Mit Eichenlaub und Feigenblatt

BR Deutschland 1967/1968 Spielfilm

Mit Eichenlaub und Feigenblatt


Sch, film-dienst, Nr. 05, 30.01.1968

Franz-Josef Spiekers zweiter Spielfilm, nach "Wilder Reiter GmbH" (FD 14 515), erweist deutlicher noch als der Erstling die Vorliebe des jungen Regisseurs für Pop-Arrangements. Der ganze Film ist so durchsetzt davon, daß über weite Strecken Pop zum Stil und zum Mittel der Ironisierung wird, die Spieker betreiben will. Seine Geschichte ist trefflich erdacht: die seltsamen Begegnungen eines Jungen aus bürgerlich-traditionsbewußtem Elternhaus, der darauf brennt, Fallschirmjäger zu werden. Sein Sinn steht nur nach Offiziersehre und Heldentum; doch beides wird ihm so rasch nicht zuteil, weil seine Lunge angeknackst ist. Im Sanatorium lernt Jürgen dann die Leute kennen, die altes und neues Heldentum repräsentieren: den bettlägerigen General, der Kriegführung nach sexuellen Merkmalen der Truppe propagiert, den Herrn Major, Abziehbild eines haltungsbewußten Bundeswehr-Militärs, der nie einen Unterschied zur glorreichen Wehrmacht vollzogen hat, und den geheimnisvollen Dr. B., der in der Bakteriologie den entscheidenden Schritt in die Zukunft sieht. Während Jürgen das eindeutige Interesse der Majorsgattin über seinem Heldendrall kaum wahrnimmt, lebt im Bett nebenan ein arglosgemütlicher Hippie seine Form des Protestes gegen die Gesellschaft. Als die hübsche Laborantin ein Kind von ihm erwartet, schreitet er bunt kostümiert mit ihr zum Altar.

Auf dem Weg durch das Bett der "Majorin" hat inzwischen auch der Held einiges von seinem einseitigen Drang kompensiert. Mitten in das wilde Hochzeits-Hippie-Fest stürzt er sich von einem Turm. Sein erster Sprung, wenn auch ohne Fallschirm und von einem Tuch rechtzeitig abgefangen, ist ein Sprung in die Freiheit, darf man hoffen. So hübsch wie die Idee zu dieser Satire auf alten und jungen Militarismus, sind auch viele Details in der Ausführung. Vor allem immer dann, wenn unbekümmerte Pop-Elemente die scheinbare Logik des chronologischen Ablaufs durchbrechen – wenn der Laborantin plötzlich Vampir-Zähne wachsen oder wenn aus einem nächtlichen Feuer eine Jeanne-d"Arc-Szenerie wird – hat der Film seine stärksten, komischsten, individuellsten Szenen. Doch auf Spielfilmlänge reichen weder die Gags noch das inszenatorische Geschick. Es gibt viele unerfüllte, langatmige Stellen, und auch die Hippie-Hochzeit zum Schluß hält nicht, was voraufgegangene Kostproben erwarten ließen. Da geht mit Spieker einfach die naive Lust am modisch Bunten, an der optischen Spielerei durch. Die Phantasie der filmischen Erfindung bleibt leider hinter der Phantasie des Autors zurück. Das ist um so bedauerlicher, als man die ironische Abrechnung des Films mit unrealistischen Helden-Vorstellungen und falschem Nationalstolz nur begrüßen kann.

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