Die Alleinseglerin

DDR 1986/1987 Spielfilm

Figuren mit Fragezeichen


Ralf Schenk, Lausitzer Rundschau, Cottbus, 3.7.1987


1982 erschien der Kurzroman "Die Alleinseglerin" von Christine Wolter. Das bewog Sie, diese llterarische Vorlage zur Verfilmung vorzuschlagen?

Christel Gräf: Vor allem hat mir die Haltung, die das Buch vermittelt, sehr gut gefallen, die Herausforderung, Sachen, auf die man sich eingelassen hat, nicht gleich bei den ersten Schwierigkeiten aufzugeben, sondern sie durchzustehen.

Was reizte den Regisseur an der Geschichte?

Herrmann Zschoche: Daß Figuren mit einem Frage- anstatt drei Ausrufezeichen versehen sind. Mehr als die Starken mag ich im Film die Schwachen, die zur Solidarität auffordern, die Hilfe brauchen. Unserer Christine fehlt das nüchtern-kühle Kalkulieren, es fehlt ihr auf allen Gebieten, aber im Beruf würde sie es besonders dringend brauchen.

Inwiefern nutzen Sie das Segelboot als Symbol?

Herrmann Zschoche: Unsere Heldin lebt nach der Scheidung allein mit dem Kind, mit kleinem Gehalt. Sie startet im Beruf. Im ungünstigsten Moment kommt das Boot dazu: unerwartet, unerwünscht, ungeplant. Da sie nicht imstande ist, Prioritäten zu setzen, also zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden, verwickelt sie sich immer mehr. Sie stopft hier ein Loch und reißt dort ein anderes auf. Sie kümmert sich nicht genug um ihren Sohn, lebt mit ständig schlechtem Gewissen, vernachlässigt die Arbeit, setzt die Liebe aufs Spiel.

Christel Gräf: Die oft absurd wirkende Plage mit dem Boot wird zum Gleichnis für die Auseinandersetzung mit dem Alltag. Obwohl Christine dabei eine Menge verliert, zieht sie doch auch einen Gewinn daraus, Lebens- und Lustgewinn trotz aller Qualen. Wir wollten dies erfühlbar machen. Was einem leicht in den Schoß fällt, ist vielleicht nicht immer so kostbar. Was schwer errungen ist, macht möglicherweise glücklicher, hat Momente zur Folge, die Mut und Hoffnung fürs Leben geben.

Wie würden Sie das Verhältnis zwischen Männern und Frauen In Ihrem Film definieren?

Christel Gräf: Es ging uns um eine vielleicht höhere Form der Emanzipation der Geschlechter, um deren souveränen, gleichberechtigten Umgang miteinander, der so schwer zu leben ist und dessen erstrebenswerten Zustand Marx hat so wunderbar formuliert: "Setze den Menschen als Menschen und sein Verhältnis zur Welt als ein menschliches voraus, so kannst du Liebe nur gegen Liebe austauschen, Vertrauen nur gegen Vertrauen…"

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