Don Carlos und Elisabeth

Deutschland 1923/1924 Spielfilm

Carlos und Elisabeth


hfr., Lichtbild-Bühne, Nr. 23, 1.3.1924


Schon im Titel seines neuen Werkes hat Richard Oswald mit erfreulicher Deutlichkeit erklärt, was er damit beabsichtigt: keineswegs eine Verfilmung der blutrünstigen spanischen Geschichte, und beileibe nicht Friedrich Schiller! Sondern eben "Carlos und Elisabeth": die Geschichte von einem jungen Manne, der ein junges Mädchen liebt; die aber, durch ein Mißverständnis, nichts davon weiß und, wider Willen, den mächtigen und einflußreichen Vater des jungen Mannes heiratet; von der unglücklichen Liebe der beiden jungen Leute, von der aus Eifersucht geborenen Intrigue eines anderen jungen Mädchens, das hoffnungslos denselben jungen Mann liebt, der so unglücklich in seine schöne und junge Stiefmutter verliebt ist; und von den tragischen Folgen aller dieser Konflikte. – Daß der junge Mann außerdem die Titelfigur in einem berühmten Drama eines nicht minder berühmten deutschen Dichters ist, daß die junge Frau die Königin Elisabeth von Spanien und ihr ungeliebter Gatte jener in die Weltgeschichte eingegangene Philipp, Sohn des fünften Karl, ist, daß alle diese Figuren schwere spanische Hoftracht tragen, – alles dies ist völlig belanglos gegenüber der Tatsache, daß dies die packende und zu Herzen gehende Geschichte von Liebe und Leid einiger Menschen darstellt. Als höchstes Lob kann man es Oswald anrechnen, daß er souverän über seinen "Quellen" steht, daß es ihm hier völlig gelungen ist, den "historischen Film" aus seiner Starrheit zu erlösen und zu einer allgemein menschlichen Angelegenheit zu machen, daß er uns das Kostüm vergessen ließ über den Menschen mit ihren Schicksalen, die darunter stecken, und daß er es trotzdem verstand, historische Arbeit im besten Sinne zu leisten, dadurch, daß er das Wesen, den inneren Ausdruck jener düsteren Inquisitionsepoche im Bilde lebendig werden ließ.

Lebendig ist dieser Film, und er würde es zweifellos in noch höherem Maße sein, wenn man sich dazu verstehen würde, aus der übergroßen Länge der dem Vorspiel folgenden fünf Akte etwas herauszuschneiden; selbst wenn es auf Kosten der Augenweide ginge, die uns die schönen Bilder dieses Werkes bereiten. – Hierfür ein besonderes Wort des Dankes für Otto Werndorff, den Schöpfer der Bauten und Kostüme, der auch hier seine bisher beste Leistung gab und nicht zum wenigsten dazu beitrug, daß der Stil der Zeit in vollendeter (und trotzdem nie aufdringlicher) Weise getroffen wurde. – Sehr schön auch die in Italien gewählten Motive, die ebensogut photographiert sind wie die Innenaufnahmen.

In der Darstellung versagte Klöpfer leider völlig als junger Philipp; zu massiv, um diesen ehrgeizigen Jüngling glaubhaft zu machen; auch beim alten Philipp war nur die Maske gut, das Spiel aber merkwürdig sprunghaft und wenig verinnerlicht. – Die beste darstellerische Leistung gab Klein als Großinquisitor, und dann Veidt, der besonders im Vorspiel, als Karl V. (ein geistreicher Einfall, Großvater und Enkel von demselben Darsteller spielen zu lassen) von stellenweise erschütternder Wirkung war, der es aber auch als Carlos, der Prinz, verstand, nicht nur gut auszusehen, sondern auch dieser keineswegs leichten Rolle feinste Nuancen abzugewinnen. – Nur das erste dieser beiden Attribute kann man der Elisabeth von Dagny Servaes nachrühmen; darstellerisch stärker war, besonders im ersten Teil, die Eboli Egede Nissens.

Sehr gut war die von Schmidt-Gentner zusammengestellte und geleitete musikalische Illustrierung; nur war leider die Kapelle für das als Uraufführungstheater doch wohl wenig geeignete Theater in der Kantstraße reichlich zu groß. – Die Aufnahme des Werkes war, wie nicht anders zu erwarten, ungewöhnlich herzlich.

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