstoffanschlags geworden war und dieses Trauma in ihrem Werk verarbeitete. Der Film wurde bei den Oberhausener Filmtagen mit dem Großen Preis der Stadt Oberhausen ausgezeichnet und erhielt den Deutschen Kurzfilmpreis in Silber.
Auch in Alleinregie drehte Bert Schmidt mehrere Filme. In "Herzblatt" (1993) begleitete er den amerikanischen Zauberer Jeff Sheridan, wie er die historische Frankfurter Fußgängerbrücke "Eiserner Steg" verschwinden lässt, um seiner Angebeteten zu imponieren; mit "Herzstück" (1997) adaptierte er ein Bühnenstück von Heiner Müller; in dem abendfüllenden Dokumentarfilm "Der Tanz des Sisyphos" (2003) porträtierte er den weltbekannten Artisten und Jongleur Ernest Montego, dessen Lebensweg er in den größeren Zusammenhang des Varietés seit dem Zweiten Weltkrieg einbettet.
Neben solchen sehr persönlichen Arbeiten übernahm Schmidt (zusammen mit Reifarth) auch Auftragsarbeiten. So drehten sie für die Deutsche Lufthansa AG zwischen 1988 und 2006 zahlreiche kurze und mittellange Dokumentar- und Imagefilme zur Geschichte der Luftfahrt und der Lufthansa.
Außerdem wirkte Schmidt als Editor an zahlreichen Dokumentarfilmen anderer Regisseur*innen mit, darunter Peter Dörflers "Der Panzerknacker" (2006), Rainer Komers preisgekrönter "Milltown, Montana" (2009) sowie Ulrike Frankes und Michael Loekens vielfach preisgekrönter "Göttliche Lage" (2014), über die Umwandlung eines ehemaligen Dortmunder Stahlwerksgeländes in eine gehobene Wohnsiedlung.
Als Autor verfasste Schmidt das 2023 erschienene Buch "Sohrab Shahid Saless – Film im Kopf", eine ebenso persönliche wie analytische Annäherung an das Werk des 1998 verstorbenen Regisseurs. Zuletzt wirkte Schmidt als Editor an Marcin Wierzchowskis Dokumentarfilm "Das Deutsche Volk" mit, dessen Fertigstellung und Uraufführung bei der Berlinale 2025 er jedoch nicht mehr erlebte. Noch während der Schnittarbeit starb Bert Schmidt am 5. März 2024 in Frankfurt.