Houwelandt - Ein Roman entsteht

Deutschland 2005 Dokumentarfilm

Houwelandt – ein Roman entsteht

Porträt des Schriftstellers John von Düffel



Rainer Gansera, epd Film, Nr. 09, 2006

Einen Schriftsteller bei der Arbeit filmen? Wie geht das? Was wird dabei sichtbar? Der Schriftsteller: John von Düffel, Jahrgang 1966, berühmt geworden mit seinem Debütroman "Vom Wasser" (1998). Eine hagere, asketische Erscheinung. Wenn er sich nicht über sein Manuskript beugt, joggt und schwimmt er ausgiebig. Typologisch das ausdrückliche Gegenteil eines Künstler-Bohemiens. Er selbst scherzt bei einem Lesetour-Auftritt: "Die Autoren der Zukunft werden keine Bohemiens sein, sondern Jogger oder Langstreckenschwimmer!"

Über einen Zeitraum von 17 Monaten hat der Münchner Dokumentarist Jörg Adolph die Entstehung des Romans "Houwelandt" – der in den Bestsellerlisten landen wird – begleitet. Vom ersten Treffen mit Verleger und Lektor, bei dem John von Düffel das Projekt skizziert (es geht um die Auseinandersetzung mit Vaterfiguren), über schweißtreibende Lektoratssitzungen und alle Schritte des Vermarktungsprozesses wie Umschlaggestaltung, Verkaufsstrategien und Präsentationen bis zur Vorstellung des Buches in New York. Dabei zeichnet Adolph ein schönes Porträt des Schriftstellers, liebevoll-aufmerksam und nüchtern-präzise, und erzählt, wie nebenbei, zwei spannende Dramen. Einmal: das innere Ringen des Autors mit seinem Stoff, und dann: die Bewahrung seiner Intentionen gegen die Mühlen des Betriebs.

Eindrucksvoll beschreibt von Düffel die Momente des Selbstzweifels, der ausbleibenden Begeisterung. Inspiration lässt sich nicht kommandieren, bleibt rätselhaft, fragil. Der Betrieb aber will funktionieren. Da herrschen andere Denk- und Vorgehensweisen. Bei der ersten Besprechung fragt der Verleger, durchaus aufmunternd und wohlwollend: "Und welche weltanschaulichen Positionen werden an die Figuren vergeben?" Da kann der Autor nur noch sprachlos dreinblicken. Die Qualität seines Romans ergibt sich ja gerade daraus, dass er seine Figuren nicht in dieser Weise konstruiert und etikettiert, sondern als komplexe, widersprüchliche Charaktere formt. Von Düffel liebt seine Figuren in ihrer Sperrigkeit, und das muss er gegen die Zumutungen des Plakativen und Gefälligen verteidigen.

Jörg Adolph, Jahrgang 1967, hat sich immer schon für Menschen interessiert, die sich einer Sache mit äußerster Leidenschaft hingeben. Er filmte Modelleisenbahn-Freaks, junge Hochleistungs-Tischtennisspieler, Musiker, Kanalschwimmer, tauchte in deren Universen ein, voller Hingabe, Respekt und anrührender Wahrhaftigkeit. So auch hier, wo es nicht darum geht, den Roman oder die Biografie des Autors zu analysieren, auch nicht darum, den Literaturbetrieb als "das Böse" hinzustellen. Ein Prozess wird geschildert und befragt: Wie gelingt es dem Autor, seinen innersten Visionen die Treue zu halten?

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