Nosferatu

Deutschland 1921 Spielfilm

Nosferatu


R. W., Berliner Börsen-Courier, Nr. 110, 6.3.1922


Es war mehr, als nötig, und es wurde weniger, als die Veranstalterin, die Prana-Film-G. m. b. H., gutmeinend beabsichtigt hatte. Da sie ihr Filmspiel "Nosferatu" im weitgezogenen Rahmen eines Festes (mit Balltoiletten, Fracks und Smokings, auch mit einigen Biedermeierkostümen) uraufführen lassen wollte, hatte sie geglaubt, auf ein Vor- und Zwischenspiel nicht verzichten zu dürfen.

Kurt Alexander hatte diese umfangreiche Dichtung besorgt, die sich in der äußeren Form an das Goethesche Vorspiel auf dem Theater anlehnt. Auf einer glücklich dem Marmorsaal des Zoo eingebauten Bühne las einer, der als "der Direktor" bezeichnet war, unverständlich und ungeschickt Vers um Vers ab, während "der Schauspieler" und "die Sängerin" wenigstens bemüht gewesen waren, ihre Rollen dem Gedächtnis einzuprägen. Es war umständlich, ermüdend, überflüssig, erregte Unwillen: Marschners "Vampyr"-Ouvertüre, die ein trefflich funktionierendes Orchester hinter Vorhängen zu Gehör brachte, wäre bessere, stimmungsechtere Vorbereitung gewesen. Und es war klug, daß man sich schnell entschloß, das Zwischenspiel und einen Prolog zur "Serenade" preiszugeben. (...)

Die Wucht und Kraft des Films liegt nicht so sehr in seiner dramatischen Handlung, wie in dem Spukhaften, die Nerven Aufpeitschenden. Denn die Handlung ist von mehr epischem Ablauf – ohne den inneren Zwang eines Opfers, durch das die junge Frau Hutter die Welt von Nosferatu befreit. Nosferatu ist ein Werwolf, der aus Transbaikalien als Pestträger nach Wisborg kommt. Das große Sterben hebt an, Sarg um Sarg wird in langer Prozession durch die verödenden Straßen hinausgetragen. Und nur, wenn ein reines Weib sich freiwillig dem Vampyr ausliefert und ihn festhält bis zum ersten Hahnenschrei, kann der Fluch gelöst werden. Hier liegt der Fehler des Films, der Psychologisches nur lose streift, aber nicht umgreift und Seelenmotivisches allzu lässig nimmt. Wäre Galeen nicht bei flüchtigen Andeutungen stehengeblieben – dies hätte ein in jedem Betracht ungewöhnlicher Film werden können.

Den Nosferatu gab Max Schreck aus München. Er suchte die Dämonie durch starre Unbewegtheit zum Ausdruck zu bringen, die oft wirkte, ohne immer am Platz zu sein. Gustav v. Wangenheim hatte beherzten Jugendmut, stürmende, drängende Frische, lachendes Leben für den Hutter, dessen Weib Frl. Greta Schroeder mit tiefer Verinnerlichung spielte. (...)

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