Mensch, mein Papa...!

DDR 1987/1988 Spielfilm

Hoffnung ist eine Haltung


Henryk Goldberg, Filmspiegel, Berlin/DDR, Nr. 21, 1988


(…) Sicherlich nicht im erwünschten, geforderten Maße, doch ganz so banal wie es der Stoßseufzer "Mensch, mein Papa" vermuten läßt, befassen sich unsere Filmleute wohl doch nicht mit unseren Menschen und unseren Problemen. Diesen Aspekt der unglücklichen Auswahl als Eröffnungsbeitrag einer Reihe von Filmen, die ziemlich, klar und hart zur Sache gehen, die Sozialismus heißt, einmal beiseite, bleibt Ulrich Theins Film noch immer recht bieder. Dabei, die erklärte Absicht des Autors und Regisseurs, das Volksstück mit all seiner Sentimentalität ins Kino zu holen, ist mir keineswegs unsympathisch, und auch der Hauch Courths-Mahler nicht. Nur, gegen die alte Dame läßt sich sagen, was ein jeder will (manchmal allerdings denk ich: Wir haben uns einfach dran gewöhnt, unser realistisches Mütchen an ihr zu kühlen), eines aber muß der Grimm ihr lassen: Was sie wollte, das konnte sie auch, und mehr als sie konnte, wollte sie nicht. Und manchmal denk ich noch: Warum die alten Kunst-Handwerker ihr Gewerbe wohl so gut konnten? Ulrich Thein jedenfalls scheitert mit diesem Film bereits vor der ersten Klappe, am Buch also, der Story. Denn die erzählt mehrere Geschichten, zerfasert und zerreißt, in einer Weise, daß auch gute Schauspieler sie schwerlich zusammenhalten können. Der eigentliche, wunderschöne Einfall wird sträflich vertan: Der alte Zarling ist Vorsitzender einer Hundesportgemeinschaft und will"s auch bleiben. So organisiert er seinen Sportfreunden das langersehnte Sportlerheim; das finanzielle Management dieser dem hundesportlichen Gemeinwohl dienenden Aktion indessen gehört in die Abteilung der genialisch-sympathischen Kriminalität: Der alte Fuchs verkauft volkseigene Bäume an das interessierte Volk. Diese tragfähige Idee indessen bleibt in Wort und Bild recht hölzern. Sein stoßseufzendes Töchterchen, das ist eine andere Geschichte, hat einen unglückseligen Hang zur Bühne, und dank des Gevatters Zufall kann das Zimmermädchen schließlich einem bekannten Sänger, der just so ausschaut wie Jürgen Walter, assistieren. Die alte Geschichte vom armen Mädchen, das einmal für eine Nacht Prinzessin auf des Königs Ball ist.


Vielleicht hätte der Stoff, so wie er ist, eine Fernsehserie abgegeben, deren einzelne Folgen lose miteinander verbunden sind, einen Film für ein Massenpublikum, das zu Hunderttausenden ins Kino strömt, ermöglicht er mit Sicherheit nicht. Dabei ist im Detail gelegentlich mit Witz inszeniert, aber in der Geschichte des Mannes, der die Bäume verkaufte, sieht man vor lauter Späßchen den großen Spaß nicht mehr. Was den Film im Detail szenenweise ansehenswert macht, ist Franziska Troegner als Erwin Geschonnecks geplagtes Töchterchen. Die Troegner ist wirklich eine wundervolle Schauspielerin, mit ihr ließe sich unter glücklicheren Umständen wohl ein großes Ding bewerkstelligen. Alles, was sich in diesem Film merkenswert ereignet, heißt Franziska Troegner. Wenn sie anfängt, selbstvergessen zu tanzen, zu steppen, glücklich, sich einen Traum für Minuten ins Leben zu holen, wenn sie leuchtet von innen her, wenn sie die Welt umarmein möchte, wenn sie denkt, jetzt sei sie die schönste Frau der Welt: Dann ist sie"s wirklich. "Mensch, mein Papa", das klingt ein wenig wie das bekannte Lied einer bekannten Operette. Ein Feuerwerk aber ist dieser Film leider nicht, Licht und Knall sind bei Franziska Troegner, ansonsten puffts leise vor sich hin. (…)

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