Zur Chronik von Grieshuus

Deutschland 1923-1925 Spielfilm

Zur Chronik von Grieshuus


Dr. K. M., Lichtbild-Bühne, Nr. 7, 14.2.1925


Um es gleich vorweg zu sagen: eine ungemein saubere Arbeit, filmisch, dramatisch, unter der Mitwirkung bester Darsteller zu einem traumhaft schönen Bild geformt.

Thea von Harbou hat es als Manuskriptverfasserin nicht leicht gehabt, in den Spuren Theodor Storms zu wandeln und dennoch dabei ein wirkungsvolles Filmdrama zu schaffen. Denn die Wesensart der Stormschen Schöpfungen kommt in nichts dem Filmisch-Brauchbaren entgegen, es fehlen Storm die dramatischen Höhepunkte, das Spannende des Werdens, das gerade zu den wichtigsten Lebenselementen des Spielfilms gehört. Thea von Harbou hat aber mit starker Hand zugegriffen und das Sein sich entwickeln lassen, sie hat geformt, um eine eigene Dichtung, in der wohl der Hauch der Stormschen Dichtung zu verspüren ist und der Atem jener Zeit lebt, die Storm in seiner Chronik festzuhalten bestrebt war. Sie hat eine gesunde Verbindung zwischen zarter Lyrik und wuchtiger Dramatik hergestellt und mit heiligem Respekt vor der Stormschen Größe nichts von der Stimmung zerstört, die in Storms Novelle lebt und webt. Und in der Schilderung der Charaktere hat sie sich möglichst dem Stormschen Vorbild anzuschließen versucht, so weit die Gesetze der Filmdramaturgie nicht ein klares Abweichen von dem Urbild erforderten. (…)

Arthur von Gerlach hat als Regisseur das ganze Werk auf diejenige Stimmung aufgebaut, die aus der Stormschen Novelle zu uns spricht. Man fühlt den Duft, der über der Heidelandschaft liegt, man nimmt mit allen Sinnen den Zauber wahr, der dieses schwermütige Milieu erhellt. Arthur von Gerlach hat das richtige Gefühl für die Schönheit der Landschaft, für das Wirkungsvolle und Einprägsame. Er fand die beste Unterstützung in den beiden Architekten Robert Herlth und Walter Röhrig, die in ihren Bauten die Grundlage schufen, auf der sich die ganze Romantik jener Zeit zeigen und ausleben durfte. Einfach und schlicht ragt das düstere Gemäuer des einsamen Turms in die Landschaft, geisterhaft gespenstisch die Wandelgänge und Innenräume der Burg in der mehr Unglück als Freude haust. Auch die Kirche fällt nicht aus der Einheit dieses Stils, der in jeder Weise den Geschehnissen angepaßt ist. In gewolltem Gegensatz sind hierzu die Kostüme der Gruppe um Detlef gestellt, prächtige Erinnerungen an Gemälde Rubens, an seine Helene Fourment und einige Fürstengestalten. Gertrud Welcker weiß ihr Kleid mit Würde zu tragen. Sie ist hochmütig, abweisend, verletzend mit jedem Blick. Rudolf Forster, ihr Partner, steht ihr an Hochmut nicht nach. Sprühendes Leben dagegen gibt Paul Hartmann als Junker Hinrich. Freudig, kraftstrotzend, weich in der Liebe und hart im Kampf, jauchzend im Glück und resigniert im Leid. Noch stärker als er wirkt aber Lil Dagover. Ihre schlichte Schönheit, die Anmut ihrer Erscheinung und ihr ungekünsteltes Spiel sind Waffen mit denen sie immer siegreich die Szene beherrscht. (…)

Der Ufapalast hat mit aller Sorgfalt diesen Film herausgebracht, indem er durch entsprechende Ausschmückung der Außenfront und des Vestibüls sowie durch die stimmungsvolle Begleitmusik die beim Publikum nötige Stimmung schon durch diese äußeren Zutaten zu erwecken und wachzuhalten versuchte. Die Premierenbesucher nahmen den Film mit all der Wärme und dem lebhaften Beifall auf, die dieses Werk kraft seiner inneren Schönheit tatsächlich verdient. Darsteller und Regisseur wurden nach den Aktschlüssen immer wieder vor den Vorhang gerufen.

Es war ein voller Erfolg.

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