Retrospektive Maria Schell im Zeughauskino Berlin

Von 16. Januar bis 24. Februar 2019 zeigt das Zeughauskino Berlin unter dem Titel "Antlitz ohne Grenzen" eine umfangreiche Retrospektive zum Schaffen Maria Schells.

 

Ein "Antlitz ohne Grenzen" zeige uns Maria Schell in Robert Siodmaks "Die Ratten". So bewarb das Presseheft der CCC 1955 den Film und seine Hauptdarstellerin und meinte damit in erster Linie die Bandbreite an Gefühlen, die die Schweizer Schauspielerin in raschem Wechsel verkörpern konnte. Aber in der Formulierung liegt mehr. Die Popularität von Schells Gesicht war nicht auf die nationalen Grenzen Deutschlands beschränkt, Maria Schell hatte bis Mitte der 1950er Jahre bereits in Österreich, der Schweiz, Frankreich und Großbritannien gedreht. Ein Jahr später gelang ihr mit "Gervaise" der internationale Durchbruch und kurz darauf der Sprung nach Hollywood. Maria Schell war in der Nachkriegszeit der erste grenzüberschreitende Star deutscher Sprache, ihre exzessiven Darstellungen riefen international erstaunte Reaktionen hervor. Das Magazin Time nannte sie 1958 "eine Diva im großen, beinahe vergessenen Stil", in Deutschland sprach die Kritik gerne vom "Seelchen" oder "Monster".

Die 1926 geborene österreichisch-schweizerische Schauspielerin stieg in den 1950er Jahren schnell zum Star auf. Die deutsche Schauspielkonvention durchbrach sie mit einem intensiven und ausdrucksstarken Spiel, verbunden mit ihrem Markenzeichen: der jähe Wechsel von tiefster Verzweiflung zum überbordenden Lebenswillen, vom Lachen zum Weinen. Von Beginn an drehte sie auch in Großbritannien. In Frankreich wurde man nach "Die letzte Brücke" auf sie aufmerksam. In Hollywood spielte sie in Filmen, die das Äußerste an Künstlichkeit wagen, und traf auf junge Kolleginnen und Kollegen, die mit ihr die ungeheuerliche Verausgabung beim Spielen teilen.

Schells steile internationale Karriere knickte mit dem Ende des klassischen Starsystems ein, doch blieb ihr Wirken weiterhin symptomatisch für die filmkulturellen Trends der Zeit – über Landesgrenzen hinweg. Sie spielte im jungen bundesdeutschen Fernsehen, in Formaten wie "Derrick" und TV-Theateradaptionen, drehte in Frankreich Komödien und in Spanien für Jess Franco. Heute scheinen ihr Schaffen und die damals radikale (und noch immer aufregende) Stärke ihres Stils vergessen zu sein. Lässt man sich erst auf die Hemmungslosigkeit Maria Schells ein, ist eine Kinotradition wiederzuentdecken, die zuweilen befremden mag, weil sie viel wagt, die erstaunt, weil sie den Mut zu einem Einsatz ohne Grenzen hat.

Die Retrospektive im Zeughauskino startet am 16. Januar mit Alexandre Astrucs "Une vie" ("Ein Frauenleben", FR/IT 1958). Es folgen Werke wie "Die letzte Brücke", "Der Besuch der alten Dame", "Die Ratten" und "The Brothers Karamasov" ("Die Brüder Karamasov"). Mit "Dr. Holl" endet am 24. Februar die Reihe.

Quelle und weitere Informationen: www.dhm.de