Traders' Dreams - Eine Reise in die ebay-Welt

Deutschland 2006 Dokumentarfilm

Traders’ Dreams

Marcus Vetter und Stefan Tolz nähern sich dem eBay-Phänomen - Von Silvia Hallensleben, epd Film, Nr. 7, 2007

Ein Steinhäuschen unter den niedrigen Wolkenbänken der Isle of Skye. Vor den groben Natursteinwänden des Wohnzimmers flackert heimelig ein Kamin. Der Mann mit Kippe und Schnauzbart am Tisch sieht nicht nur aus wie ein Schafzüchter, er ist auch einer. Doch in den Brillengläsern unter der schräggestellten Schiebermütze spiegelt sich das blaue Rechteck eines Computerbildschirms. Denn außer der Schafzucht betreibt Spike auch einen regen Handel mit Münzen und anderen Antiquitäten über das Internet. Er ist ein sogenannter eBay-Powerseller, und nicht der einzige in der schottischen Einsamkeit, der sich auf diese Art mit der Welt verbindet. Das Postaufkommen in der Region sei seit eBay-Zeiten spürbar gestiegen, sagt jedenfalls die Postbotin, die ein wachsames Auge auf eingehende Videos und andere Waren hat.

Mit der vielbeschworenen Anonymität des Netzes ist es hier nicht weit her. Und auch die anderen Ebay-Fans, die "Traders’ Dreams – Eine Reise in die eBay-Welt" uns vorstellt, sind eher von traditionell ländlicher Couleur. Da ist Familie Thurn aus dem sächsischen Borna, die Präsentkörbe und einmal sogar einen echten Fischmarktwagen in den virtuellen Marktplatz einstellt. Etwas anders liegen die Dinge bei den Kunsthandwerkern aus dem mexikanischen Wüstenkaff Mata Ortiz, die ihre in Heimarbeit produzierten Vasen an einen kalifornischen Zwischenhändler abliefern. Erst als irgendwann auch ihr Dorf ans Telefonnetz angeschlossen wird, sehen sie mit entsetztem Staunen, wie ihre Produkte im Internet zum zehnfachen Preis gehandelt werden. Was liegt da näher, als in Zukunft den Verkauf per eBay in die eigene Hand zu nehmen? Doch das heißt auch, sich zusätzlich zu Keramikformen und Pinselfertigkeit notgedrungen mit Webseitendesign und Vermarktungsfragen zu beschäftigen.

In einer Welt zunehmender ökonomischer Ungerechtigkeit verkauft sich eBay gerne als Geheimwaffe der Ausgegrenzten, denen wegen ihrer Kapitalarmut der Weg zum Markt versperrt bleibt. Wer nicht mitmacht, ist selber schuld. Doch wie viele schaffen den dauerhaften Absprung ins freie Händlertum wirklich? Was geschieht mit dem Rest? Und wie verändert die "Ebayisierung" bei allen den Umgang mit der eigenen Arbeit und der Welt? In derzeit dokumentarfilmüblicher Manier hüpft "Traders’ Dreams" um die Welt, um an fünf verschiedenen Flecken des geschrumpften Erdballs von den Verheißungen und Fallen des Online-Selling zu berichten, wobei firmeneigene Lehrvideos und eine grellbunte kalifornische Propagandavorstellung die schrille Hintergrundfolie abgeben: Marktideologie für Dummies. Und ein chinesischer Unternehmer hat mit der eigenen kostenlosen Verkaufsplattform Alibaba mal wieder den Igel erfunden, der den Ebay-Hasen zumindest auf dem heimischen Markt weit abgeschlagen hat.

Leider fehlt den Filmemachern Marcus Vetter und Stefan Tolz trotz vieler sehenswerter Momente die Konsequenz, ihr Thema inhaltlich und ästhetisch wirklich auf den Punkt zu bringen. So bleibt das erfolgreiche Geschäftsmodell von eBay selbst – abgesehen von den Einstellgebühren – komplett ausgespart. Und die Fallgeschichten aus Mexiko, Schottland und Sachsen hören da auf, wo es eigentlich interessant werden würde. Der wesentliche Rest wird dann schriftlich vor den Abspanntiteln serviert. Und die allzu leichtfertig eingesetzte Pausenfüller-Musik von Paul Shigihara setzt viele Szenen in akustisches Weichzeichnerlicht.

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