Mensch, mein Papa...!
Menschen,Typen, Schauspieler: Nicht bloß lustig…
Sicher: Geschichtenerfinder und Drehbuchautor Ulrich Thein bekommt nach flotter und zielstrebiger, die Tonlage zwischen Rührung und Komik, Melodram und Volksstück angebender Exposition die verschiedenen Motivlinien und Handlungsstränge nicht so in die Hand, daß sie sich in Verknüpfung und Abwechslung gegenseitig immer weiter- und höhertreiben. Dramaturg Andreas Scheinert hat da offenbar auch nicht – mit sanftem Rat oder scharfem Strich – ausreichend helfen können. Und Regisseur Thein konnte sich selbst auch nicht so recht überholen, wo es manchmal notwendig gewesen wäre. Sein Film ist länger, als es Geschichte und Figuren, Spaß und Hintersinn tragen. Er erzählt mal ausholend und ausmalend, mal abrupt. Also gibt es zunehmend für den Zuschauer teils Verwirrung, teils rhythmische Störung durch das Neben- und Nacheinander auf drei Ebenen. (…)
Aber: In den Wirrungen und Verwirrungen entdecke ich auch sehr schnell die Qualitäten. In den ausgespielten Milieu-Szenerien und Typen-Szenen, in den kräftig – gestisch wie mimisch – agierenden Schauspielern und ihren deutlich gekennzeichneten (gelegentlich überchargierten) Figuren leben Genre-Traditionen auf, der plebejische Humor des Volksstücks und die melodramatischen Varianten der "großen Gefühle und Gedanken" der hohen Literatur, was immer diese sei. Hier ist auch das bewußte und gezielte Setzen auf den Schauspieler, also auf die trächtige Rolle für ihn und die treffende Besetzung für die Rolle. Selbstverständlichkeiten? Mitnichten, wie wir oft genug erfahren. Hier jedoch: Geburtstag in der Kneipe und Rosenlied von Vater und Tochter, Boxer-Dressur mit Eitelkeiten und sozialen Blitzlichtern, Biertrinken als Lebenselixier, Hinterhofkrach, die Erziehung eines Interhotel-Eleven – und: Erwin Geschonneck als Zausel, als liebender und schimpfender, autoritärer und hilfloser Vater, Hundeliebhaber, eifrig und eitel, aufopferungsvoller und egoistischer Hundesparten-Funktionär: Da ist ein Leben am Abend, da ist unser aller Alltag und das Besondere eines Fast-Originals. Und Franziska Troegner – eine Darstellerin und eine Rolle, die sich gegenseitig brauchten und mochten. Lebensenergien von Schauspielerin und Figur erreichen höchste Charakterisierung und befreiende Selbstbestätigung. Kommandieren und Stepp-Tanzen, Clownsmaske und Tochtergesicht, Angst, Begeisterung, kindliche Freude und graue Enttäuschung. Und, bei beiden: Unzerstörbarkeit. Wie oft haben wir das in einem Film?