Inhalt
In der beliebten deutsch-tschechischen Verfilmung des Grimmschen Märchens schuftet Aschenbrödel für ihre böse Stiefmutter und deren nicht minder unerträgliche Tochter Dora, die sie gemeinsam um den väterlichen Gutshof betrogen haben. Auf einem Waldspaziergang begegnet Aschenbrödel dem jungen Prinzen, der zu seinem Missvergnügen bald heiraten soll. Der Prinz beachtet Aschenbrödel zunächst nicht, doch mit Hilfe von drei magischen Haselnüssen kann das Mädchen in wechselnden Verkleidungen sein Herz erobern. Als sie auf einem Ball ihren Schuh verliert, folgt ihr der nun heiratswillige Prinz bis auf den heimatlichen Hof. Aschenbrödel ernthüllt ihre wahre Identität und nachdem der Prinz erkennt, dass er immer dasselbe Mädchen in verschiedenen Kostümen getroffen hat, steht dem gemeinsamen Glück der beiden nichts mehr im Wege.
Kommentare
Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!
Jetzt anmelden oder registrieren und Kommentar schreiben.
Aschenbrödel fegt den Boden rein, hat bei aller Arbeit aber immer einen freundlichen Blick für ihre gefiederten Freundinnen im Taubenschlag, ein liebes Wort für den Hund oder eine Schale Milch für die Katze. Und wenn der ungeschickte Küchenjunge einmal etwas fallen lässt, bewahrt sie ihn vor der Tracht Prügel, indem sie die Scherben auf die eigene Kappe nimmt. Ihre besondere Liebe aber gilt Nikolaus, einem prächtigen Schimmel, den sie vor drei Jahren von ihrem leider viel zu früh verstorbenen Vater zum Geschenk erhalten hat. Damit beide so oft wie nur möglich gemeinsam in die Wälder und auf die Jagd reiten können.
Damit ist es nun leider vorbei. Ihre Stiefmutter bevorzugt die eigene leibliche Tochter Dora, obwohl sich Aschenbrödel nicht erinnern kann, dass ihr Vater die Stiefschwester ihr gegenüber geringschätziger behandelt hätte. Dora soll sich möglichst herausputzen, damit sie der König zum bevorstehenden Ball auf sein Schloss einlädt. Denn dort werden dem Prinzen die schönsten Töchter des Landes als Heiratskandidatinnen präsentiert – und Dora soll unbedingt dazugehören. Um Aschenbrödel gar nicht erst in Versuchung zu bringen, ein Auge auf den schmucken Prinzen zu werfen, wird sie mit Arbeit förmlich zugedeckt. Doch die Tauben übernehmen das Sortieren der Erbsen aus der Ofenasche, sodass sie unbemerkt auf Nikolaus hinaus in den winterlichen Wald reiten kann.
Im Gutshof treffen inzwischen der König und seine Gattin ein – ohne den Prinzen zur großen Enttäuschung Doras. Immerhin kann ihre Mutter mit impertinenter Nachdrücklichkeit eine Einladung zum Hofball beim genervten Regenten herausschlagen. Aschenbrödel krault noch rasch der Eule Rosalie, welche ihre wenigen, an ihre Eltern erinnernden Schätze in einer unscheinbaren Bauernkate bewacht, den Kopf, um dann wild und ungestüm auf Nikolaus durch die herrliche Winterlandschaft zu reiten. Wo sie auf eine kleine Jagdgesellschaft um den Prinzen trifft, die mit Armbrüsten bewaffnet dem Wild nachstellen. Indem sie dem übermütigen Königssohn einen Schneeball ins Gesicht wirft, rettet Aschenbrödel einem Reh das noch junge Leben. Der stellt dem geschickten „Hühnchen ohne Federn“ zwar durchaus mit Erfolg nach, verliert es aber sogleich wieder – weil sich das Teufelsmädchen ausgerechnet auf des Prinzen edlem Ross aus dem Schneestaub macht.
Als der Kutscher Vincent, von der Gutsherrin in die Stadt geschickt zur Ausrüstung der beiden zum Hofball Geladenen, Aschenbrödel am Fluss entdeckt, wie sie in bitterer Kälte Wäsche schrubben muss, verspricht er ihr ein besonderes Mitbringsel. Und hält Wort, obwohl er im Schlaf zu dem Zweig mit drei unscheinbaren Haselnüssen gekommen ist. Was wörtlich genommen werden kann: Bei der Rückfahrt aus der Stadt ist Vincent auf dem Kutschbock eingenickt. Was der nach dem geheimnisvollen Mädchen forschende Prinz bemerkt hat, der ihm nur einen Schabernack spielen wollte, als er ein Vogelnest just in dem Moment vom Zweig schoss, als Vincent vorbeizuckelte. In dem Nest fand der Kutscher die Haselnüsse.
Als Aschenbrödel rein zufällig die erste Nuss auf den Boden der Kate fällt, entwickelt sich aus ihrer Schale ein flottes Jagdgewand samt keckem Federhut. Mit diesem bekleidet fährt sie am anderen Tag dem Prinzen auf der königlichen Treibjagd in die Parade: ihr gelingt der mit einem wertvollen Ring belohnte Abschuss eines Raubvogels aus großer Höhe. Und dann kommt der Tag des Hofballs. Die Stiefmutter hat sich eine neue Schikane ausgedacht, um Aschenbrödel, die sich längst selbst in den Prinzen verliebt hat, vom Schloss fernzuhalten: Sie soll einen Berg von Mais und Linsen voneinander trennen. Woraus sich die Tauben einen Spaß machen, während Aschenbrödel mit dem Zauber der zweiten Haselnuss im schönsten Ballkleid den ganzen Hof verzückt – den Prinzen ausdrücklich eingeschlossen. Der sich vom Bruder Leichtfuß, mit dem der Lehrer alle Mühe hat, innerhalb kürzester Zeit in einen ernsthaften und zielstrebigen jungen Mann verwandelt hat zum nicht geringen Erstaunen seiner Eltern. Gerade weil der Prinz bei dieser geheimnisvollen, ja beim Hofball sogar verschleierten Schönen keine offenen Türen einrennt, sondern im Gegenteil erst noch selbst eine Rätselaufgabe lösen muss, bevor er das Objekt seiner Begierde in die Arme schließen kann…
Die seit Jahrzehnten regelmäßig zur Weihnachtszeit sämtliche öffentlich-rechtliche Fernsehkanäle verstopfende, jung und alt zu Herzen gehende Geschichte mit der engelsgleichen Libuše Šafránková in der Titelrolle ist mit enormem Aufwand gedreht worden: Eine Million Mark der DDR stand der in Sachsen (die Moritzburg bei Dresden als Königsschloss) und in der Tschechoslowakei (in Švihov im Böhmerwald steht der Gutshof) gedrehten Koproduktion allein seitens des größeren Partners zur Verfügung. Der Welt-Erfolg überwand auch Mauer und Stacheldraht: Auf den westdeutschen Kinostart folgte bereits am 26. Dezember 1975 in der ARD die TV-Premiere mit einem von Karel Gott gesungenen, nicht im Defa-Original vorhandenen Schlusslied „Kleiner Vogel, wo ist dein Nest“ – und damit noch vor dem Fernsehen der DDR, das am 16. Juli 1977 mit der Erstausstrahlung nachzog.
Božena Němcová hat in ihrem Märchen „O Popelce“ aus der stillen Grimmschen Dulderin Aschenputtel eine zwar geschundene, aber durchaus selbstbewusste junge Frau gemacht, die sich traut, dem Prinzen selbst erst eine harte Nuss zu knacken zu geben, bevor sie seinem Werben nachgibt. Das Drehbuch stammt von František Pavlíček, dessen Werke nach seiner Beteiligung am „Prager Frühling“ 1970 verboten waren, weshalb er es unter dem Pseudonym Bohumila Zelenkova verfasste.
Pitt Herrmann