Otto - Der Katastrofenfilm

Deutschland 1999/2000 Spielfilm

Otto - Der Katastrofenfilm

Edzard Onneken schreibt bewährte "Otto"-Formeln fort


Rainer Gansera, epd Film, Nr, 4, 02.04.2000

Otto: der Gestalt gewordene Ostfriesen-Witz, der "infantile, aufsässige Hofnarr der antiautoritären siebziger Jahre". Mit furiosen Blödeleien und pointiertem Nonsens wurde er zur Kultfigur. ln seinen Bühnen- und Fernsehshows parodierte er mit Vorliebe Spießer und Amtspersonen und erwies seinen Vorbildern (Marx-Brothers) Referenz. Auf dem Höhepunkt seines Ruhms, 1985, drehte er den ersten Kinofilm: "Otto – Der Film" wurde mit zehn Millionen Besuchern zur erfolgreichsten deutschen Kino-Komödie aller Zeiten. Das nachgelegte Werk: "Otto – Der neue Film" (1986), hatte immerhin noch sieben Millionen Zuschauer, wurde aber von der Kritik in der Luft zerrissen: "Dürftiger Klamauk mit alten Kalauern und abgestandenen Witzen." Die beiden nächsten Filme: "Otto – Der Ausserfriesische" (1989) und "Otto – Der Liebesfilm" (1992), verzeichneten je ca. vier Millionen Besucher, das Echo der Kritik blieb niederschmetternd.

In den neunziger Jahren verarbeitete Otto in 13 Folgen der erfolgreichen Fernsehshow "Otto – die Serie" alte Edgar-Wallace-Filme zu Comedy-Nummern. Vor zwei Jahren ging er mit seiner Band "Die Friesenjungs" auf Tournee und gab 30 ausverkaufte Konzerte. Otto hat eine treue Fan-Gemeinde, die "Otto – Der Katastrofenfilm" mögen wird, auch wenn Ottos Performance deutliche Alterserscheinungen aufweist. In der Schlusstotalen des Films, wenn Otto mit der schönen Sonja (erfrischend, sexy: Eva Hassmann) zum Happy End durch den New Yorker Central Park spaziert, sagt er zu ihr: "Ich möchte mit dir zusammen alt werden." Drauf sie: "Aber Otto – du bist schon alt." Mit entwaffnender Selbstironie ist da ausgesprochen, was sich nicht verleugnen lässt: Ottos Timing ist nicht mehr so atemberaubend reaktionsschnell wie in früheren Zeiten, sein typisches Parodieren, Grimassieren und Durchs-Bild-Hoppeln verbleibt in skizzenhaften Andeutungen, wo früher die Situationskomik prägnant ausgestanzt wurde. Die Knalleffekte der Otto -Gags sind auch deshalb nicht mehr ganz die alten, weil die aufs Korn genommene Welt der Macht-Repräsentationen in den letzten 20 Jahren einer nachhaltigen Comedysierung anheim gefallen ist. Werbespots und Videoclips, die großenteils selbst aus Comedy-Gags bestehen, lassen sich schwer parodieren.

Auch scheint sich der Film bisweilen nicht so recht auf Otto konzentrieren zu wollen. Zu Beginn jedenfalls wird ein parodistisches Action-Thriller-Szenario entworfen, in dem der Held gar nicht auftaucht. Wenn er dann auf der Bildfläche erscheint, wird er freilich sofort – wie es sich für einen Otto Film gehört – zum Zentrum der Gag-Turbulenzen, verkündet seine Botschaft: "Das Leben besteht nicht nur aus Spiel, sondern auch aus Spaß!", und erzählt eine neue Variante seiner ottifantastischen Lebensgeschichte. Geboren wird Baby-Otto unter weihnachtlichem Sternenlicht in einem ostfriesischen Stall, der sich in einen Emergency- Room verwandelt. Seine Kindheit verbringt er im Zentrum des Otto -Universums: dem ausgedienten Leuchtturm im Wattenmeer. In die große, weite Welt bricht der Sohn Ostfrieslands auf, um den Traum seines Großvaters zu verwirklichen: als Kapitän ein Schiff von Hamburg nach New York zu steuern. Wind, Wetter und das Böse (in Gestalt eines Terroristen und eines japanischen Konzerns) stellen sich ihm in den Weg. Aber er gelangt mit dem Kreuzschiff "Queen Henry" glücklich ans Ziel und rammt die Freiheitsstatue.

Die Story kann in einem Otto-Film nur Vorwand sein für Otto -Nummern: das Grimassieren von Baby-Otto, die Neuerfindung der Flaggensprache durch Otto, den Leichtmatrosen, seine Verwandlung in eine aparte Lady als fünftes Mitglied der "Old Speis Görls". Agenten-Filme und Billy Wilders "Manche mögen"s heiss" liefern Gag-Stoff, ein Pinguin wird sein Maskottchen, die reizende Julia sein Schutzengel und eine Schafherde sein Background-Chor.

lm Bereich der Fortschreibung bewährter Otto-Formeln bzw. des vorsätzlichen Selbst-Zitats bewegt sich das, was sich die Drehbuchautoren Bernd Eilert, Michael Bergmann, Otto Waalkes und Regisseur Edzard Onneken haben einfallen lassen. Otto ist und bleibt ein liebenswerter Grotesk-Komödiant, der – wie Jerry Lewis – "The Kid" und "The Id" in sich vereinigt: das hyperaktive, anarchische Kind und den Trottel, dem alles schiefgeht, der aber letztlich doch in geheimer Korrespondenz mit den Schicksalsmächten steht. So wendet er alle "Katastrofen" ab und macht sich mit Sonja, dem Pinguin und seiner Gitarre auf den Weg ins nächste Abenteuer.

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